Als Gründer oder Führungskraft sind Sie mit Situationen vertraut, in denen Sie sich für ein bestimmtes Verhalten gegenüber Ihren Mitarbeitern entscheiden. Dabei wenden Sie bewusst oder unbewusst einen oder mehrere Führungsstile an. Erfahren Sie im folgenden Artikel, welche es gibt und wie zukunftsfähig diese sind, was die Entscheidung für einen bestimmten Stil beeinflusst und worauf Sie bei der Mitarbeiterführung generell achten müssen. Verdeutlicht wird das Ganze durch zwei Beispiele aus der Praxis.
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Schnellcheck Führungsstile – die wichtigsten Fragen auf einen Blick
Sie möchten durch die Optimierung Ihrer Mitarbeiterführung mehr erreichen und sich deshalb über Führungsstile informieren? Folgende häufig gestellte Fragen bieten einen Einstieg in das Thema:
- Was sind Führungsstile?
Ein Führungsstil bezeichnet die Art und Weise, wie Vorgesetzte im Rahmen ihrer Führungsaufgabe auf ihre Mitarbeiter einwirken. - Was gibt es für Führungsstile?
In der Fachliteratur werden viele Führungsstile beschrieben, u. a. der kooperative, situative und agile. In der Praxis haben sich zudem zahlreiche innovative Führungsstile etabliert. - Welcher Führungsstil ist der Beste?
Welche Führungsstile sich für welche Situation am besten eignen, hängt von mehreren Faktoren ab, z. B. der Größe und der Branche, aber auch der jeweiligen Teamstruktur und Unternehmenskultur.
Lernen Sie im folgenden Abschnitt einige Führungsstile kennen. Der Fokus liegt dabei auf denen, die den Anforderungen der modernen Arbeitswelt gerecht werden.
Führungsstile und ihre Zukunftsfähigkeit im Überblick
Unternehmen stehen heute vor allem aufgrund der umfangreicheren technischen Möglichkeiten und der dadurch gewachsenen Ansprüche der Kunden vor anderen Herausforderungen als noch vor einigen Jahrzehnten. Traditionelle Führungsstile, die als autoritär, autokratisch oder patriarchalisch bekannt sind, und bei denen Aufgaben und Regeln hauptsächlich direktiv vorgegeben werden, eignen sich kaum noch für die digitalisierte und globalisierte Arbeitswelt. Remote Work, d. h. die Arbeit an einem anderen Ort als dem Arbeitsplatz, etwa im Homeoffice, bietet neue Chancen und erfordert eine besondere Führung. Auch die Ansprüche der Mitarbeiter haben sich geändert, z. B. im Hinblick auf selbstbestimmtes Arbeiten und die Work-Life-Balance.
Die Fachliteratur beschreibt mehrere Führungsstile. In der Praxis finden diese jedoch selten in ihrer Reinform Anwendung, sondern werden oft miteinander kombiniert. Lernen Sie die wichtigsten Modelle mit ihren Vor- und Nachteilen kennen.
FÜHRUNGSSTIL | BESCHREIBUNG | VORTEILE | NACHTEILE |
---|---|---|---|
Kooperativer Führungsstil nach Kurt Lewin | - Kooperation von Führungskraft und Mitarbeitern - offene Kommunikation und Diskussion - Delegieren von Verant- wortung - Mitarbeitermotivation | - Entlastung der Führungskraft durch selbstständigeres Personal - Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter - motivationsfördernd | - längere Einigungs- prozesse - Konkurrenzkämpfe unter den Mitarbei- tern möglich - Erfolg hängt stark von den Fähigkeiten und dem Engagement des Personals ab |
Laissez-faire Führungsstil nach Kurt Lewin | - „Laissez-faire“ bedeutet wörtlich „machen lassen“ - Ziele werden vorgegeben, aber große Freiheiten bei der Umsetzung - erfordert großes Vertrauen | - fördert Selbstständig- keit und Kreativität - ermöglicht agiles Arbeiten - Teams können sich den vorhandenen Kompe- tenzen entsprechend selbst organisieren | - Freiheiten können missbraucht werden - stellt hohe Anforder- ungen an das Personal hinsichtlich der Selbst- organisation und Abstimmung unter- einander (Gefahr der Überforderung) - Ausbildung ungüns- tiger Hierarchien als Ersatz für fehlende Führung möglich |
Partizipativer Führungsstil nach Kurt Lewin | - Führungskraft sieht sich als Teil des Teams - Delegation von Verant- wortung - Führung hat vor allem eine Vermittlungs- funktion | - höhere Motivation der Geführten durch wert- schätzende Kooperation - Förderung der Selbst- ständigkeit durch Über- tragung von Verant- wortung | - eventuell längere Einigungsprozesse - mögliche Anpassungs- schwierigkeiten, wenn Mitarbeiter das Hierarchiedenken gewohnt sind und sich damit arrangiert haben |
