Eigenkapital: Finanzierung der Selbstständigkeit dank Investorengeld & anderen privaten Mitteln
Schnellcheck Eigenkapital – die wichtigsten Fragen auf einen Blick
Grundlegende Informationen zum Eigenkapital finden Sie in den folgenden FAQ-Antworten, die den Einstieg in das Thema erleichtern:
Erfahren Sie im Folgenden mehr darüber, was zum Eigenkapital gehört, wie es sich vom Fremdkapital unterscheidet und welche Funktionen es erfüllt.
Eigenkapital: Arten, Funktionen & Quellen
Das Eigenkapital ergibt sich rechnerisch durch Abzug aller Verbindlichkeiten vom Unternehmensvermögen, welches wiederum der Summe des Wertes der Vermögensgegenstände auf der Aktivseite der Bilanz entspricht. Wie Eigenkapital in der Bilanz ausgewiesen werden muss, richtet sich nach der Rechtsform. Bei Personengesellschaften führt man Kapitalkonten für jeden Gesellschafter. Für Kapitalgesellschaften ist die Bilanzgliederung im HGB detaillierter geregelt. Diese untergliedern das Eigenkapital in der Jahresbilanz in folgende Bestandteile:
Im Gegensatz zum Fremdkapital weist das Eigenkapital folgende Eigenschaften auf:
Es gibt Finanzierungsformen, die sich nicht eindeutig dem Eigen- oder Fremdkapital zuordnen lassen. Diese Mischformen fasst man unter dem Begriff Mezzanine-Kapital zusammen. Mezzanine kommt oft dann zum Einsatz, wenn es schwierig ist, Fremdkapital zu erhalten, aber Beteiligungen neuer Investoren mit Mitbestimmungsrechten nicht für das Unternehmensvorhaben passend sind.
Funktionen von Eigenkapital
Das Eigenkapital ist für ein Unternehmen aus unterschiedlichen Gründen von Bedeutung. Das sind seine wichtigsten Funktionen:
Quellen von Eigenkapital
Das Eigenkapital eines Unternehmens wird zunächst bei der Gründung gebildet, indem der oder die Inhaber bzw. Gesellschafter ihre Anteile in Form von Geld oder Sachmitteln einbringen. Aber auch später kann das Eigenkapital noch erhöht werden. Für diese Selbstfinanzierung gibt es folgende Möglichkeiten:
Lesen Sie im nächsten Abschnitt, welche Vor- und Nachteile die Selbstfinanzierung im Vergleich zur Fremdfinanzierung hat.
Vor- und Nachteile von Eigenkapital
Ob für die Gründung oder zur Finanzierung des Unternehmenswachstums bzw. einzelner Investitionen, bei erhöhtem Kapitalbedarf ist immer zu entscheiden, in welchem Umfang dieser durch zusätzliches Eigen- oder Fremdkapital gedeckt werden soll. Folgende Tabelle stellt einige Vor- und Nachteile der Eigenkapitalfinanzierung gegenüber.
Für die Entscheidung zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung spielt neben der Höhe der benötigten Summe auch die aktuelle Eigenkapitalquote eine Rolle, d. h., das Verhältnis des Eigenkapitals zum Gesamtkapital. Als Faustregel gilt, dass diese mindestens 30 % betragen sollte, wobei es allerdings auch branchenabhängige Unterschiede gibt.
Möglichkeiten zur Eigenkapitalfinanzierung für Start-ups und Selbstständige
Bei einer geplanten Eigenfinanzierung besteht die Herausforderung darin, den Kapitalbedarf ausreichend zu decken. Wenn Inhaber, Gesellschafter oder Gründer das Kapital nicht selbst zur Verfügung stellen können, müssen sie Investoren finden. Lernen Sie im Folgenden einige Möglichkeiten der Eigenkapitalfinanzierung kennen.
Accelerator
Acceleratoren sollen die Entwicklung sehr junger Start-ups innerhalb weniger Wochen beschleunigen, hauptsächlich mit Sachleistungen wie Arbeitsmitteln oder Mentoring, zum Teil auch mit Anschubfinanzierungen oder Stipendien. Als Gegenleistung fordern viele der Unterstützer die Übernahme von Unternehmensanteilen, meist für einen begrenzten Zeitraum, in dem ein besonders großer Wertzuwachs erwartet wird. Es gibt aber auch öffentlich finanzierte Accelerator-Programme, bei denen die Teilnehmer keine Anteile abgeben müssen, weshalb es sich in diesen Fällen nicht um Eigenkapitalfinanzierung im engeren Sinne handelt.
Beteiligungsfinanzierung
Die Beteiligungsfinanzierung fasst alle Finanzierungsformen mit Eigenkapital von außen zusammen. Dazu gehören Erhöhungen der Gesellschafter-Einlagen sowie die Aufnahme neuer Gesellschafter. Diese Kapitalerhöhung kann sowohl durch finanzielle als auch durch Sachmittel erfolgen. Hierbei verändern sich häufig die Anteilsverhältnisse, was Verschiebungen der Einflussmöglichkeiten einzelner Gesellschafter zur Folge haben kann.
