Schnellcheck Liquiditätsengpass – die wichtigsten Fragen auf einen Blick
Sie sind selbstständig und möchten einen Liquiditätsengpass verhindern oder beseitigen? Dafür sind vor allem folgende Fragen zu klären:
- Was tun bei einem Liquiditätsengpass?
Ergreifen Sie alle Maßnahmen, mit denen Sie liquide Mittel beschaffen können, z. B. konsequentes Mahnwesen, Kreditaufnahme oder im Notfall Verkauf von Firmeneigentum. - Wie entsteht ein Liquiditätsengpass?
Dafür gibt es mehrere mögliche Ursachen, z. B. Zahlungsverzug der Kunden oder außerplanmäßige Ausgaben. - Ab wann gelte ich nicht mehr als liquide?
Das ist der Fall, wenn Sie Ihren Zahlungsverpflichtungen nicht fristgerecht nachkommen können. Wenn sich dieses Problem nicht schnell und nachhaltig beheben lässt, müssen Sie als letzte Konsequenz Insolvenz anmelden.
Erfahren Sie im nächsten Abschnitt mehr darüber, was man genau unter Liquidität und einem Liquiditätsengpass versteht.
Liquiditätsengpass: Was ist das überhaupt?
Von einem Liquiditätsengpass spricht man, wenn ein Unternehmen vorübergehend nicht genügend flüssige Mittel, also Bankguthaben und Bargeld hat, um sämtliche Zahlungsverpflichtungen fristgemäß erfüllen zu können. Das kann auch Unternehmen mit einer guten Ertragslage betreffen, etwa weil viele Kunden ihre Rechnungen noch nicht bezahlt haben und deshalb der Forderungsbestand sehr hoch ist.
Die Liquiditätsgrade
Zur Beurteilung der Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens verwenden Banken und Geschäftspartner häufig Bilanzkennzahlen wie die Liquidität 1., 2. und 3. Grades. Allerdings handelt es sich dabei um statische Werte, die sich auf einen Stichtag beziehen. Zukünftige Entwicklungen lassen sich damit nur eingeschränkt abschätzen, dafür eignet sich der Liquiditätsplan besser. Die 3 Liquiditätsgrade schließen Bestandteile des Umlaufvermögens unterschiedlicher Liquidierbarkeit ein. Diese sagt aus, wie schnell der jeweilige Vermögensgegenstand in flüssige Mittel umgewandelt werden kann und wie gering dabei das Risiko des Wertverlusts ist.
- Zur Berechnung der Liquidität 1. Grades teilt man die liquiden Mittel durch die kurzfristigen Verbindlichkeiten. Wenn sie größer oder gleich 20% ist, liegt alles im grünen Bereich. Als liquide Mittel gelten in dieser Hinsicht der Kassenbestand, das Guthaben bei Kreditinstituten und bei der Bundesbank sowie Schecks.
- Die Liquidität 2. Grades sollte mindestens 100% betragen. Sie ergibt sich aus folgender Formel: (liquide Mittel + kurzfristige Forderungen + kurzfristige Wertpapiere) / kurzfristige Verbindlichkeiten.
- Für die Ermittlung der Liquidität 3. Grades wird das gesamte Umlaufvermögen durch die kurzfristigen Verbindlichkeiten geteilt. Der Mindestwert liegt hier bei 200%.
Folgendes Beispiel verdeutlicht die Berechnung:
BILANZPOSITIONEN UND KENNZAHLEN | | |
| | Basis: Geschäftsvorfälle Buchhaltung |
| | Basis: Geschäftsvorfälle Buchhaltung |
| | Basis: Geschäftsvorfälle Buchhaltung |
| | Basis: Geschäftsvorfälle Buchhaltung |
| | Basis: Geschäftsvorfälle Buchhaltung |
kurzfristige Verbindlichkeiten | | Basis: Geschäftsvorfälle Buchhaltung |
| | |
| | (Kasse + Bank) / kurzfristige Verbindlichkeiten |
| | (Kasse + Bank + kurzfristige Forderungen + kurzfristige Wertpapiere) / kurzfristige Verbindlichkeiten |
| | (Kasse +Bank + kurzfristige Forderungen + kurzfristige Wertpapiere + Vorräte) / kurzfristige Verbindlichkeiten |
Im Beispiel liegen die 3 Liquiditätsgrade alle im empfohlenen Bereich.
Vorübergehender vs. chronischer Liquiditätsengpass
Von einem Liquiditätsengpass spricht man, wenn dieser nur vorübergehend besteht und kurzfristig wieder ausgeglichen werden kann. Ursachen dafür sind i. d. R. außergewöhnliche Situationen, z. B. die Vorfinanzierung eines größeren Auftrags oder umfangreiche Investitionen. Vermeiden Sie ihn nach Möglichkeit trotzdem, denn auch vorübergehende Zahlungshemmnisse können die Reputation bei Geschäftspartnern beschädigen.
