Schnellcheck Factoring – die wichtigsten Fragen auf einen Blick
Sie überlegen, ob sich Factoring als Baustein für Ihre Unternehmensfinanzierung eignet? Folgende FAQ-Antworten können Ihnen Hinweise darauf geben:
Lesen Sie im nächsten Abschnitt, wie der Forderungsverkauf genau funktioniert und welche Bedeutung er in der Praxis hat.
Factoring für Unternehmen – einfach erklärt
Factoring ist ein Finanzierungsinstrument, mit dem Unternehmen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen kurzfristig in liquide Mittel umwandeln können, indem sie diese an einen Factor verkaufen. Das ist eine auf diese Art von Finanzdienstleistung spezialisierte Firma, welche nach dem Ankauf einer Forderung sofort zahlt und zusätzlich das Kreditausfallrisiko (Delkredererisiko) sowie in dem meisten Fällen das Debitoren- und Forderungsmanagement inklusive Mahn- und Inkassowesen übernimmt.
Beim Factoring werden Forderungen nicht einmalig, sondern laufend gegen Gebühr aufgekauft. Dem liegt ein Factoringvertrag zugrunde, der die individuellen Konditionen regelt und rechtlich gesehen als Kaufvertrag gilt. Deshalb werden die Forderungen in der Bilanz des verkaufenden Unternehmens nicht mehr als solche bilanziert, was die Bilanzstruktur beeinflusst. Das Factoring gilt als erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung. Das folgende Beispiel veranschaulicht dieses Verfahren.
Factoring an einem Beispiel erklärt
Zwischen einem produzierenden Unternehmen und einem Factoringanbieter besteht ein Factoringvertrag. Das Unternehmen (Kreditor) liefert an einen Kunden (Debitor) Produkte im Wert von 5.000 € und stellt diesem darüber eine Rechnung mit einem Zahlungsziel von 90 Tagen. Als Konto für die Überweisung wird das des Factors angegeben. Der Kreditor übermittelt dem Factor die Rechnungsdaten und erhält von diesem innerhalb von 48 Stunden 5.000 € überwiesen.
Angenommen, es wurde ein Sicherheitseinbehalt von 10 % vereinbart, erhält er zunächst nur 4.500 € und sobald der Debitor an den Factor gezahlt hat oder spätestens nach Ablauf einer vereinbarten Frist die restlichen 500 €. Zahlt der Kunde nicht und die Forderung muss abgeschrieben werden, ist das ein Verlust für den Factor. Mit den vorfällig erhaltenen liquiden Mitteln kann der Kreditor beispielsweise seine laufenden Ausgaben zahlen, Material bzw. Betriebsmittel beschaffen oder schneller investieren.
Die Funktionen des Factorings
Der Forderungsverkauf erfüllt grundsätzlich 3 Funktionen: die Finanzierungsfunktion, die Delkrederefunktion und die Dienstleistungsfunktion, wobei bei bestimmten Formen des Factorings einzelne Funktionen auch ausgeschlossen werden:
Factoring in der Praxis
Factoring hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Im Jahr 2021 gab es in Deutschland gemäß den Angaben des Deutschen Factoring Verbandes 175 Factoringanbieter und etwa 80.000 Unternehmen, die entsprechende Leistungen genutzt haben.
Grundsätzlich eignet sich der Forderungsverkauf für fast alle Branchen, Unternehmensgrößen und Geschäftsmodelle. Voraussetzung ist jeweils, dass die Unternehmen regelmäßig Leistungen erbringen und ihren Kunden in Rechnung stellen. Besonders häufig wird diese Art der Finanzierung in den Branchen Handel, Metallverarbeitung, Nahrungsmittelindustrie und Maschinenbau genutzt. Dabei haben sich die meisten Factoring-Firmen auf bestimmte Unternehmen spezialisiert und schließen andere explizit aus. Letztendlich ist immer für den Einzelfall zu prüfen, ob Factoring unter den gegebenen Voraussetzungen eine sinnvolle Lösung im Rahmen des Liquiditätsmanagements ist.
Bis vor einigen Jahren war die Möglichkeit des Factorings nur für B2B-Unternehmen relevant, mittlerweile gibt es sie auch für den B2C-Bereich. Im Jahr 2021 konnte das B2C-Factoring in Deutschland einen Zuwachs von fast 18 % verzeichnen, was zu einem Gesamtumsatz in diesem Bereich von 8,5 Milliarden Euro führte und auch auf die Corona-Pandemie sowie die damit verbundene Zunahme der Online-Käufe zurückzuführen ist. B2C-Factoring ermöglichen jedoch nur bestimmte Anbieter.