Bootstrapping
Bootstrapping ist eine Form der Gründungsfinanzierung, die ausschließlich mithilfe eigener Mittel des oder der Gründer erfolgt. Fördergelder, Preisgelder oder die Unterstützung durch Family & Friends können ebenfalls zu den Kapitalquellen zählen. Aber es werden keine Kredite aufgenommen und keine externen Investoren beteiligt. Bootstrapping erfordert sehr viel Eigenleistung und Kostenbewusstsein. Ein häufiges Motiv ist, dass sich die Gründer nicht in ihrer Entscheidungsfreiheit einschränken lassen möchten.
Business Angels
Business Angels sind vermögende und gründungserfahrene Privatpersonen, die in junge, vielversprechende Start-ups investieren. Dabei bringen sie nicht nur Kapital ein, sondern engagieren sich auch persönlich. Die Start-ups profitieren somit auch vom Fachwissen und dem Netzwerk des Business Angels. Diese Investoren übernehmen Unternehmensanteile, meist zwischen 5 und 30 %, aber nur für wenige Jahre. Sie hoffen auf einen schnellen Wertzuwachs dieser Anteile, die sie dann mit hohem Gewinn verkaufen möchten.
Business Inkubator
Ein Business Inkubator funktioniert ähnlich, wie ein Accelerator. Der Unterschied besteht darin, dass Inkubator-Programme länger dauern, meist mehrere Monate. Es geht weniger um die Beschleunigung der Geschäftsentwicklung in einer sehr frühen Phase, sondern Start-ups mit einer ausgereiften Idee sollen diese unter leistungsfördernden Bedingungen ausbauen können. Dafür werden ebenfalls hauptsächlich Sachwerte wie Arbeitsplätze, Infrastruktur und persönliche Unterstützung angeboten, zum Teil auch finanzielle Mittel. Wie auch bei den Acceleratoren fordert man dafür häufig, aber nicht immer, Unternehmensanteile als Gegenleistung.
Crowdfunding
Beim Crowdfunding geht es immer um die Finanzierung eines bestimmten Projekts, welches auf einer darauf spezialisierten Plattform vorgestellt wird. Die benötigte Summe soll aus den Einzelbeiträgen vieler Geldgeber entstehen, die dafür zwar eine (oft nur symbolische) Prämie erhalten können, aber sonst keine weiteren Ansprüche erwerben. Crowdfunding eignet sich für gemeinnützige Zwecke, aber auch zur Vorfinanzierung bestimmter Produkte, wobei ein Anrecht auf dieses Produkt als Prämie angeboten werden kann. Es handelt sich hierbei nicht um eine Eigenkapitalfinanzierung im engeren Sinne, da keine Unternehmensanteile abgegeben werden.
Crowdinvesting
Auch Crowdinvesting wird über Internet-Plattformen abgewickelt. Ebenso besteht das Prinzip darin, dass viele Kapitalgeber mit kleinen Einzelbeiträgen eine größere Summe finanzieren. Allerdings sind diese Beteiligungen Investitionen. Das bedeutet, die Investoren erhalten nach einer vereinbarten Beteiligungsdauer ihr Geld zurück, und zusätzlich Gewinnbeteiligungen. Die einzelnen Plattformen definieren unterschiedliche Rahmen für die Gesamtsumme und die Beteiligungsdauer. Dabei wird die Finanzierung nur dann durchgeführt, wenn innerhalb eines bestimmten Zeitraumes die vorher festgelegte Fundingschwelle erreicht wird, also ausreichend Investoren Interesse zeigen.
Gesellschafterdarlehen
Das Gesellschafterdarlehen gehört nicht zum Eigenkapital, sondern zum Mezzanine-Kapital. Es entsteht dadurch, dass ein Gesellschafter, der nicht voll mit seinem Privatvermögen haftet, dem Unternehmen ein Darlehen gewährt. Dass dieses nicht zum Fremdkapital gezählt wird, liegt daran, dass Gesellschafterdarlehen im Insolvenzfall nachrangig nach den Forderungen der anderen Gläubiger bedient werden, wodurch ein gewisser Eigenkapitalcharakter entsteht.
Mezzanine
Unter dem Begriff Mezzanine-Kapital fasst man verschiedene Finanzierungsinstrumente zusammen, die sich nicht eindeutig dem Eigen- oder Fremdkapital zuordnen lassen. Typisch dafür sind die zeitliche Begrenzung der Kapitalüberlassung sowie die Nachrangigkeit im Insolvenzfall. Auch muss das Unternehmen im Gegensatz zu reinen Fremdfinanzierungen keine Sicherheiten vorweisen können. Beispiele dafür sind Nachrangdarlehen, Genussrechte und Wandelanleihen.