Charismatischer Führungsstil nach Max Weber | - Führungskraft nutzt ihre persönliche Ausstrahlung, Eloquenz und Über- zeugungskraft, um das Personal zu beeinflussen - Voraussetzung ist ein entsprechendes Charisma | - hohe Motivations- wirkung - Geführte lassen sich gut lenken | - Form der Mani- pulation, die auch missbraucht werden kann - Konzentration der Entscheidungskompe- tenz auf eine Person und dadurch höhere Wahrscheinlichkeit für Fehlentscheidungen - kann zu Abhängig- keiten führen |
Adaptiver Führungsstil | - Förderung der Selbst- organisation statt Macht- ausübung - Unterstützung der Geführten bei der An- passung an sich schnell verändernde Bedingun- gen und Anforderungen - Anpassung an sich wandelnde Fähigkeiten der Mitarbeiter | - fördert die Anpassung der Mitarbeiter und des Unternehmens an kom- plexe Veränderungen - ermöglicht agile Ent- scheidungen - hilft beim Aufbrechen tradierter Hierarchien und Machtstrukturen | - anspruchsvoll, da das Verständnis der Dynamiken und Zusammenhänge im Unternehmen vorhanden sein muss |
Integrativer Führungsstil | - gemeinsame Entschei- dungsprozesse im Team - Führungsaufgabe ist die Koordination des Entscheidungsprozesses - schließt autoritäre Entscheidungen nicht aus, falls keine Einigung erzielt werden kann - Integration anderer Führungsstile, indem deren Nachteile eliminiert und Vorteile bewahrt werden | - hohe Motivation, da Entscheidungen mitge- tragen werden - Förderung der Entschei- dungskompetenz und Eigenverantwortung der Mitarbeiter | - anspruchsvoll - erfordert Disziplin |
Vernetzter Führungsstil | - beschreibt besondere Führungsaufgabe bei Remote Work - Schwerpunkt liegt auf virtueller Kommunikation - Unterstützung der Mit- arbeiter in ihrer Selbst- organisation erfordert Vertrauen | - Ortsunabhängigkeit bietet mehr Möglich- keiten, z. B. Zusammen- arbeit von Experten über großem Distan- zen, internationale Teams - Vorteile für Mitarbeiter, die sich für diese Arbeitsform eignen (u. a. Zeit- und Kosten- ersparnis im Vergleich zur Präsenzkultur) | - persönlicher Kontakt nicht immer gleich- wertig ersetzbar - Entwicklung des Teamspirits schwieriger |
Innovativer Führungsstil | - schafft Strukturen und Bedingungen, die das Entstehen von Innova- tionen fördern - Beispiele für Führungs- aufgaben: Bildung innova- tiver Teams, Übertragung von Eigenverantwortung, Anregung durch Kreativ- techniken, Ideen- management | - schafft gute Voraus- setzungen für Innovationen - hohe Arbeitszufrieden- heit kreativer, eigen- verantwortlich denken- der und teamfähiger Mitarbeiter | - funktioniert nicht mit allen Mitarbeitern - Ergebnisse schlecht planbar |
Agiler Führungsstil | - Abgleich von Arbeits- ergebnissen und Anfor- derungen in kurzen Zeit- abschnitten anstatt langen Planungsphasen - schnelle Anpassungs- fähigkeit an geänderte Bedingungen im Mittel- punkt | - schnelle Entscheidungs- findung - hohe Reaktionsfähig- keit, z. B. auf veränderte Markt- bedingungen oder Kundenwünsche | - passende Organisa- tionsstruktur als Vor- aussetzung - hohe Anforderungen an Mitarbeiter hin- sichtlich Kommuni- kation und Feedback- kultur |
Situativer Führungsstil | - Anpassung des Führungs- verhaltens sowohl an die individuellen Voraus- setzungen des Mit- arbeiters als auch an die jeweilige Situation - situationsbezogene Aktionen: dirigieren, überzeugen, teilhaben, delegieren | - fördert jeden Mit- arbeiter optimal - wirkt sich positiv auf die Mitarbeiter- zufriedenheit aus | - stellt hohe Anforder- ungen an Vorgesetzte - erfordert Erfahrung |
Transformationaler Führungsstil | - setzt stark auf die Vor- bildwirkung der Führungs- kraft - Motivation und Vermitt- lung von Visionen im Mittelpunkt - gekennzeichnet durch Vertrauensbildung und Unterstützung | - stärkt die intrinsische Motivation - Basis für langfristig erfolgreiche Führung | - für kurzfristige Ziele nur bedingt anwend- bar |