Factoring auf dem Vormarsch
Arten von Factoring und ihre Unterschiede
Es gibt verschiedene Arten des Factorings, die sich im Funktionsumfang unterscheiden. So können Konditionen vereinbart werden, die zur individuellen Situation des Unternehmens passen. Lernen Sie im Folgenden die verschiedenen Möglichkeiten kennen:
Analysieren Sie, was Ihnen beim Forderungsverkauf am wichtigsten ist, bevor Sie sich für eine bestimmte Variante entscheiden. Geht es Ihnen vor allem um die Abtretung des Delkredererisikos oder steht die schnelle Liquidität im Mittelpunkt? Benötigen Sie umfangreiche Serviceleistungen oder möchten Sie diese Aufgaben lieber selbst erledigen?
Forderungsverkauf – Vor- und Nachteile
Es lässt sich nicht pauschal beantworten, ob beim Factoring für ein Unternehmen die Vorteile überwiegen, da es immer auf die konkrete Situation ankommt. Beschäftigen Sie sich deshalb mit den in der folgenden Tabelle vorgestellten Vor- und Nachteilen und wägen Sie ab, welche in ihrem Fall am stärksten ins Gewicht fallen.
Besonders interessant ist der Forderungsverkauf für Unternehmen mit einem regelmäßig großen Bestand an kurz- bis mittelfristigen Forderungen. Auch hohe laufende Ausgaben, etwa bei vielen Mitarbeitern in Form von Löhnen und Sozialabgaben, sprechen dafür. Nicht zuletzt profitieren Wachstumsunternehmen von der höheren Liquidität, da sie schneller investieren können.
Umsetzung in der Praxis: Factoring in 8 Schritten
Sie haben sich für den Forderungsverkauf entschieden? Dann folgen Sie den hier vorgestellten Schritten, um diese Finanzierungsform in Ihrem Unternehmen zu etablieren:
- Anbieter vergleichen
Die meisten Factoring-Firmen haben sich auf bestimmte Branchen oder Unternehmensgrößen spezialisiert. Recherchieren können Sie beispielsweise über die Mitgliederlisten der beiden Fachverbände. Das sind der Deutsche Factoring-Verband e. V. und der Bundesverband Factoring für den Mittelstand e. V.. Vergleichen Sie die Preise und Konditionen geeigneter Anbieter. - Erstgespräch
Wenn Sie einen oder mehrere Factoring-Unternehmen herausgefiltert haben, vereinbaren Sie jeweils einen Termin für ein Erstgespräch. Bei diesem persönlichen Treffen stellen Sie Ihr Unternehmen vor und besprechen, inwiefern sich der Forderungsverkauf für Sie eignet und welche Möglichkeiten der Factor bieten kann. - Vorschlag einer individuellen Lösung
Wenn Sie Interesse an einer Zusammenarbeit signalisieren, wird Ihnen der Factor eine individuelle Lösung inklusive konkreter Vorschläge für vertragliche Vereinbarungen erarbeiten. Dazu können ein Limit für die maximale und/oder minimale Höhe der Forderungen, die Mindestlaufzeit des Vertrags, die Kosten, ein eventueller Sicherheitseinbehalt und noch weitere Details gehören. Rechnen Sie damit, dass die Bearbeitung 1 bis 4 Wochen dauert. - Factoringvertrag abschließen
Wenn Sie mit dem Angebot einverstanden sind oder sich auf Änderungen geeinigt haben, schließen Sie den Vertrag ab. - Kunden informieren
Sofern es sich nicht um stilles Factoring handelt, informieren Sie Ihre Kunden, erklären Sie den Forderungsverkauf und teilen Sie die neue Kontoverbindung mit. - Eine Forderung entsteht
Sobald Sie Waren geliefert oder Dienstleistungen erbracht haben, stellen Sie Ihrem Kunden eine Rechnung, sodass eine Forderung entsteht. Übermitteln Sie die Rechnungsdaten an den Factor. - Auszahlung
Das Geld wird Ihnen meist innerhalb von 24 bis 48 Stunden überwiesen oder Sie können es online abrufen. Falls ein Sicherheitseinbehalt (bis 20 %) vereinbart wurde, erhalten Sie noch nicht den gesamten Betrag. - Ggf. Auszahlung des Einbehalts
Den restlichen Betrag bekommen Sie, wenn die Rechnung durch den Debitor bezahlt wurde bzw. nach einer vereinbarten Frist, falls dieser nicht zahlt.
