Kündigungsschutz – die drei wichtigsten Fragen auf einen Blick
Sie möchten sich näher zum Thema „Kündigungsschutz“ informieren? Folgende 3 Fragen verschaffen Ihnen einen Überblick:
Grundlagen zum Kündigungsschutz
Als Unternehmer kennen Sie vielleicht Situationen, in denen einzelne Mitarbeiter die Arbeit des gesamten Teams erschweren. Auch sehr häufiger Arbeitsausfall wegen Erkrankungen kann vor allem für kleine Unternehmen existenzbedrohend werden. Dann gibt es aus wirtschaftlicher Sicht keine echte Alternative zu einer Kündigung. Aber dürfen Sie so einfach Arbeitnehmer entlassen?
In solchen Situationen müssen Sie den Kündigungsschutz beachten. Die Grundlage dafür bildet das Kündigungsschutzgesetz (kurz: KSchG), welches einen Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum Ziel hat. Das bedeutet, Kündigungen sind nur möglich, wenn sie sozial gerechtfertigt sind, wofür das Gesetz konkrete Voraussetzungen definiert. Darüber hinaus können der Tarif- oder der Arbeitsvertrag einen noch strengeren Schutz vorsehen.
Kündigungsschutz: Diese 5 Grundsatzfragen sind entscheidend
Ob der Kündigungsschutz im Einzelfall überhaupt greift, und aus welchem Grund, hängt von mehreren Faktoren ab. Überprüfen Sie dazu die im Folgenden beschriebenen 5 Voraussetzungen.
1. Wie lange ist der Mitarbeiter bereits beschäftigt?
Der Kündigungsschutz greift gemäß § 1 Abs. 1 KSchG erst, nachdem der Mitarbeiter 6 Monate im Unternehmen angestellt war. Diese Frist gilt unabhängig von einer vereinbarten Probezeit.
Weiterhin kann es sein, dass Mitarbeiter aufgrund tarif- oder arbeitsvertraglicher Bestimmungen ab einer gewissen Betriebszugehörigkeit oder einem bestimmten Alter nicht mehr ordentlich gekündigt werden können. Außerordentliche Kündigungen aus wichtigem Grund sind unabhängig davon möglich.
2. Welchen Kündigungsgrund gibt es?
Eine ordentliche Kündigung kann gemäß § 1 Abs. 2 KSchG nur verhaltensbedingt, betriebsbedingt oder personenbedingt erfolgen. Weiterhin ist in jedem Fall der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Das bedeutet, die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.
Die verhaltensbedingte Kündigung setzt ein konkretes arbeitsvertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers voraus. Außer in schweren Fällen erfordert sie eine vorherige Abmahnung. Typische Gründe sind häufiges Zuspätkommen, Verstoß gegen betriebliche Regeln oder Nichtbeachtung von Arbeitsanweisungen.
Eine personenbedingte Kündigung ist möglich, wenn der Grund dafür in der Person des Arbeitnehmers liegt. Gerechtfertigt ist sie nur, wenn es für den Arbeitgeber unzumutbar ist, den Mitarbeiter weiter zu beschäftigen. Gründe für personenbedingte Kündigungen sind z. B. dauerhafte bzw. sehr häufige Erkrankungen oder der Verlust einer Berufszulassung.
Betriebsbedingt ist eine Kündigung, wenn das Unternehmen aufgrund von Umstrukturierungen oder seiner wirtschaftlichen Situation Personal abbauen muss. Falls mehreren Mitarbeitern gekündigt werden muss, ist bei gleichartigen Arbeitsstellen die Sozialauswahl zu beachten. Gekündigt wird dann den Arbeitnehmern, die davon persönlich weniger schwer betroffen sind. Bei der Bewertung kommt ein Punktesystem zum Einsatz:
Von der Sozialauswahl ausgenommen sind für das Unternehmen unentbehrliche Mitarbeiter, was der Arbeitgeber aber gut begründen muss.
Neben den hier beschriebenen ordentlichen Kündigungsgründen sind in schwerwiegenden Fällen außerordentliche Kündigungen möglich. Abgesehen von der Möglichkeit zur Kündigungsschutzklage gilt das KSchG für diese nicht.
