Elias, was ist Dein wichtigster Tipp für Jungunternehmer, die gerade selbst gegründet haben?
Schwierige Frage gleich zu Anfang… Wenn ich hier Tipps geben würde, hieße das ja, dass ich mir relativ sicher bin, dass das was ich so mache tatsächlich das Richtige ist. Und ganz ehrlich, eine Erfahrung, die man als Gründer macht: Man hat oft sehr wenig Ahnung von dem, was als nächstes zu tun ist. Aber da muss man durch. Erst die Geschichte wird zeigen, ob MinuteHero wegen - oder vielleicht trotz - meiner Handlungen erfolgreich wird.
Wenn ich einen ziemlich sicheren Tipp loswerden kann, dann diesen: Die meisten Leute sind unglaublich hilfsbereit, wenn man sie nur nett fragt. Man muss sich nur trauen.
Von welchen Top 3 Learnings könnten andere Gründer von Dir profitieren?
Ich habe durch die Gründung von MinuteHero sehr viel über mich selber gelernt. Früher hätte ich mich selber zum Beispiel als sehr unemotionalen und eher stoischen Menschen bezeichnet, zumindest was die Arbeit angeht. In der Beratung, wo ich ja herkomme, bekommt man mit den Jahren ein ziemlich dickes Fell und wahrt in den allermeisten Situationen die professionelle Contenance. Ich hätte nie gedacht, wie sehr das Klischee von der emotionalen Achterbahnfahrt der Start-Up Gründung auch auf mich zutrifft.
Weiterhin kann ich wirklich jedem nur raten: Sucht Euch ein gutes Team. Es mag Leute geben, die alleine durchstarten können. Ich selber habe schon zweimal zuvor einen Anlauf unternommen. Beide Male ist es unter anderem an der mangelnden Unterstützung gescheitert. Es ist so wertvoll sich im Team auszutauschen. Und es hilft, wenn einem manchmal einer in den Hintern tritt und auch mal über ein Motivationsloch hinweghilft.
Das dritte Learning für mich war auch mal Nein zu sagen. Nein, wir bewerben uns nicht für diesen Accelerator. Nein, wir gehen nicht auf diese Veranstaltung. Nein, wir machen kein Side Project für Kunden XYZ. Als Berater neigt man ja dazu, dem Kunden alles recht machen zu wollen und tendenziell mehr als versprochen zu machen. Da muss ich mich wirklich hart am Riemen reißen, mir das abzugewöhnen. Meine Mitgründer sind da deutlich besser als ich und bremsen mich da gut ein.
Was ist Euer Geschäftsmodell?
Das Geschäftsmodell von MinuteHero ist relativ einfach: Für Einzelkunden, Teams und kleine Unternehmen ist MinuteHero als Subscription online verfügbar, zu Preisen zwischen 29 € und 199 €. Die Pakete unterscheiden sich in der Zahl der enthaltenen Protokolle und parallel möglichen Calls. Für größere Unternehmen wird es eine Enterprise Lösung mit erweiterten Funktionen und einem auf der Anzahl der erstellten Protokolle basierenden Abrechnungsmodell geben.
Wer ist Eure Zielgruppe?
MinuteHero ist ein reines B2B-Produkt. Eigentlich kann man MinuteHero für jede Art von Meeting nutzen. Besonders gut geeignet ist er natürlich für eher strukturierte Meetings, bei welchem Entscheidungen getroffen oder Aufgaben vergeben werden.
Diese vielseitige Nutzbarkeit stellt das langfristige Potenzial von MinuteHero dar. Kurzfristig konzentrieren wir uns auf ein Marktsegment, und zwar Unternehmensberatungen. Unser idealer Kunde ist in der jetzigen Phase eine Beratung mit 50-100 Beratern, vielleicht zwei, drei internationalen Offices und internationalen Kunden. Wir glauben, dass MinuteHero ein perfektes Tool für sie ist: Sie müssen täglich eine Reihe von Meetings protokollieren, da ist MinuteHero eine große Hilfe. Und wir profitieren davon, dass sie MinuteHero zu ihren Kunden tragen und so als Multiplikator wirken.
Wie macht Ihr das mit der Spracherkennung?
Spracherkennung ganz allgemein hat in den letzten Jahren durch künstliche Intelligenz und besonders durch Unsupervised Learning in neuronalen Netzen enorme Fortschritte gemacht. Da stützen wir uns also auf die Arbeit der ganz Großen wir Google, IBM, Microsoft und Nuance. Nichtsdestotrotz müssen wir ja auch unsere eigenen Conversational Interfaces bauen – und dafür braucht man Daten, und zwar ganz spezifische Trainingsdaten. Das ist natürlich ein Henne-Ei-Problem – ohne Nutzung des Service keine Trainingsdaten, ohne Daten kein funktionierender Service… Wir haben dieses Problem so gelöst, indem wir zunächst einen „Concierge-MVP“ gebaut haben – wir haben den Spracherkenner händisch simuliert. Damit konnten wir dann Test-Calls machen, deren Aufzeichnungen wiederum den Spracherkenner besser machen. Automatisierung ist also nicht immer die Lösung – manchmal ist das bewusste Nicht-Automatisieren auch ein guter Ansatz.
MinuteHero – wie „Alexa für Meetings“ für produktivere Meetings sorgt, minutehero.net
Wie bist Du darauf gekommen MinuteHero zu gründen?
MinuteHero ist ein klassischer Fall von „scratch your own itch“. Als ich noch als freier Berater gearbeitet habe, bin ich abends von meinem Kunden zurück ins Hotel gelaufen und war leicht frustriert bei dem Gedanken, dass ich mir jetzt noch schnell an der Hotelbar was zum Essen reinschiebe und dann noch vier Protokolle von wichtigen Meetings zu schreiben hatte. Als Freelance-Berater hat man ja nicht den Luxus sowas an Praktikanten oder Juniors abdrücken zu können, wie das in größeren Beratungen üblich ist. Die Frustration darüber hat den Stein ins Rollen gebracht.
Der Unternehmensname kam mir dann beim Joggen. Die ursprüngliche Idee war eigentlich „MinuteMan“, aber die Assoziation zu Interkontinentalraketen wollten wir dann doch vermeiden.
Was ist das Einzigartige an MinuteHero?
Ich will jetzt natürlich nicht allzu viel von unserer „Secret Sauce“ verraten, aber was uns schon differenziert ist die Tatsache, dass wir komplett plattform- und Device-unabhängig funktionieren. MinuteHero steht auf Skype genauso zur Verfügung wie in einem klassischen Conference Call.
Darüber hinaus ist der Protokollassistent ja nur der erste Schritt, unser „Minimum Viable Product“. Unsere Vision geht ja deutlich weiter – wir wollen MinuteHero mit Hilfe von künstlicher Intelligenz stetig schlauer und damit nützlicher machen. Und er soll idealerweise komplett in den Workflow von Teams eingebettet sein; Integrationen mit Slack, Salesforce, Trello und anderen Tools sind da natürlich ein Riesenthema.
Habt Ihr von Anfang an Einnahmen erzielt?
Wir sind mitten drin in der Durststrecke – wir haben zwar erste Kundenzusagen und unterschriebene LOIs, aber noch ist unser Produkt in der Betaphase. Da verdienen wir noch kein Geld.