Wenn ein Liquiditätsengpass länger andauert oder häufiger auftritt, ist er chronisch geworden. Lassen Sie sich in diesem Fall beraten und stellen Sie rechtzeitig einen Insolvenzantrag, um den Straftatbestand der Insolvenzverschleppung zu vermeiden.
Liquidität vs. Solvenz
Beachten Sie weiterhin, dass es einen feinen Unterschied zwischen den häufig synonym verwendeten Begriffen Liquidität und Solvenz gibt. Liquidität bezieht sich auf die aktuelle Situation bzw. einen relativ kurzen Zeitraum. Solvenz schließt auch die Zukunft ein, d. h., wie sich die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens über einen längeren Zeitraum hinweg entwickeln wird. Wenn die Prognose negativ ist, liegt Insolvenz vor.
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Liquiditätsengpass: Ursachen und Folgen
Ein Liquiditätsengpass kann unterschiedliche Ursachen haben, wovon nicht selten mehrere gemeinsam auftreten. Behalten Sie vor allem Folgendes im Blick und ergreifen Sie ggf. rechtzeitig Gegenmaßnahmen:
- Zahlungsausfälle
Entweder sind Kunden selbst zahlungsunfähig geworden, kämpfen mit einem vorübergehenden Liquiditätsengpass oder haben die rechtzeitige Zahlung aus anderen Gründen versäumt. - Kein konsequentes Mahnwesen
Zahlungsversäumnisse von Kunden sind ein häufiges Problem. Wenn Sie nicht rechtzeitig mahnen, summieren sich die Außenstände. - Zu lange Zahlungsziele für Kunden
Mit langen Zahlungszielen kommen Sie Ihren Kunden entgegen. Da diese i. d. R. auch genutzt werden, belastet das jedoch Ihre eigene Zahlungsfähigkeit, weil Ihnen das Geld erst später zur Verfügung steht.
- Zu kurze Zahlungsziele bei Lieferanten
In diesem Fall fließt das Geld eher aus dem Unternehmen ab als bei einer längeren Zahlungsfrist. Verhandeln Sie ggf. mit Ihren Lieferanten und fragen Sie nach Spielräumen.
- Vorfinanzierung größerer Aufträge
Wenn Sie einen Auftrag annehmen, müssen Sie diesen zunächst durch Ausgaben für Material, Löhne usw. vorfinanzieren, erhalten das Geld dafür aber erst nach der Lieferung und Rechnungsstellung. Vor allem bei Großaufträgen kann das Ihre Liquidität vorübergehend stark belasten.
- Keine regelmäßige Liquiditätsplanung
Die Liquiditätsplanung kann einen drohenden Liquiditätsengpass vorab sichtbar machen und ermöglicht rechtzeitige Gegenmaßnahmen.
- Hohe Fixkosten
Zu hohe feste Kosten mindern nicht nur die Liquidität, sondern auch den Ertrag. Versuchen Sie dementsprechend Ihre Fixkosten so gering wie möglich zu halten.
- Zu geringe Marge zwischen Herstellungskosten und Verkaufspreis
Die Preisgestaltung sollte sich zwar an den Marktpreisen orientieren, aber mit Ihren Einnahmen müssen Sie auch ausreichend Gewinn und damit liquide Mittel erwirtschaften.
- Hohe Privatentnahmen
Privatentnahmen bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften dürfen die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens nicht beschädigen.
- Zu großer Vorratsbestand
Vorräte sind in einem bestimmten Umfang notwendig, binden aber auch Geld, das dann für die Zahlungsverpflichtungen nicht zur Verfügung steht.
- Hohe Kreditraten
Laufende Ratenzahlungen für Kredite oder Darlehen belasten die Liquidität regelmäßig.
Neben diesen Ursachen, die Sie zum Teil selbst beeinflussen können, gibt es spezielle Gründe, die ebenfalls zu einem Liquiditätsengpass führen können:
Folgen von Liquiditätsengpässen
Reagieren Sie bei einem Liquiditätsengpass rechtzeitig, denn sonst kann er aus folgenden Gründen weitere Probleme nach sich ziehen:
- Ablehnung lukrativer Aufträge wegen fehlender Mittel für die Vorfinanzierung
- Zahlungsrückstände bei Lieferanten und dadurch Reputationsschäden wegen Unzuverlässigkeit
- Personalkündigungen, falls Löhne und Gehälter nicht rechtzeitig gezahlt werden können
- im schlimmsten Fall Insolvenz
Existenzbedrohende Liquiditätsprobleme lassen sich häufig vermeiden. Dabei hilft Ihnen eine regelmäßige Liquiditätsplanung, die im nächsten Abschnitt kurz erklärt wird.