3. Ist die Person überhaupt vom Kündigungsschutz betroffen?
Gemäß § 14 KSchG gilt der allgemeine Kündigungsschutz nicht für folgende Personen:
Leicht eingeschränkt ist der Kündigungsschutz zudem für alle anderen Geschäftsführer und leitenden Angestellten, die zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind. Diese haben nicht die Möglichkeit zum Kündigungseinspruch nach § 3. Weiterhin braucht es für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Gerichtsurteil gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 keine Begründung durch den Arbeitgeber.
Für freie Mitarbeiter und Leiharbeiter gilt der Schutz im Falle einer Kündigung ebenfalls nicht, da diese nicht als Arbeitnehmer angestellt sind.
4. Ist die Person vom besonderen Kündigungsschutz betroffen?
Für bestimmte Personengruppen gilt ein besonderer Kündigungsschutz. Folgenden Mitarbeitern dürfen Sie nicht, nur in Ausnahmesituationen oder unter bestimmten Voraussetzungen kündigen:
Kündigung bei Schwangerschaft und Mutterschutz
Während einer Schwangerschaft und bis zum Ende des 4. Monats nach der Entbindung oder einer Fehlgeburt nach der 12. Schwangerschaftswoche darf der Arbeitnehmerin nur in seltenen Ausnahmefällen und mit Zustimmung der zuständigen Bezirksregierung gekündigt werden. Das gilt auch für die Probezeit. Gründe für eine zustimmungspflichtige Kündigung können beispielsweise eine Betriebsstilllegung oder eine vorsätzliche strafbare Handlung der Mitarbeiterin sein.
Kündigt der Arbeitgeber, weil er nichts von der Schwangerschaft weiß, kann die Mitarbeiterin diese Informationen innerhalb von 2 Wochen nach der Kündigung nachholen und so den Kündigungsschutz in Kraft setzen. Erfolgt das nicht, ist die Kündigung rechtsgültig.
Kündigung in der Elternzeit oder bei Bezug von Elterngeld
Der besondere Kündigungsschutz beginnt frühestens 8 Wochen vor Beginn einer Elternzeit, die vor dem 3. Geburtstag des Kindes genommen wird bzw. 14 Wochen vor dem Start, wenn das Kind älter als 3 Jahre ist. Er tritt mit Anmeldung der Elternzeit in Kraft.
Wenn der Arbeitnehmer während der Elternzeit mit maximal 30 Wochenstunden beim bisherigen Arbeitgeber beschäftigt bleibt, besteht der Schutz auch für diese Tätigkeit. Falls für einen Teilzeitjob von nicht mehr als 30 Wochenstunden keine Elternzeit beantragt wurde, aber ein Anspruch auf Elterngeld besteht, gilt der besondere Kündigungsschutz, bis das Kind 15 Monate alt ist.
Kündigungen sind nur in Ausnahmesituationen wie Insolvenz oder schwerer Pflichtverletzung möglich. Sie müssen in jedem Fall von der regional zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt werden.
Kündigungsschutz für Schwerbehinderte
Als schwerbehindert gelten Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50, nach einer Gleichstellung durch die Agentur für Arbeit auch bereits ab einem Grad von 30. Der besondere Kündigungsschutz besteht darin, dass Sie als Arbeitgeber vor dem Aussprechen einer Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes einholen müssen. Dieses prüft den Fall und trifft eine Entscheidung nach Ermessen.
Das gilt für ordentliche, außerordentliche und Änderungskündigungen. Eine Ausnahme bilden Kündigungen in der 6-monatigen Wartezeit zu Beginn des Arbeitsverhältnisses. Diese sind auch ohne Zustimmung möglich.
Die Kündigung ist ungültig, falls sie bereits vor der Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochen wird. Auch eine nachträgliche Genehmigung ist in diesem Fall nicht möglich. Falls der besondere Kündigungsschutz im konkreten Fall nicht relevant ist, stellt das Amt ein Negativattest aus, das mit einer Zustimmung gleichgesetzt werden kann.
Voraussetzung für den besonderen Kündigungsschutz ist, dass die Schwerbehinderung zum Zeitpunkt der Kündigung entweder offenkundig ist, oder behördlich bestätigt wurde. Er hängt nicht davon ab, ob der Bescheid Ihnen als Arbeitgeber vorliegt. Es genügt, wenn der Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung mindestens 3 Wochen vor der Kündigung gestellt wurde.
