Guten Tag Herr Zöller, wir freuen uns, Sie bei uns begrüßen zu dürfen, und möchten Ihnen zum Einstieg zu Ihrem erfolgreichen Start gratulieren.
Herzlichen Dank für die Einladung!
Wie kam es zu dem Entschluss, ein eigenes Immobilienunternehmen aufzubauen?
Der Plan bestand schon länger, nur der Zeitpunkt war noch nicht klar. Wahid Hossaini und ich kennen uns aus der gemeinsamen Zeit bei einem großen institutionellen Kapitalanleger. Marvin Reichert und ich waren gemeinsam für eine amerikanische Bank tätig.
Zum Aufbau eines Unternehmens, so wie wir es uns vorstellen, benötigt man die richtigen Personen mit ähnlichen Zielen und Vorstellungen. Das ist in unserer Konstellation glücklicherweise der Fall. Als sich dies herauskristallisiert hatte, wollten wir keine Zeit verlieren und unseren Plan schnellstmöglich umsetzen. Damit haben wir dann Mitte 2019 begonnen.
In welchen Bereichen waren Sie und Ihre Mitgründer vor BlueHill tätig?
Marvin Reichert war im Asset- und Investment-Management tätig, Wahid Hossaini und ich primär in der Immobilienbewertung und im Fondsmanagement. Unser aller Schwerpunkt lag im Ankauf und Bestandsmanagement von Immobilien bei internationalen Investoren, Banken und Projektentwicklern.
Sie waren vor der Unternehmensgründung im Dienste international agierender Immobilieninvestoren tätig. Von welchen internationalen Prozessen, Standards und Erfahrungen können Marktteilnehmer hier in Deutschland profitieren?
Mit Blick auf die Markttransparenz sind bei uns in Deutschland sicherlich noch Verbesserungsmöglichkeiten vorhanden. Gerade im Vergleich mit UK, Australien und den USA, aber zum Beispiel auch gegenüber unseren Nachbarn aus Frankreich hinken wir etwas hinterher. Das fällt insbesondere im Bereich abseits der Metropolen, etwa in vielen C- und D-Städten auf.
Unser Unternehmen hat seinen Sitz in Aschaffenburg. Die Stadt stellt in diesem Zusammenhang ein sehr gutes Beispiel dar, da sie als Investitionsstandort aus unserer Sicht für diverse Asset-Klassen als durchaus attraktiv zu bewerten ist, die Markttransparenz allerdings nicht in gleichem Maße gegeben ist, wie man es etwa aus den Top-7 Standorten kennt. Auch der Standort Hanau, unserer Meinung nach ebenfalls sehr interessant, ist in diesem Bereich noch etwas unterrepräsentiert.
Im Interview: Mitgründer Gründer, Maximilian Zöller, Bildquelle: © BlueHill Estate Group
Einen Punkt, die Digitalisierung, haben Sie bislang nicht genannt. Wie sieht es in diesem Bereich aus? Wie ist Deutschland unter diesem Gesichtspunkt im internationalen Vergleich zu bewerten?
In Sachen Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft sind wir in Deutschland auch noch nicht auf dem Stand vieler anderer Länder. Das Thema kam insbesondere in den letzten Jahren vermehrt auf und ist in Zeiten von Corona und den damit einhergehenden Beschränkungen in aller Munde. Positiv zu bewerten ist, dass es Anstrengungen gibt, dieses Defizit zu aufzuarbeiten, z. B. durch das steigende Angebot von Immobilienstudiengängen u.a. mit Fokus auf Digitalisierung.
Einer Ihrer Schwerpunkte liegt auf dem Value-Add-Segment. Mit welcher Art von Objekten hat man es hier üblicherweise zu tun bzw. welche Chancen und Herausforderungen gibt es dabei?
Im Value-Add-Segment erwirbt man in der Regel Bestandsobjekte, die noch Optimierungspotential bieten. Oftmals handelt es sich hierbei um Immobilien, die zuvor kein optimales Management erfahren haben bzw. mitunter sogar über einen längeren Zeitraum vernachlässigt wurden.
