Sie sind angestellt und arbeiten nebenbei auch selbstständig als Freelancer oder mit einem Gewerbe? Dann achten Sie auf Ihre Krankenversicherungspflicht. Sind Sie nebenberuflich selbstständig, ist die Krankenversicherung über Ihren Arbeitgeber eigentlich bereits gewährleistet. Doch das ändert sich, wenn Ihr Business nach Einschätzung der Krankenkasse einen hauptberuflichen Charakter annimmt. Erfahren Sie, worauf Sie achten müssen.
Nebenberuflich versus hauptberuflich – der Faktencheck
Ihre Krankenversicherungspflicht als Unternehmer und zusätzlich Angestellter ergibt sich daraus, ob die Krankenkasse Ihre Selbstständigkeit als haupt- oder nebenberuflich einstuft. Gilt sie als nebenberuflich, so sind Sie allein über Ihr Angestelltenverhältnis krankenversichert und für die selbstständige Tätigkeit fallen keine Beiträge an. Stuft die Krankenkasse Ihr Business jedoch als hauptberuflich ein, müssen Sie sich entweder freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder privat versichern.
Die Möglichkeit einer nebenberuflichen und damit krankenversicherungsfreien Selbstständigkeit besteht übrigens nicht nur für Arbeitnehmer. Auch Rentner, Bezieher von Arbeitslosengeld 1 oder 2, Studenten und andere familienversicherte Personen können nebenberuflich selbstständig arbeiten.
Für die Bewertung, ab wann eine selbstständige Tätigkeit als hauptberuflich gilt, spielen mehrere Fragen eine Rolle. Die Krankenkasse bewertet jeden Fall individuell. Von einem nebenberuflichen Charakter kann man bei den folgenden Voraussetzungen ausgehen:
- Das Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit hat für Sie eine untergeordnete wirtschaftliche Bedeutung.
- Der Aufwand an Zeit für die Selbstständigkeit bildet nicht den Schwerpunkt der Erwerbstätigkeit. Eventuell ist Ihr Angestelltenverhältnis sogar eine Vollzeitstelle.
- Sie arbeiten weniger als 20 Stunden pro Woche selbstständig und verdienen damit nicht mehr als 75 % der monatlichen Bezugsgröße. Achtung: Diese Bezugsgröße wird jährlich neu festgelegt.
- Sie beschäftigen keine Angestellten oder maximal einen Minijobber.
- Für Ihre Existenzgründung beziehen Sie keinen Gründungszuschuss von der Agentur für Arbeit, da nur Haupterwerbsgründungen auf diese Weise gefördert werden.
Wenn Sie ein Kleingewerbe anmelden wollen, bedeutet das nicht automatisch, dass es sich um eine nebenberufliche Selbstständigkeit handelt. Ein Kleingewerbe ist ein von einem Einzelunternehmer oder einer GbR betriebenes gewerbliches Unternehmen, das aufgrund seines geringen Umfangs nicht in das Handelsregister eingetragen wird und für das Sie den Gewinn mit der Einnahmenüberschussrechnung ermitteln dürfen. Auch wenn für die Beurteilung dieser Eigenschaft mehrere Faktoren herangezogen werden, so kann man bis zu einem Jahresgewinn von 60.000 € noch als Kleingewerbetreibender gelten. Die Voraussetzungen für die Nebenberuflichkeit sind deshalb in vielen Fällen nicht mehr gegeben.

Informieren Sie auf jeden Fall Ihre Krankenkasse, damit diese die Einstufung Ihrer Selbstständigkeit als neben- oder hauptberuflich vornehmen kann. Da sich der Aufwand an Zeit oft nur schwer abschätzen lässt, ist auch das Einkommen bei der Bewertung ein wichtiger Maßstab. Als Gründer müssen Sie den Gewinn prognostizieren, wobei der Businessplan als Grundlage dienen kann.
Als Vergleichsgröße spielt neben dem Einkommen aus dem Angestelltenverhältnis auch die monatliche Bezugsgröße eine Rolle. Diese ist ein Maßstab für die allgemeine Einkommensentwicklung und liegt in den alten Bundesländern 2018 bei 3.045 € und 2020 bei 3.115 € sowie in den neuen Bundesländern 2018 bei 2.695 € und 2020 bei 2.870 €. Zum Beispiel kann Ihre Selbstständigkeit unter bestimmten Bedingungen noch als nebenberuflich eingestuft werden, wenn Sie 30 Stunden wöchentlich arbeiten, aber Ihr Einkommen weniger als die Hälfte der monatlichen Bezugsgröße beträgt.
Sind Sie gemäß der Bewertung durch Ihre Krankenkasse nebenberuflich selbstständig, ist die Krankenversicherung über Ihren Arbeitgeber gesichert und Sie müssen keine zusätzlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zahlen. In den anderen genannten Fällen sind Sie nach wie vor über Familienangehörige, die Arbeitsagentur, das Jobcenter oder die Krankenversicherung der Rentner versichert.