Kündigung von Pflegepersonen
Ein besonderer Kündigungsschutz besteht gegenüber Pflegenden während einer kurzzeitigen Verhinderung in akuten Situationen sowie während der maximal 6 Monate dauernden Pflegezeit. Davon ausgenommen sind Unternehmen mit regelmäßig nicht mehr als 15 Beschäftigten.
In Ausnahmesituationen kann die zuständige Bezirksregierung die Kündigung für zulässig erklären, und zwar bei Betriebsstilllegung bzw. -verlagerung, bei schweren Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers oder wenn die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens gefährden würde. In diesen Fällen müssen Sie als Arbeitgeber erst die Zustimmung der Behörde einholen, bevor Sie die Kündigung aussprechen.
Kündigung von Betriebsratsmitgliedern
Die ordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ist nur betriebsbedingt bei der Stilllegung des Betriebs oder der Betriebsabteilung möglich, sofern der Mitarbeiter nicht in eine andere Abteilung versetzt werden kann. Ordentliche verhaltens- oder personenbedingte Kündigungen von Betriebsratsmitgliedern sind ausgeschlossen. Dieser besondere Kündigungsschutz gilt auch noch ein Jahr lang nach Beendigung der Tätigkeit im Betriebsrat.
Außerordentliche Kündigungen aus wichtigem Grund sind mit der vorherigen Zustimmung des Betriebsrates möglich. Falls der Betriebsrat seine Zustimmung verweigert, können Sie als Arbeitgeber beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung beantragen.
Auszubildende kündigen
Anders als bei Arbeitsverhältnissen ist für die Ausbildung eine Probezeit zwischen einem und vier Monaten Pflicht. Während der Probezeit können beide Seiten jederzeit ohne Frist kündigen. Danach ist keine ordentliche Kündigung mehr möglich, nur noch eine außerordentliche oder die einvernehmliche Auflösung des Ausbildungsverhältnisses.
Wehrdienst und Kündigung
Eine ordentliche Kündigung Wehrdienstleistender ist ausgeschlossen. Das Arbeitsverhältnis ruht in dieser Zeit und Sie müssen auch keinen Lohn zahlen. Nach dem Ende des Wehrdienstes wird es fortgesetzt. Außerordentliche Kündigungen sind wiederum möglich.
5. Wie viele Mitarbeiter hat Ihr Unternehmen?
Für Kleinbetriebe, die regelmäßig nicht mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigen, gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht, sodass Arbeitgeber leichter kündigen können. Für ältere Arbeitsverhältnisse kann auch die geringere Grenze von maximal 5 Mitarbeitern relevant sein. Wann das der Fall ist, und wie Sie die Anzahl der Arbeitnehmer richtig berechnen, wird im folgenden Abschnitt näher erläutert.
Kündigungsschutz im Kleinbetrieb inkl. Beispiele
Ob der allgemeine Kündigungsschutz im Einzelfall besteht, hängt nicht nur von der Anzahl der Mitarbeiter im Unternehmen ab, sondern auch vom Beginn des Arbeitsverhältnisses. Gemäß § 23 KSchG gilt er in folgenden Fällen:
Geschäftsführer, Auszubildende und Praktikanten gelten bei der Berechnung der ausschlaggebenden Mitarbeiteranzahl nicht als Arbeitnehmer. Angestellte in Mutterschutz, Eltern- oder Pflegezeit zählen mit, außer wenn sie durch eine Ersatzkraft vertreten werden. Auch im Unternehmen beschäftigte Leiharbeiter sind Arbeitnehmer in diesem Sinne. Teilzeitbeschäftigte werden bis einschließlich 20 Wochenstunden mit dem Faktor 0,5 berücksichtigt, und bis einschließlich 30 Wochenstunden mit 0,75.
Die folgenden Beispiele sollen diese Regelungen verdeutlichen:
- Beispiel: Ein 2016 gegründetes Unternehmen beschäftigt 14 Mitarbeiter, von denen 4 in Vollzeit, 6 mit 30 Stunden und 4 mit 20 Stunden pro Woche tätig sind. Die Berechnung ergibt 4+6*0,75+4*0,5=10,5. Da das größer als 10 ist, gilt der allgemeine Kündigungsschutz für diesen Betrieb.