Die Herausforderungen des Value-Add Investors liegen primär darin, Potenziale in Objekten zu identifizieren, die von vielen anderen nicht gesehen werden. Einhergehend damit muss natürlich auch über die entsprechende Expertise verfügt werden, diese Potenziale zu realisieren. Die Umsetzung ist in der Regel mit Risiken verbunden, die aber auch gleichzeitig Chancen zur Wertsteigerung bieten. Nicht jeder Investor kann bzw. darf in diesem Segment agieren. Hierfür gibt es verschiedenste Gründe wie beispielsweise Anlagerestriktionen oder die persönliche Risikoaversion.
Für welche Investoren eignet sich die Anlageklasse?
Vor allem für Investoren, die eine höhere Kapitalverzinsung anstreben und dafür auch bereit sind, das jeweilige Objekt nochmal „anzupacken“. Für sogenannte Core-Investoren (z. B. Pensionskassen, Versicherungen etc.), welche den Fokus auf stabilisierte und dahingehend risikoärmere Immobilienanlagen legen, ist das Value-Add-Segment eher zur Beimischung geeignet. Dies dann tendenziell in geringfügigem Bereich.
Ein zweiter Schwerpunkt ist das opportunistische Segment. Welche Besonderheiten gibt es hier und wo ist die Abgrenzung zum Value-Add?
Der Übergang vom Value-Add-Segment in den opportunistischen Bereich ist oftmals fließend. Generell weisen opportunistische Investitionen ein noch höheres Risiko auf. Die Immobilien befinden sich regelmäßig in B- oder gar C-Lagen, sind oft leerstehend und in der Regel sanierungsbedürftig. Aus diesem Grund erwarten opportunistische Investoren in der Regel auch deutlich höhere Eigenkapitalrenditen.
Auch unbebaute Grundstücke zur Realisierung von Projektentwicklungen können in dieses Segment fallen. Generell kann man sagen, dass die Business-Pläne im Zusammenhang mit opportunistischen Investitionen teilweise deutlich komplizierter sind als in den anderen Rendite-Risiko-Profilen.
Demnach stellt sich das Feld der Investoren hier kleiner dar?
Typische Investitionen im opportunistischen Segment gehen in der Regel mit erheblichen Repositionierungsmaßnahmen einher, um die jeweilige Immobilie wieder entsprechend ihrem Potenzial ausschöpfen zu können. Daher liegen Sie richtig, dieser Investmentansatz ist für die meisten Anleger nicht geeignet. Investoren in diesem Bereich sind unter anderem institutionelle Vermögensverwalter, die auf die entsprechende Assetklasse spezialisiert sind, oder Projektentwickler.
Welche Eigenschaften muss eine Immobilie allgemein aufweisen, um ein lohnendes Wertsteigerungspotenzial entfalten zu können?
Das stellt sich von Objekt zu Objekt unterschiedlich dar. Idealerweise sollte für ein Bestandsobjekt die Möglichkeit bestehen, durch die Repositionierung/Verbesserung des Objektes eine Steigerung des Cash-Flows bei gleichzeitiger Verbesserung des Ertrags/Risiko-Profils zu erreichen. Dabei ist es hilfreich, wenn sich das Objekt in mindestens einer mittleren, besser in einer guten Lage befindet und individuelle Wertschöpfungsmöglichkeiten bietet.
Immobilienunternehmen BlueHill Estate Group aus Aschaffenburg, Bildquelle: © BlueHill Estate Group
Sie sprechen das Thema an. Welche Wertschöpfungsmöglichkeiten gibt es bei Immobilien?
Die Wertsteigerungen in diesem Zusammenhang können etwa baulicher Natur sein. Hier ist beispielsweise die nachträgliche Nutzung bestehender Baureserven und die daraus resultierende Vergrößerung der vermietbaren Fläche zu nennen. Ansonsten kann beispielsweise die Optimierung von Grundrissgegebenheiten zu nennenswerten Wertsteigerungen führen.
Auch Verbesserungen hinsichtlich der mietvertraglichen Situation im Objekt, z. B. der Abbau von Leerständen, die Optimierung des Mieterbesatzes, der Abbau von Underrent-Situationen und die Verlängerung von Mietverträgen wirken sich in der Regel werterhöhend aus.
