Was ist Euer wichtigster Tipp für Jungunternehmer, die gerade selbst gegründet haben?
Marino: Ich rate immer, sich so weit wie möglich finanziell autark aufzustellen, also keine großen Darlehen aufzunehmen. Das geht zum Beispiel indem man ein Business entwickelt, für das keine großen Anschaffungen, wie z.B. Maschinen, notwendig sind. Oder man versucht, das Produkt bzw. die Dienstleistung so schnell wie möglich in den Umlauf zu bringen, um so erste Mittel zu generieren, die für die Weiterentwicklung genutzt werden können. Und die Balance zwischen Arbeit und Privatleben, d.h. Familie ist mir sehr wichtig. Jungunternehmer mit Anhang benötigen in der Startphase viel Rückendeckung von zu Hause. Da ist es wichtig, dass die Lieben nicht zu kurz kommen.
Kirchberg: Durchhaltevermögen, denn die Rückschläge kommen sowieso.
Was waren Eure 3 größten Herausforderungen in der Startphase?
Marino: Eine der größten Herausforderungen war, den Schalter umzulegen vom Angestelltenverhältnis zur Selbstständigkeit. Plötzlich ist da niemand mehr, der dich antreibt oder kontrolliert. Man ist auf sich gestellt, schöpft die ganze Motivation und den Antrieb aus sich selbst. Das ist ein Lernprozess. Dann die schon erwähnte Work Life Balance. Bei mir ist das leider am Anfang etwas untergegangen – darum habe ich jetzt ein besonderes Augenmerk darauf. Und als dritten Punkt würde ich sagen, mehr Zeit für die Geschäftsentwicklung einzuplanen. Das Tagesgeschäft nimmt viele so in Beschlag, dass sie versäumen regelmäßig bewusst Abstand zu nehmen und in die Zukunft zu blicken. Bei der Geschwindigkeit, mit der sich der Markt heutzutage weiterentwickelt, ist das jedoch ganz essentiell!
Kirchberg: Den hohen administrativen Aufwand zu meistern war eine meiner größten Herausforderungen; vieles selbst zu tun, was früher Kollegen erledigt haben. Auf sich selbst gestellt sein. Und natürlich auch, mit Existenzängsten umgehen zu lernen! Menschen mit einem großen Bedürfnis nach Sicherheit sollten diesen Weg besser nicht einschlagen.
Wie sieht Euer Geschäftsmodell aus?
Kirchberg: Wir sind eine Crowd Investing Plattform mit einer 4-Anlageklassen-Philosophie. Bei uns können Projektinitiatoren auf zwei Wegen die Crowd ansprechen: 1. über ein öffentliches Angebot im Rahmen des Kleinanlegerschutzes, und 2. in Form eines Private Placement als nicht-öffentliches Angebot an größere Investoren. Unser Ziel ist, dass die Investoren, egal ob mit großen oder kleinen Beträgen, eine Portfolio-Strategie verfolgen können.
Wer ist Eure Zielgruppe und über welche Kanäle gewinnt Ihr sie?
Marino: Wir sprechen weniger von Zielgruppen als von Zielpersonen. Wir haben mehrere Buyer Personas, d.h. beispielhafte Personen mit ihren Eigenschaften, Problemen und Herausforderungen, definiert und stimmen darauf unser Angebot und unsere Kommunikation ab. Zu unseren Buyer Personas gehören z.B. der Business Angel, der in Form von Private Placement investieren möchte, der Manager, der nach attraktiv verzinsten Investmentmöglichkeiten sucht, und der Junge Anleger, der vor allem in innovative und nachhaltige Projekte sein Geld anlegen möchte.
Lukrativ Geld anlegen und dabei sinnvolle Projekte unterstützen
Habt Ihr direkt nach der Firmengründung Geld verdient?
Marino: Als neue Plattform ist es sehr schwierig sofort Geld zu verdienen. Zunächst muss man sich darum kümmern eine gewisse öffentliche Aufmerksamkeit zu erreichen, in unserem Fall eine Crowd aufzubauen. Das kostet anfangs viel Zeit, Energie und Geld – da man einiges in die Kommunikationsstrategie und das Marketing investieren muss. Gleichzeitig ist es wichtig, die richtigen Projekte zu akquirieren, die möglichst viele Menschen ansprechen und die der Plattform einen guten Start ermöglichen.
Im Bereich Private Placement sieht es etwas anders aus, da wir dort unseren bereits existierenden Investorenstamm ansprechen – da geht das Funding etwas zügiger. Allerdings sind längst nicht alle Projekte für Großinvestoren geeignet, da diese nur bestimmte Arten von Unternehmen suchen und sich in den meisten Fällen direkt beteiligen wollen. Und das wiederum ist bei “klassischen” Crowdinvesting Projekten ja gar nicht gewünscht…. … Die Herausforderung besteht darin, hier eine gute Balance zu finden, um kostendeckend zu arbeiten.
Habt Ihr Euch sofort Vollzeit selbstständig gemacht?
Beide: Ja.
Wie sieht aktuell Deine Arbeitswoche aus?
Marino: Sie beginnt um 8.00 Uhr in der Früh im Büro und endet offiziell gegen 18 Uhr im Büro. Allerdings geht es danach noch weiter. Entweder bin ich auf Veranstaltungen, bilde mich weiter und netzwerke – oder ich erledige noch Sachen im Home Office…
Wo soll transvendo in 5 Jahren stehen?
Kirchberg: Das Crowdinvesting ist trotz seiner immerhin fünfjährigen Geschichte in Deutschland noch sehr jung. Wir arbeiten bereits an den nächsten Beteiligungsmöglichkeiten und Produkten, die über eine Plattform vermarktet werden können. Unser Hauptziel ist es, unsere Anlageklasse-Philosophie, d.h. das breite Projektangebot, konsequent weiter auszubauen und eine Vielzahl von attraktiven Investment-Möglichkeiten anzubieten.
Interne wie externe Prozesse möchten wir weiter standardisieren.
Und es wäre natürlich schön, wenn sich transvendo auch über die Landesgrenzen hinaus etabliert, d.h. vorerst im D-A-CH-Bereich, und später EU-weit.
Darüber hinaus knobeln wir an einem Modell, wie wir Investoren eine bessere Verwaltung Ihrer Vermögen gewährleisten können. Also an Ideen mangelt es nicht ;-)...
Herzlichen Dank für das Interview! Wir wünschen Euch weiterhin viel Erfolg und freuen uns jetzt schon darauf Neues von Dir und transvendo zu hören!