Tipp: Liquiditätsplanung – Engpässe vorausschauend im Blick behalten
Bereits vor der Gründung muss die Liquidität eines Unternehmens vorausschauend geplant werden, weshalb der Liquiditätsplan ein wichtiger Bestandteil des Businessplans ist. Aber auch danach eignet er sich gut zur Überwachung der Liquiditätsentwicklung. Für die fortlaufende Liquiditätsplanung teilt man das Geschäftsjahr in Perioden ein. Viele Unternehmen planen monatlich, jeweils mit einem Zeithorizont von einem Jahr.
Man geht jeweils vom Bestand an liquiden Mitteln zu Beginn einer Periode aus, rechnet prognostizierte Einzahlungen hinzu und zieht Auszahlungen ab. Der Endbestand entspricht dem Anfangsbestand der nächsten Periode. Überprüfen Sie alle prognostizierten Werte regelmäßig und aktualisieren Sie diese. Mit einer solchen rollierenden Liquiditätsplanung erkennen Sie drohende Liquiditätsengpässe bereits Monate im Voraus.
Liquiditätsengpässe schon vorab verhindern – so funktioniert’s
Da auch ein vorübergehender Liquiditätsengpass negative Folgen haben und im schlimmsten Fall zur Insolvenz führen kann, sollten Sie alle Möglichkeiten nutzen, ihn zu verhindern. Achten Sie deshalb vor allem auf Folgendes:
- Regelmäßige Liquiditätsplanung
Wie im vorhergehenden Abschnitt bereits beschrieben, eignet sich eine regelmäßige rollierende Planung gut dafür, die zukünftige Liquiditätsentwicklung besser einschätzen zu können. - Rechnungen sofort erstellen
Übermitteln Sie die Rechnungen möglichst direkt mit der Lieferung oder Leistung. Bei Großaufträgen kann es sinnvoll sein, bereits vor der vollständigen Erfüllung Teilrechnungen auszustellen. - Kurze Zahlungsziele
Gewähren Sie Ihren Kunden Zahlungsziele, die in Ihrer Branche üblich sind. Verlängern sie diese aber nicht unnötig. Verschicken Sie Zahlungserinnerungen.
- Skonto als Anreiz
Bieten Sie Ihren Kunden Skonto an, um sie zur sofortigen Bezahlung der Rechnung zu motivieren. Kalkulieren Sie dieses bei der Preisgestaltung ein.
- Mahnwesen professionalisieren
Mahnen Sie rechtzeitig und konsequent. Üblich sind drei Mahnstufen, bevor das gerichtliche Mahnverfahren beantragt wird. Erfahren Sie mehr zum Thema Mahnung schreiben.
- Abhängigkeiten vermeiden
Achten Sie darauf, nicht von wenigen Großkunden abhängig zu sein. So reduzieren Sie Ihr Risiko, falls einer der Kunden zahlungsunfähig wird.
- Bonität der Kunden prüfen
Die Bonität von Kunden, die ihre Bilanzen veröffentlichen müssen, können Sie anhand geeigneter Bilanzkennzahlen einschätzen. Weiterhin gibt es auch die Möglichkeit, Auskunfteien wie die Schufa oder Creditreform zu nutzen, wofür jedoch Kosten anfallen. Wenn Zweifel an der Zahlungsfähigkeit bestehen, liefern Sie nur gegen Vorkasse.
- Tilgungsraten für Kredite niedrig halten
Geringere Raten verlängern zwar die Laufzeit und erhöhen die Fremdkapitalkosten. Sie schonen aber die laufende Liquidität.
- Leasing oder Kauf
Wenn Sie ein Fahrzeug oder eine Maschine brauchen, kann ein Leasingvertrag eine liquiditätsschonende Alternative zum Kauf sein. Wägen Sie ab, was am günstigsten ist: Leasing oder Kauf auf Raten bzw. mit einem Bankkredit.
- Factoring einführen
Dabei verkaufen Sie Ihre Forderungen direkt nach der Rechnungsstellung an einen Factoringanbieter. Dieses zahlt Ihnen die Rechnungsbeträge nicht nur sofort aus, sondern übernimmt auch das komplette Zahlungsausfallrisiko und das Forderungsmanagement. Dafür entstehen Kosten.
- Verträge im Blick behalten
Oft gibt es Optimierungspotenzial bei laufenden Verträgen, z. B. im Bereich Telekommunikation oder bei Dienstleistungen. Überprüfen Sie regelmäßig, was wirklich notwendig ist und ob es günstigere Anbieter gibt.