Die vorstehend genannten Punkte sind aber sicher nicht als abschließend zu werten.
Können Sie uns einen Einblick geben, welche Anlageklassen sich für Privatanleger bzw. institutionelle Anleger eigenen?
Der typische Privatanleger präferiert in der Regel risikoarme Immobilienanlagen des Wohnsegments (z. B. Eigentumswohnungen, Mehrfamilienhäuser etc.), da primär die klassische Kapitalanlage ohne das Eingehen größerer anhaftender Risiken im Fokus steht. Dies wird aus meiner Sicht auch künftig so bleiben.
Institutionelle Anleger fokussieren sich regelmäßig auf Core- bzw. Core+ Produkte, hierbei - je nach Investitionskriterien - sowohl im wohnwirtschaftlichen als auch im gewerblichen Segment.
Aufgrund der über die letzten Jahre aufgetretenen Renditekompression, gab es in der näheren Vergangenheit den Trend, dass einige institutionelle Anleger darüber hinaus auch vermehrt das Feld der Value-Add Investments erschlossen haben, um die gewünschte Verzinsung des angelegten Kapitals zu erzielen.
In der jüngeren Vergangenheit treten Anlageformen wie Mikro-Apartments und Pflegeimmobilien immer mehr in den Vordergrund. Wie schätzen Sie sie ein?
Das Thema Micro Living ist in Deutschland nach wie vor nicht unumstritten. Auch wenn der Trend in den letzten Jahren generell in Richtung der Individualisierung ging, besteht insbesondere auf Seiten der Städte oftmals eine eher restriktive Haltung gegenüber dieser Asset-Klasse. Ich persönlich finde, dass sich diese Form des Wohnraums für viele Städte sehr gut eignet und auch das Konzept an sich überzeugen kann. Zweifelsohne ist hier bei Neuentwicklungen aber Augenmaß gefordert.
Pflegeimmobilien als Anlageklasse sind – aufgrund Ihres Daseins als Betreiberimmobilien und der individuellen Markt- und Funktionsmechanismen – insbesondere für darauf spezialisierte Investoren interessant. Gerade vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung der Gesellschaft, ist davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Pflegeplätzen und der damit verbundene Bedarf an Pflegeheimen perspektivisch weiter steigen werden.
Werfen wir zum Abschluss noch einen kleinen Blick in die Zukunft. Gibt es aktuelle Trends in den vorgenannten Asset-Klassen?
Unter Beachtung der Situation im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie ist aktuell noch nicht vorauszusehen, inwiefern sich das Investitionsverhalten in naher bis mittlerer Zukunft verändern wird. Generell ist in rezessiv geneigten Marktphasen aber damit zu rechnen, dass Anleger insbesondere langfristig vermieteten Objekten mit verhältnismäßig geringerer Korrelation zur wirtschaftlichen Entwicklung eine vergleichsweise hohe Attraktivität beimessen. Es ist daher gut möglich, dass die Bedeutung des Gesundheitswesens und damit einhergehend auch der Gesundheitsimmobilien gestärkt wird und Gesundheitsimmobilien – mit tendenziell niedrigeren Kapitalwerten, langfristigen Miet-/Pachtverträgen und guten Mieterbonitäten – als sichere Anlagehäfen angesehen werden.
Unabhängig von der Asset Klasse konnte man in den vergangenen Jahren in Deutschland einen generellen Trend in Richtung der B-, C- und auch D-Städte erkennen. Immer mehr interessieren sich sowohl nationale als auch internationale Investoren für Teilmärkte außerhalb der Metropolen, weshalb lokale Player verstärkt in den Vordergrund rücken. Die Kombination aus lokaler Marktexpertise auf der einen Seite sowie die Befähigung, mit internationalen Investoren „eine Sprache“ zu sprechen, wird in Zukunft noch mehr gefragt sein. Hier sehen wir unser Unternehmen gut aufgestellt.
Wir danken Ihnen für die interessanten Einblicke und das informative Gespräch.
Ich danke Ihnen!