Guten Tag Herr Garlipp! Danke, dass Sie Zeit für das Gespräch gefunden haben. Ehe wir auf die besonderen Herausforderungen der diesjährigen Spargelernte eingehen, unterhalten wir uns zunächst über Ihr Unternehmen. Können Sie uns Garlipp-Spargel mit ein paar Worten etwas näher vorstellen?
Gern! Die Firma Garlipp-Spargel wurde 1996 gegründet. Die eigentliche Faszination unserer Familie für das weiße Gold begann aber schon viel früher. Schon unser Urgroßvater bestellte jedes Jahr drei Reihen Spargel hinter unserem Hof in Schelldorf. Irgendwann übertrug sich seine Leidenschaft dann auf unseren Vater Tim Garlipp, den Firmengründer. Nach einer langen landwirtschaftlichen Tätigkeit in der DDR baute er seinen eigenen Spargelhof auf, der noch heute in seiner ursprünglichen Form besteht.
Als der Zweitälteste von sechs Garlipp-Söhnen übernahm ich schließlich seine Nachfolge. In meiner Jugend habe ich von meinem Vater viel über den Spargelanbau gelernt. So entwickelte sich auch meine Leidenschaft für das Thema. Heute bringe ich das Wissen aus meiner Ausbildung zum Gärtner im Gemüsebau und meinem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens im Gartenbau in unseren Familienbetrieb ein.
Ein gutes Stichwort! Bei dem anspruchsvollen Anbau von Spargel spielen Erntehelfer aus Osteuropa seit jeher eine wichtige Rolle. Entsteht bei der anstrengenden gemeinsamen Arbeit auf den Feldern auch eine Art familiäre Bindung?
Auf jeden Fall! Wir sind eine bunte Gruppe von Menschen, aus Deutschen und Rumänen bestehend. In vielen Jahren ist aus uns ein sehr gut eingespieltes Team geworden. Das geht sogar so weit, dass wir uns gegenseitig besuchen. Immerhin sind wir jedes Jahr mehr als drei Monate gemeinsam auf unserem Hof und das 24/7. Da entsteht schon eine echte Verbindung. Seit mehr als zehn Jahren gibt es vertrauensvolle persönliche Beziehungen.
Dann sind in dieser Zeit sicher auch viele Erlebnisse entstanden, an die man sich immer wieder gern erinnert.
Ja (lacht). Unser damaliges polnisches Team ist einmal in unser Nachbardorf gefahren, um in einer Bank Geld abzuholen. Zehn Mann betreten also die Filiale, sprechen nur gebrochen Deutsch und möchten Geld. Die Frau hinter dem Schalter wurde natürlich ganz nervös und hat pflichtbewusst gleich den Schalter gedrückt, um stummen Alarm auszulösen. Als alles erledigt war, kam ihnen die Polizei entgegen. Die Sache hat sich natürlich schnell auflösen lassen. Wir haben noch viele Jahre danach herzlich über diese Begebenheit lachen können.
Eine schöne Geschichte. Was man dabei als Außenstehender gern übersieht, der Sprgelanbau ist eine komplexe landwirtschaftliche Disziplin, die Beteiligte auch schon vor Corona immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt hat.
So ist es. Eine große Herausforderung ist zum Beispiel die Veränderung von Umweltfaktoren. Während die meisten noch über den Klimawandel sprechen, bereiten wir Landwirte uns schon darauf vor – etwa mit der Reglementierung des Wassereinsatzes. Vor dem Hintergrund unserer immer trockener werdenden Breitengrade müssen wir es ganz bewusst einsetzen – auch im Interesse der Kunden, denen die ökologische Nachhaltigkeit bei der Lebensmittelerzeugung am Herzen liegt. Trotzdem möchten wir natürlich immer auch in der gewohnten Qualität liefern. Als Träger von Mikronährstoffen ist Wasser maßgeblich für den Geschmack des Spargels zuständig.
Gleichzeitig spielt aber auch Technologie eine immer wichtigere Rolle beim Spargelanbau.
Ja, der technologische Fortschritt wurde in den vergangenen Jahren in fast allen Bereichen intensiviert. Stark erhöht wurde zum Beispiel der Mechanisierungsgrad bei der Ernte und der Sortierung. Unsere Kunden erwarten Service. Da viele von ihnen immer weniger Zeit haben, wird geschälter Spargel mehr und mehr nachgefragt.
Darüber hinaus haben wir uns für den Einsatz von mehrjährigen Folien entschieden. Sie sind recyclebar und liefern gute Ergebnisse. Nur so können wir die Mengen erreichen, die wir benötigen. Die Spargelernte hat sich zudem mit den Jahren durch die Züchtung neuer Sorten verlängert. Durch die Abdeckung mit mehrjährig nutzbaren schwarzen und transparenten Folien erfolgt der Erntebeginn früher. Das erfordert natürlichen zusätzlichen Einsatz.