Wenn Sie diese Tipps berücksichtigen, haben Sie gute Chancen, dass kein Liquiditätsengpass entsteht. Falls es doch einmal zu einer solchen Situation kommt, können die im nächsten Abschnitt vorgestellten Maßnahmen helfen.
Akuter Liquiditätsengpass – was kann ich tun, um Insolvenz zu vermeiden?
Nicht immer ist es möglich, einen Liquiditätsengpass zu verhindern. Sobald Ihr Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten gerät, müssen Sie sofort prüfen, welche Maßnahmen sich für die Abwendung weiterer Schwierigkeiten eignen. Hier sind einige Anregungen dafür:
- Rechnungsstellung überprüfen
Falls Sie bereits Lieferungen oder Leistungen ausgeführt, aber dafür noch keine Rechnungen erstellt haben, holen Sie das so schnell wie möglich nach. - Zahlungsziele ausnutzen
Zahlen Sie offene Rechnungen Ihrer Lieferanten zum Ende der Forderungslaufzeit. - Mit Lieferanten verhandeln
Wenn ein Liquiditätsengpass eingetreten ist, versuchen Sie, mit Ihren Lieferanten Ratenzahlungen oder längere Zahlungsziele zu verhandeln. - Kontokorrentkredit erhöhen
Die Zinsen dafür sind jedoch vergleichsweise hoch. Nehmen Sie den Kontokorrentkredit deshalb nicht länger als nötig in Anspruch.
- Bankkredit aufnehmen
Verhandeln Sie darüber mit Ihrer Bank. Wenn erkennbar ist, dass es sich nur um einen vorübergehenden Liquiditätsengpass handelt, sind Banken eventuell kulant.
- Tilgung aussetzen
Das bezieht sich auf bereits laufende Kredite oder Darlehen. Eventuell können Sie die Ratenzahlungen vorübergehend aussetzen.
- Eigenkapital erhöhen
Dabei führen Eigentümer, Gesellschafter oder Partner dem Unternehmen neues Kapital zu. Wie das funktioniert, hängt von der Rechtsform ab. Bei Einzelunternehmen erfolgt eine Privateinlage.
- Liquiditätsreserven verkaufen
Das können z. B. Wertpapiere sein, die das Unternehmen hält. Da der Verkauf mit Wertverlusten verbunden sein kann, wägen Sie Vor- und Nachteile gegeneinander ab.
- Lagerbestände abbauen
Vorräte sind notwendig, binden aber auch Kapital. Bestellen Sie z. B. vorübergehend weniger Material. Die laufende Geschäftstätigkeit sollte dadurch jedoch nicht eingeschränkt werden.
- Verträge kündigen
Dafür können sich beispielsweise Dienstleistungs- oder Leasingverträge eignen. Kündigen Sie aber nichts, was für die unternehmerische Tätigkeit dringend notwendig ist.
- Firmeneigentum verkaufen
Auch hier gilt: nur das verkaufen, was Sie im Unternehmen nicht zwingend benötigen.
- Personal entlassen
Das sollte die allerletzte Möglichkeit sein, wenn Sie keine andere Chance sehen, die Liquiditätsprobleme in den Griff zu bekommen. Denn zum einen schränken Sie damit ebenfalls die Leistungsfähigkeit des Unternehmens ein. Zum anderen ist gutes Personal heute oft schwer zu finden. Zu beachten sind außerdem die Themen Kündigungsfrist und Kündigungsschutz.
Sie sehen, dass es auch bei einem Liquiditätsengpass Möglichkeiten gibt, das Unternehmen am Laufen zu halten und die Zahlungsfähigkeit wieder herzustellen. Wichtig ist, dass Sie in einer solchen Situation schnell reagieren.
Fazit: Liquiditätsengpass frühzeitig erkennen
Ein Liquiditätsengpass kann Unternehmen aus unterschiedlichen Gründen treffen, die nicht in jedem Fall beeinflussbar sind. Es ist wichtig, die Anzeichen dafür rechtzeitig zu erkennen und immer mit möglichen Schwierigkeiten zu rechnen. Dabei hilft eine regelmäßige rollierende Liquiditätsplanung mit ausreichend Sicherheitspuffern.
Nehmen Sie Zahlungsschwierigkeiten nicht auf die leichte Schulter, denn schnell kann sich daraus eine Insolvenz entwickeln. Bedenken Sie auch, dass selbst ein hoher Gewinn nicht unbedingt eine stabile Liquidität zur Folge hat. Factoring kann eine Möglichkeit sein, um mehr Sicherheit in Ihr Liquiditätsmanagement zu bringen.