Beim Vergleich der Anbieter und bei der Aushandlung der Vertragsdetails spielen die Kosten eine besonders wichtige Rolle. Erfahren Sie im nächsten Abschnitt mehr darüber.
Kosten für das Factoring
Wie hoch die Kosten für den Forderungsverkauf sind, lässt sich nicht pauschal sagen, da mehrere Bedingungen Einfluss darauf haben. Im Wesentlichen setzen sie sich aus den Zinsen, der Factoringgebühr und mitunter den Gebühren für die Bonitätsprüfung der Kunden zusammen. Einige Anbieter verlangen zusätzlich eine einmalige Startgebühr. Die Höhe der Gesamtkosten hängt von den individuellen Gegebenheiten ab, z. B. dem Umfang der in Anspruch genommenen Leistungen, dem Umsatz, der Branche, der durchschnittlichen Forderungslaufzeit oder der Anzahl an Rechnungen. Abgesehen von der einmaligen Startgebühr zahlen Sie die Kosten i. d. R. monatlich. Das kennzeichnet die einzelnen Bestandteile
Beachten Sie, dass auch Mindest-Factoringgebühren vereinbart werden können, z. B. pro Jahr. Das ist aber nicht bei jedem Anbieter der Fall.
Beispielrechnung: Kosten für das Factoring
Das folgende Beispiel zeigt Ihnen, wie sich die Kosten zusammensetzen können:
GEGEBENE WERTE | BERECHNETE WERTE | |
Factoringumsatz p. a. | 4.500.000 € | |
durchschnittliches Zahlungsziel | 60 Tage | |
durchschnittlicher Außenstand p. a. | 750.000 € | |
Factoringgebühr p. a. | 0,4 % | 18.000 € |
Debitorenprüfkosten p. a. | 0,1 % | 4.500 € |
Zins p. a. | 2,5 % | 18.750 € |
laufende Kosten p. a. | 41.250 € | |
laufende Kosten pro Monat | 3.437,50 € | |
Kosten in % vom Umsatz | 0,92 % | |
Startgebühr (einmalig) | 500 € |
Erläuterungen zur Berechnung:
Für die Beantwortung der Frage, ob Sie Forderungen verkaufen sollten, stellen Sie den Kosten des Factorings den erwarteten Nutzen gegenüber. Bedenken Sie, dass Sie keine Zahlungsausfälle befürchten müssen. Da Ihre Liquidität besser ist, brauchen Sie keine oder weniger Kredite für kurzfristige Finanzierungen aufzunehmen, wofür ebenfalls Zinsen anfallen würden. Falls doch zusätzliche Fremdfinanzierungen notwendig sind, z. B. für Investitionen, erhalten Sie diese aufgrund der besseren Bonität einfacher und günstiger. Weiterhin haben Sie aufgrund der höheren Liquidität einen größeren Handlungsspielraum bei der Beschaffung und können z. B. durch Rabatte oder Skonti günstigere Möglichkeiten nutzen. Eventuell sparen Sie durch die Übernahme der Debitorenbuchhaltung und des Forderungsmanagements auch Personalkosten.
FAQ rund um das Factoring
Sie haben noch Fragen zum Forderungsverkauf? Hier erfahren Sie weitere Details:
1. Wie schnell erhalte ich beim Factoring mein Geld?
2. Schreibe ich die Rechnungen beim Factoring selbst?
3. Müssen meine Kunden dem Factoring zustimmen?
4. Was ist der Unterschied zwischen Factoring und Inkasso?
5. Was denken Kunden über Factoring?
6. Wie erkenne ich seriöse Factoringanbieter?
7. Wie finde ich den richtigen Factoringanbieter?
8. Wozu dient der Sicherheitseinbehalt?
9. Eignet sich Factoring für langfristige Forderungen?
10. Welche Alternativen zum Factoring gibt es?
Weitere Fragen beantwortet Ihnen auch das von Ihnen ausgewählte Factoring-Unternehmen, an das Sie die Forderungen verkaufen möchten. Ein seriöser Anbieter nimmt sich ausreichend Zeit für Ihr Anliegen.
Fazit: Factoring als Alternative zum Kredit
Wenn Ihre liquiden Mittel knapp sind, der Forderungsbestand jedoch tendenziell hoch, kann Factoring eine günstige Alternative zum Bankkredit sein. Ein weiterer wichtiger Vorteil dieses Instrumentes besteht darin, dass Sie durch den Verkauf das Ausfallrisiko abgeben und somit verlässlicher planen können. Bewerten Sie jedoch individuell, ob sich die Kosten für diese Finanzierungsform für Ihre Firma lohnen.