Herzlich willkommen, Herr Dr. Altinöz! Wir freuen uns, dass Sie Zeit für das Gespräch gefunden haben. Bevor wir uns etwas genauer über Ihren Berufsalltag unterhalten, stellen Sie sich unseren Lesern doch zunächst kurz vor. Wie sind Sie zum Thema Gynäkologie gekommen?
Vielen Dank für die Einladung! Es freut mich, hier zu sein. Also, nach meinem Medizinstudium in Hannover begann ich 1990 meine Facharztausbildung an der Charité Campus Benjamin Franklin, damals Klinikum Steglitz. Hier interessierte mich vor allem die Geburtshilfe, da es sich dabei um einen sehr herausfordernden Bereich handelt, der aber auch viel Freude mit sich bringt. Im Rahmen meiner Tätigkeit an der Klinik spezialisierte ich mich auf die Pränataldiagnostik und war als Oberarzt und Leiter in der entsprechenden Abteilung tätig. Danach ließ ich mich schließlich in der Gemeinschaftspraxis FERA nieder.
Auf welche Behandlungen konzentrieren Sie sich in Ihrer Klinik?
In unserer Praxis liegt der Fokus auf der Pränataldiagnostik. Der Großteil unserer Patientinnen lässt eine Feindiagnostik oder ein Ersttrimesterscreening durchführen. Das umfasst auch die Durchführung von Amniozentesen und Chorionzottenbiopsien.
Weiterhin bieten wir die Betreuung von Schwangeren, Kinderwunschbehandlungen, Psychotherapien und ambulante Operationen an. Hinzu kommen die Krebsvorsorge und die Behandlung weiterer gynäkologischer Krankheitsbilder.
Im Interview: Dr. Hakan Altinöz von der Gynäkologie-Praxis FERA, Bildquelle: Liegt bei dem Unternehmen.
Über welche Eigenschaften muss ein Gynäkologe verfügen, um seine Patientinnen in dieser Vielzahl von Bereichen optimal betreuen zu können?
Zunächst einmal spielen Empathie und die Fähigkeit zuzuhören eine entscheidende Rolle. Gynäkologische Behandlungen umfassen für die meisten Frauen sensible Themen wie Sexualität und Familienplanung, weshalb man sich immer wieder neu auf jede Patientin einstellen muss. Berührungsängste sollte man dabei nicht haben. Nur so kann man wirklich ein Gefühl von Sicherheit vermitteln.
Das gilt besonders dann, wenn es darum geht, schlechte Nachrichten zu überbringen. Das kann zum Beispiel bei Fehlgeburten oder dem Erkennen einer schwerwiegenden Krankheit der Fall sein. Die Krebsdiagnose ist mit Sicherheit eine der schwersten Herausforderungen meines Arbeitsalltags.
Welche aktuellen Entwicklungen gibt es in der Gynäkologie?
Wie in den meisten anderen medizinischen Fachgebieten geht der Trend auch bei uns hin zur Spezialisierung. Während ein Gynäkologe vor 20 Jahren noch alle Bereiche beherrschen musste, konzentriert er sich heute immer mehr auf Teilaspekte.
So gibt es etwa spezialisierte Zentren für die Brustkrebsbehandlung, Kinderwunschzentren, Urogynäkologien, Dysplasie-Sprechstunden, Zentren für Pränataldiagnostik und vieles mehr. Diese Spezialisierung ist notwendig, da sich der Fortschritt in den vergangenen Jahren immer mehr beschleunigt hat.
Gehen wir etwas näher auf den Bereich Pränataldiagnostik ein. Welche Fortschritte spielen hier eine besonders wichtige Rolle?
Im Bereich der Pränataldiagnostik ist es dank immer besserer Ultraschallgeräte zunehmend unkomplizierter, Erkrankungen frühzeitig zu erkennen. Mittels NIPT (Nicht invasiver Pränataltest) können sehr präzise Angaben zum Vorliegen der häufigsten Chromosomenstörungen gemacht werden. Dadurch ist die Rate der Amniozentesen in den vergangenen Jahren stark gesunken. Diesen Test führt man mit dem mütterlichen Blut durch, sodass keinerlei Risiko für das ungeborene Kind besteht. Mittels neuer Methoden (Whole Exome Sequencing, Array-CGH, Paneldiagnostik) können Gendefekte und Syndrome sehr sicher diagnostiziert werden.
Bildquelle: Stock Images by Depositphotos
Gehen wir abschließend noch einmal auf das Thema Corona ein. Welche Auswirkungen hatte die Pandemie auf die tägliche Arbeit in Ihrer Klinik?
Wie viele andere medizinische und wirtschaftliche Einrichtungen hat die Corona-Pandemie auch uns schwer getroffen. Es fehlt einfach, Patientinnen, die Hand zu geben. Auch erschwert die dadurch aufkommende Distanz viele Behandlungen deutlich. Das gilt ebenfalls für das Tragen des Mundschutzes. Es ist damit deutlich schwerer, die Mimik einer Patientin zu beurteilen und ein wirkliches Vertrauensverhältnis aufzubauen.
Weiterhin mussten wir die Anzahl der Begleitpersonen einschränken, die sonst bei der Feindiagnostik gern dabei sind. Werdende Väter dürfen während des Lockdowns gar nicht mehr mitkommen. Aktuell ist nur eine Begleitperson erlaubt und auch das nur bei bestimmten Untersuchungen.
Natürlich sind Schwangere in besonderem Maße besorgt, dass sich eine Covid-19-Infektion auf die Gesundheit ihres Babys auswirken könnte. Bislang sind noch nicht genügend Erfahrungen vorhanden, um verlässliche Aussagen hierzu zu treffen. Es scheint jedoch, nicht zu schwerwiegenden Komplikationen zu kommen.
Also zumindest ein tendenziell positiver Ausblick. Wir danken Ihnen für das informative Gespräch und wünschen Ihnen, Ihrem Team und Ihren Patientinnen alles Gute für die Zukunft.