Transaktionaler Führungsstil | - bezieht sich auf den sachlichen Austausch zwischen Führungskraft und Mitarbeitern - gekennzeichnet durch Zielvereinbarung, Auf- gabendelegation, Feed- back, kontrollieren und sanktionieren | - unterstützt Erreichung kurzfristiger Ziele - gut geeignet bei Routinetätigkeiten | - Konzentration auf extrinsische Motiva- tion, daher oft nicht nachhaltig - Eigeninitiative der Mit- arbeiter wird nicht gefördert |
Ethischer Führungsstil | - hohe persönliche Integri- tät der Führungskräfte als Voraussetzung - ethikbewusstes Verhalten aller Mitarbeiter wird gefördert - neben dem Erfolg ist auch die Art seiner Erreichung relevant | - Vorbildwirkung für Mitarbeiter - schafft Vertrauen - stärkt die Mitarbeiter- zufriedenheit | - formaler Erfolg kann beeinträchtigt werden - schwierig, wenn nicht auch weitere Vorge- setzte (falls vorhan- den), Anteilseigner, Kunden und andere Stakeholder diesen Führungsstil unter- stützen |
An den Beschreibungen der Führungsstile erkennen Sie bereits, dass diese von unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen. Lernen Sie im nächsten Abschnitt die wichtigsten Kriterien kennen, an denen sich die Wahl der Führungsmethoden orientiert.
Welche Führungsstile eignen sich für mein Unternehmen?
Sie sind Gründer oder haben Führungsverantwortung und machen sich Gedanken über passende Führungsstile? Bedenken Sie dabei folgende Faktoren, denn nicht jeder Stil passt zu jedem Unternehmen:
- Unternehmensgröße
In einem kleinen Start-up mit 10 Mitarbeitern sind andere Führungsmethoden möglich als in einem Großunternehmen. - Branche
Ob Technologieunternehmen, Sozialbetrieb oder Kreativwirtschaft, jede Branche hat ihre Besonderheiten, an denen sich auch der Führungsstil orientieren muss. - Vorhandene Unternehmensstruktur
In etablierten Unternehmen können vorhandene Strukturen, z. B. strenge Hierarchien, der Entwicklung zukunftsfähiger Führungsstile Grenzen setzen. - Präsenzkultur oder Remote Work
Wenn das Arbeiten an anderen Orten als dem Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten der Firma möglich ist oder sogar dominiert, ist ein entsprechend anderer Führungsstil gefragt als bei einer reinen Präsenzkultur. - Art der Tätigkeiten
Handelt es sich um Routinetätigkeiten, steht die Kreativität im Mittelpunkt oder geht es hauptsächlich um Wissensarbeit? So unterschiedlich die Aufgaben sind, so sehr unterscheiden sich auch die ausführenden Mitarbeiter und die dazu passenden Führungsmethoden. - Internationale oder nationale Teams
Die Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg stellt besondere Anforderungen an die Vorgesetzten und deren Führung. - Bisheriger Führungsstil
Sie können den in einem etablierten Betrieb vorhandenen Führungsstil nicht abrupt wechseln. Änderungen müssen nach und nach erfolgen.
Tipp: Wenn Sie den Führungsstil für ihr Unternehmen planen, bedenken Sie auch dessen voraussichtliche Entwicklung. Wenn z. B. Start-ups schnell wachsen, ändern sich meist auch die Anforderungen an die Führung. |
Beispiele: Führungsstile im Einsatz
Wie unterschiedlich die in der Praxis angewendeten Führungsstile sind, und wie diese auch von gegebenen Voraussetzungen abhängen, lässt sich an Beispielen aus der Praxis erkennen. Hier geht es zum einen um Spotify, das als Start-up begann und den Führungsstil auch im Laufe seines Wachstums weitestgehend bewahrt hat. Zum anderen wird die Software AG vorgestellt, eines der wichtigsten Softwareunternehmen Deutschlands, dessen Geschichte in das Jahr 1969 zurückreicht.
Spotify
Dass bei Spotify dezentrale Entscheidungskompetenz und Eigenverantwortung im Mittelpunkt stehen, kommt in einer Aussage des Co-Gründers und Vorstandsvorsitzenden Daniel Ek zum Ausdruck. Dieser ist der Meinung, dass Mitarbeiter bei anstehenden Entscheidungen zu 70 % mit der Führungskraft übereinstimmen, zu 20 % eine bessere und nur zu 10 % eine schlechtere Entscheidung treffen würden. Begründet wird das damit, dass die Personen bessere Kenntnisse über ein Thema haben, die sich am intensivsten damit beschäftigen.