Private Equity
Private Equity umfasst Investitionen von Beteiligungsgesellschaften in nicht börsennotierte Unternehmen. Private-Equity-Gesellschaften sammeln Kapital verschiedener Anleger in eigenen Fonds, welches sie dann investieren. Im Fokus stehen dabei Unternehmen, bei denen eine hohe Wertsteigerung zu erwarten ist, sodass der Verkauf der Anteile nach einigen Jahren eine entsprechend attraktive Rendite bringt. Die Gesellschaften übernehmen meist Mehrheitsbeteiligungen und bringen sich aktiv in die Unternehmensführung ein.
Stille Beteiligung
Ein stiller Gesellschafter überlässt dem Unternehmen Kapital und erhält dafür entsprechende Gewinnbeteiligungen, aber – zumindest bei der typischen stillen Gesellschaft – keine Mitbestimmungsrechte. Im Innenverhältnis zwischen dem Unternehmen und dem Kapitalgeber entsteht eine stille Gesellschaft. Sie wird nicht ins Handelsregister eingetragen und hat auch selbst kein Vermögen. Stille Beteiligungen gehören ebenfalls zum Mezzanine-Kapital.
Venture Capital
Venture Capital ist eine Sonderform des Private Equity, die speziell für innovative Start-ups mit skalierbarem Geschäftsmodell interessant ist. Venture Capitalists übernehmen i. d. R. Minderheitsanteile für einen begrenzten Zeitraum und bringen ihre Kompetenzen sowie Netzwerkkontakte in das Unternehmen ein. Für Start-ups auf Investorensuche ist es eine besondere Herausforderung, Venture Capitalists zu überzeugen. Sie sollten entsprechende Kontaktaufnahmen gut vorbereiten und dafür u. a. einen Elevator Pitch erstellen.
Welche Eigenkapitalfinanzierung passt zu mir?
Nicht jede der genannten Finanzierungsformen eignet sich für jedes Vorhaben. Darüber hinaus spielen auch noch weitere Aspekte bei der Entscheidung eine Rolle, z. B. die Rechtsform oder inwiefern die Abgabe von Mitspracherechten eine Option ist. Die folgende Tabelle liefert einige Anhaltspunkte dafür, in welcher Situation sich welche Finanzierungsinstrumente anbieten.
SITUATION | GEEIGNETE FINANZIERUNGSINSTRUMENTE |
---|---|
Gründung mit einer skalierbaren Geschäftsidee | Venture Capital, Business Angel, Accelerator, Business Inkubator |
Wachstumsfinanzierung innovativer Geschäftsmodelle | Private Equity |
Gründung oder Wachstumsfinanzierung innovativer Unternehmen, wenn sich die Erfolgschancen gut und einfach erklären lassen | ergänzend zu den oben genannten Möglichkeiten: Crowdinvesting |
Vorfinanzierung eines besonders attraktiven Produkts oder gemeinnütziges Geschäftsmodell | Crowdfunding |
Gründung, wenn ausreichend privates Kapital vorhanden ist | Bootstrapping |
Gründung oder besonderer Kapitalbedarf, wenn Beteiligung fremder Kapitalgeber kein Problem ist (Mitsprache, Gewinnbeteiligung) | Beteiligungsfinanzierung |
Kapitalbedarf, aber Mitspracherechte sollen nicht abgegeben werden | Stille Beteiligung |
Kapitalbedarf für begrenzten Zeitraum, aber Mitspracherechte sollen nicht oder nur in geringem Umfang abgegeben werden | Mezzanine-Kapital |
Buy-out (Kauf des Unternehmens durch das Management oder andere Stakeholder) | Private Equity, Beteiligungsfinanzierung, Mezzanine-Kapital |
Turnaround (Umstrukturierung aufgrund einer Krise) | Private Equity, Beteiligungsfinanzierung, Mezzanine-Kapital |
Es ist nicht notwendig, sich auf eine Form der Eigenkapitalfinanzierung zu beschränken. Häufig werden mehrere miteinander kombiniert.
Fazit: Verschiedene Möglichkeiten für die Finanzierung mit Eigenkapital
In bestimmten Situationen spricht vieles dafür, einen vorhandenen Kapitalbedarf mit Eigenkapital zu decken, anstatt Kredite aufzunehmen. Das ist regelmäßig bei Gründungen der Fall. Aber auch für das Unternehmenswachstum, Investitionen oder andere Finanzierungszwecke kommt nicht in jedem Fall ausschließlich Fremdkapital infrage, z. B. weil sonst die Verschuldungsgefahr steigt und die Bonität sinkt. Für Eigenfinanzierungen gibt es verschiedene Möglichkeiten, die sich jeweils für unterschiedliche Ausgangssituationen und Präferenzen eignen.
Roul Radeke ist Gründer und Geschäftsführer von Selbststaendigkeit.de. Das Onlineportal bietet Existenzgründern und Unternehmern News aus der Gründer- und Unternehmerszene, hilfreiches Wissen für die Gründung und Führung von Unternehmen, geförderte Existenzgründungsberatung (AVGS-Coaching) sowie digitale Produkte für die Selbstständigkeit.