Wird Ihre selbstständige Tätigkeit als hauptberuflich gewertet, endet Ihre gesetzliche Pflichtversicherung und Sie müssen sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder privat versichern. Sind Sie nebenbei noch angestellt, gilt dieses Arbeitsverhältnis als nebenberuflich und Sie sind darüber nicht mehr in der Kranken- und Pflegeversicherung versicherungspflichtig, aber immer noch in der Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Falls Sie eine private Krankenversicherung wählen, müssen Sie die gesetzliche innerhalb von zwei Wochen kündigen. Wenn Sie sich freiwillig versichern möchten und aktuell gesetzlich pflichtversichert sind, gegebenenfalls auch über die Familienversicherung, wechseln Sie beim Wegfall der Versicherungspflicht automatisch in die freiwillige Versicherung.
Wenn Sie nicht pflichtversichert sind, sich aber als Selbstständiger freiwillig versichern möchten, sind bestimmte Vorversicherungszeiten erforderlich. Sie müssen entweder in den letzten 5 Jahren 2 Jahre lang oder unmittelbar vor dem Erlöschen der Versicherungspflicht 1 Jahr lang gesetzlich versichert gewesen sein. In diesem Fall ist der Eintritt in die freiwillige Versicherung der GKV innerhalb von 3 Monaten nach der Gründung schriftlich bei einer Krankenkasse zu beantragen.
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Beitragseinstufung und Kosten der freiwilligen Krankenversicherung
Die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung der GKV ergeben sich aus dem Gesamteinkommen. Das bedeutet, der Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit wird mit dem Einkommen aus dem Angestelltenverhältnis und gegebenenfalls anderen Einnahmen wie aus Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung zusammengerechnet. Für das Einkommen aus dem Arbeitsverhältnis trägt der Arbeitgeber seinen Anteil am Beitrag. Für den Rest des Einkommens zahlen Sie den gesamten Beitrag selbst.
Vom Gesamteinkommen berechnet sich der Krankenversicherungsbeitrag mit 14, 6 % (mit Krankengeldanspruch) oder 14 % (ohne Krankengeldanspruch). Dazu kommen noch der individuelle Zusatzbeitrag der jeweiligen Krankenkasse und der Beitrag zur Pflegeversicherung. Letzterer beträgt im Jahr 2020 3,05 %, wenn Sie Kinder haben oder jünger als 23 Jahre sind, sonst 3,3 %.
Die Beitragsbemessungsgrenze ist die Obergrenze für das Einkommen, welches für die Berechnung der Beiträge herangezogen wird. Was darüber liegt, ist beitragsfrei. Im Jahr 2018 gilt eine Beitragsbemessungsgrenze von 4.425 € pro Monat und ab Anfang 2020 erhöht sie sich auf 4.537,50 €.
Das fiktive Mindesteinkommen begrenzt die Beiträge nach unten. Auch wenn der Gewinn deutlich geringer ist oder sogar Verlust entsteht, dient es als Mindest-Berechnungsgrundlage für den Beitrag. Mit Beginn des Jahres 2020 halbiert sich diese Mindestgrenze von den in 2018 noch gültigen 2.284 € auf 1.142 € monatlich. Die bisherige Sonderregelung für Härtefälle und Existenzgründer entfällt dadurch.
Legen Sie der Krankenkasse bei der Anmeldung Ihren Gewerbeschein und/oder den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung sowie eine plausible Schätzung Ihres Einkommens oder gegebenenfalls einen Steuer-Vorauszahlungsbescheid vor. Wenn Sie das Einkommen nicht nachweisen, legt die Krankenkasse bei der Beitragsermittlung den Höchstbetrag zugrunde. Der Monatsbeitrag würde dann im Jahr 2020 bei etwa 840 € liegen. Wenn Sie den Steuerbescheid später nachreichen, wird er neu berechnet und Sie bekommen zu viel gezahlte Beiträge für bis zu 12 Monate rückwirkend erstattet.
Nebenbei hauptberuflich selbstständig: Wann lohnt sich eine private Krankenversicherung?
Bewertet die Krankenkasse Ihr Business nicht als nebenberuflich selbstständig, ist die Krankenversicherung über ein privates Versicherungsunternehmen die Alternative zur freiwilligen Versicherung in der GKV. Wägen Sie folgende Vor- und Nachteile einer privaten Krankenversicherung gegeneinander ab:
Vorteile der PKV
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Nachteile der PKV
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Günstige Beiträge für junge, gesunde Versicherte |
Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich
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Vorteile bei der ärztlichen Behandlung, z. B. schnellere Terminvergabe |
Gesundheitsprüfung bei der Aufnahme
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Oft umfangreichere Leistungen
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Bei Vorerkrankungen höhere Beiträge oder Verweigerung der Aufnahme
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Individuelle Zusatzleistungen wählbar
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Mit dem Alter steigende Beiträge
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Einkommen beeinflusst den Beitrag nicht |
Keine kostenfreie Familienversicherung möglich
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Beitrag lässt sich durch Selbstbeteiligung senken |
Medizinische Leistungen müssen zunächst selbst bezahlt werden (anschließende Erstattung)
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Möglichkeit der Bildung von Altersrückstellungen zur späteren Beitragssenkung |
Im Alter kein Anspruch auf die günstige Krankenversicherung der Rentner
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Mithilfe des Vergleichsrechners können Sie testen, welche Kosten bei der privaten Krankenversicherung verschiedener Anbieter entstehen.
Kommentare
Gast
20. Januar 2020 - 10:31
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Guter Artikel
Guter Artikel
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