Im Interview: Arne Garlipp von Garlipp-Spargel
Im Rahmen der Corona-Krise war auch gelegentlich der Vorschlag zu hören, ungelernte Hilfskräfte aus dem Inland zu beschäftigen. Ist das eine mögliche Alternative?
Leider nein! Die Spargelernte ist eine anstrengende, aber auch komplizierte Tätigkeit. Wer sie nicht gewöhnt ist, steht die anstrengende Arbeit auf den Feldern nicht dauerhaft durch. Darüber hinaus besteht das Risiko, dass Pflanzen durch unsachgemäße Behandlung beschädigt werden, was wiederum die Ernte der kommenden Saison gefährdet.
Was bei einer derart großen Anbaufläche sicher gravierende finanzielle Folgen nach sich zieht. Auf wie viel Hektar bauen Sie an?
Wir bauen unseren Garlipp-Spargel auf insgesamt 65 Hektar an. Einen Teil davon machen 25 Hektar früher Spargel aus, der von April bis Mai geerntet wird. Das ist der Spargel, der gezielt »verfrüht« wird. Das geschieht unter Sonnentunneln, die ein Mikroklima um die Pflanze herum erzeugen. Dann bearbeiten wir weitere 25 Hektar, die später geerntet werden – von Anfang Mai bis Ende Juni. Diese Anbausplittung gewährleistet den ganz besonderen Garlipp-Spargel, den unsere Kunden wünschen. Das ist der Spargel in der jeweils frischesten Qualität.
Darüber hinaus haben wir auch ständig 15 Hektar jungen Spargel, der ständig nachgepflanzt wird. Das ist unsere Zukunft. Erst im 4. Jahr kann die volle Ernte durchgeführt werden, dann für etwa 8 bis 9 Jahre. Grüner Spargel wird im kleinen Maß auch angebaut, da er mehr und mehr in Deutschland nachgefragt wird.
Es sah ja lange Zeit so aus, als würden Ihre Kunden in diesem Jahr auf ihren Spargel verzichten müssen. Aufgrund der Corona-Auflagen durften Ihre Erntehelfer nicht einreisen und der Ertrag der ganzen Saison war gefährdet. Nun ist die Einreise unter strengen Auflagen doch noch möglich geworden. Was hat sich für Sie geändert?
Das ist richtig. Wir sind glücklich darüber, dass wir unser Team wenigstens zum großen Teil einfliegen lassen konnten. Der Arbeitsaufwand ist dennoch stark gestiegen. Arbeitsabläufe wurden entweder auf den Kopf gestellt oder mussten stark verändert werden. Das hemmt die Gesamtproduktion an allen Ecken und Enden.
Die neu strukturierten Arbeitsabläufe sind kostenintensiver, weil z. B. nur noch in getrennten Gruppen gearbeitet werden darf und mehr Räumlichkeiten geschaffen und genutzt werden müssen. Wir müssen permanent auf die penible Einhaltung der gesteigerten Hygieneanforderungen achten und zum Beispiel Einkäufe sehr präzise organisieren, um die Versorgung aller unter möglichst großem Schutz gewährleisten zu können. Unsere ganze Familie und auch das gesamte Team Garlipp-Spargel versucht, wo es möglich ist, alle Kontakte auf ein Minimum zu beschränken.
Haben Sie dabei Unterstützung erhalten?
Ja. Wir wurden wirklich sehr gut beraten. Eine große Hilfe war auch, dass das Bundesministerium und die EU – zwar spät, aber immerhin – unseren Bereich als systemrelevant eingestuft haben.
Gibt es etwas, das Sie Ihren Kunden sagen möchten?
Ja. Ich möchte all unseren Kunden ein großes Dankeschön dafür aussprechen, dass sie auf uns gewartet haben! In E-Mails und Telefonaten haben wir sehr viel Anteilnahme und Unterstützung erfahren. Sie denken an uns. Sie sind für uns da und wir natürlich auch für sie. Das zu bemerken, ist schon etwas ganz Besonderes.
Danken möchte ich natürlich auch unseren rumänischen Team-Mitgliedern, die das Risiko eingegangen sind, in Deutschland einzureisen. Sie haben ja selbst genau dieselben Probleme wie wir hier in Deutschland. Und auch unsere deutschen Verkäuferinnen und Verkäufer halten zu uns. Wir ziehen also alle an einem ziemlich langen und weißen Spargelstrang (lacht).
Und was sind die Ziele für die nächsten Monate?
Zunächst einmal tun wir natürlich alles dafür, dass wir, unsere Mitarbeiter und unsere Kunden gesund bleiben. Daneben legen wir höchsten Wert darauf, unseren Kunden auch unter den aktuell erschwerten Bedingungen weiterhin den leckeren Garlipp-Spargel bieten zu können.
Ein gutes Schlusswort! Dann bleibt uns nichts weiter übrig, als Ihnen dabei alles Gute zu wünschen und Ihnen für das informative Gespräch zu danken.
Jederzeit gern!