Möglich ist dieser Führungsstil auch durch die besondere Unternehmensstruktur, die im Lauf der Zeit weitestgehend bewahrt wurde und mit dem Unternehmen gewachsen ist. Das ist keine traditionelle, pyramidenartige Hierarchie, sondern eine netzartige Organisation. Die kleinsten Einheiten sind dabei die sogenannten Squads, die aus bis zu 8 Personen bestehen und selbstorganisiert, ohne formelle Führungskraft, an ihren Aufgaben arbeiten.
Software AG
Die Software AG mit Sitz in Darmstadt ist ein Unternehmen mit etwa 5.000 Mitarbeitern, das in 70 Ländern vertreten ist. In einem Interview mit dem Personalmagazin aus dem Jahr 2020 äußerte sich die Personalvorständin Dr. Elke Frank zu Fragen der Mitarbeiterführung. Danach steht das Unternehmen vor der Herausforderung, klassische Führungsmethoden, in denen z. B. Silodenken und Genehmigungen eine wichtige Rolle spielen, nach und nach abzulösen. Sowohl die in der IT-Branche notwendige Agilität als auch die Zusammenarbeit in internationalen Teams erfordern andere Methoden.
Der Wandel braucht jedoch Zeit und muss Schritt für Schritt erfolgen. Der Vorstand trifft z. B. mittlerweile weniger Entscheidungen selbst, sondern überlässt diese häufiger den Personen, die direkt mit dem jeweiligen Thema zu tun haben. Zusätzlich investiert das Management in Programme, die zukunftsfähige Arbeitsmethoden fördern. Beispielsweise begleiten die 30 Top-Führungskräfte regelmäßig Mitarbeiter einen Tag lang an ihrem Arbeitsplatz. Und im Change Network tauschen sich Angestellte unterschiedlicher Position und Nationalitäten direkt mit dem Vorstand aus.
10 Tipps für den perfekten Führungsstil
Unabhängig von den theoretischen Modellen für Führungsstile gibt es einige Grundsätze, die Sie in jedem Fall beachten sollten. Folgende Tipps tragen zu Ihrem Erfolg als Führungskraft bei:
- Ehrliche und transparente Kommunikation als Chef ist das A und O.
- Bleiben Sie in jeder Situation respektvoll, fair und wertschätzend gegenüber Ihrem Team.
- Suchen Sie regelmäßig Kontakt und geben Sie Feedback, damit die Mitarbeiter sich wahrgenommen fühlen.
- Leben Sie vor, was Sie von Ihrem Personal erwarten.
- Ermutigen Sie Ihre Mitarbeiter, offen mit Fehlern umzugehen, und beherzigen Sie das auch selbst.
- Stellen Sie in Gesprächen Fragen und ermuntern Sie Ihre Mitarbeiter dazu, auch abweichende Meinungen zu äußern.
- Unterstützen Sie die Potenzialentfaltung Ihrer Mitarbeiter. Mit Hilfe von Personalbeurteilungen finden Sie heraus, welche Stärken Ihr Mitarbeiter hat.
- Entwickeln Sie eine gemeinsame Identität, um die emotionale Mitarbeiterbindung zu stärken.
- Reflektieren Sie regelmäßig Ihr Führungsverhalten und bitten Sie auch um Feedback.
- Feiern Sie es gemeinsam mit Ihrem Team, wenn Sie ein wichtiges Ziel erreicht haben oder zeigen Sie anderweitig Wertschätzung.
Empfehlung: Kommunizieren Sie Ihren Führungsstil auch beim Recruiting. So finden Sie am besten Personal, das zu Ihrem Unternehmen passt. |
Fazit: Führungsstile im Wandel
Motivation, Kreativität und Eigenverantwortung der Mitarbeiter sind Dimensionen, die durch die Art der Führung beeinflusst werden. Der richtige Führungsstil unterstützt deshalb nicht nur das Personalmanagement, sondern wirkt sich direkt auf den Unternehmenserfolg aus.
Durch technischen Fortschritt, Globalisierung und gestiegene Ansprüche an Kundenorientierung und Agilität haben sich Arbeitsformen entwickelt, für die sich einige der klassischen Führungsstile nicht mehr eignen. Der Trend geht weg von Führungsmethoden, die laut Definition als direktiv oder autoritär zu bezeichnen sind, hin zu mehr Entscheidungsfreiheit und Eigenverantwortung des Personals.
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