- Beispiel: In einem Unternehmen arbeiten 10 Mitarbeiter in Vollzeit, von denen 6 bereits vor dem 1.1.2004 dort angestellt waren. Diese 6 Personen profitieren vom Kündigungsschutz im Rahmen des Bestandsschutzes, da die Grenze bis Ende 2003 bei 5 statt 10 Mitarbeitern lag. Für die 4 später eingestellten Arbeitnehmer gilt jedoch die Grenze von 10, und damit kein Kündigungsschutz. Sollte einer der Alt-Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausscheiden, entfällt für die verbleibende 5 der allgemeine Kündigungsschutz, da das „mehr als 5“-Kriterium nicht mehr erfüllt ist.
- Beispiel: Ein 2010 gegründeter Betrieb beschäftigt 6 Mitarbeiter mit 40 Wochenstunden, 8 Mitarbeiter mit 15 Wochenstunden und 2 Auszubildende. Einer der 6 Vollzeit-Mitarbeiter befindet sich gerade in Elternzeit und wird durch einen Leiharbeiter ersetzt. Die Berechnung ergibt 6+8*0,5=10. Da das Kriterium „mehr als 10“ hier nicht erfüllt ist, gilt kein allgemeiner Kündigungsschutz. Die Auszubildenden zählen nicht mit und der Leiharbeiter ersetzt den Arbeitnehmer in Elternzeit, was nicht doppelt gewertet wird.
Beachten Sie, dass sich die Mitarbeiteranzahl nur auf den allgemeinen Kündigungsschutz auswirkt. Der oben bereits beschriebene Sonderkündigungsschutz gilt unabhängig davon.
Weiterhin sind auch bei fehlendem allgemeinem Kündigungsschutz einige Grundsätze zu beachten:
Wird einer dieser Grundsätze nicht beachtet, können auch Angestellte in Kleinbetrieben rechtlich gegen die Kündigung vorgehen.
Formalien bei der Kündigung
Formfehler können dazu führen, dass der gekündigte Mitarbeiter vor dem Arbeitsgericht erfolgreich gegen die Kündigung klagt. Achten Sie auf Folgendes:
Der Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer sollte belegbar sein, indem Sie sie z. B. persönlich oder durch einen Boten zustellen und den Empfang bestätigen lassen, bzw. per Einschreiben senden. Halten Sie die Kündigungsfrist ein, die ab dem Zugang beim Gekündigten zu laufen beginnt. Bedenken Sie auch, dass eine verhaltensbedingte Kündigung in der Regel mindestens eine vorherige Abmahnung erfordert.
FAQ – 10 häufige Fragen kurz erklärt
Sie haben noch Fragen zum Thema Kündigungsschutz? Im Folgenden sind einige Fakten zusammengefasst:
1. Darf ich meinem Mitarbeiter wegen häufiger Krankheit kündigen?
2. Können Mitarbeiter gegen eine Kündigung klagen?
3. Wann haben Mitarbeiter einen Anspruch auf Abfindung?
4. Welche Rolle spielt das Alter beim Thema Kündigungsschutz?
5. Was gibt es bei Minijobbern in Sachen Kündigungsschutz zu beachten?
6. Welcher Kündigungsschutz gilt für leitende Angestellte?
7. Was sind anzeigepflichtige Entlassungen?
8. Welche Rolle spielt der Betriebsrat für den Kündigungsschutz?
9. Gilt der Kündigungsschutz auch für Änderungskündigungen?
10. Muss in Kleinbetrieben der besondere Kündigungsschutz beachtet werden?
Wenn Sie das Arbeitsrecht und die Regelungen des Kündigungsschutzes beachten, können Sie zeit- und kostenintensive Verfahren bei Gericht vermeiden.
Fazit: Kündigungsschutz als Interessenausgleich
Der Kündigungsschutz stärkt berechtigte Interessen der Angestellten, kann im Einzelfall für Unternehmen aber zur Herausforderung werden. Er greift, wenn einer der im KSchG definierten Gründe vorliegt, die 6-monatige Wartezeit vergangen ist und der Mitarbeiter nicht durch das Gesetz explizit davon ausgenommen ist. In Kleinbetrieben kommt er unter bestimmten Voraussetzungen nicht zur Anwendung. Beachten Sie auch die Regeln für besonders schutzbedürftige Arbeitnehmer.