Als wir das letzte Mal sprachen, warst du mit deinem ersten Unternehmen “Zukunftsmanufaktur” aktiv, hattest gerade dein Buch veröffentlicht und warst gut gebuchte Moderatorin. Dann kam Covid und du bist Ende 2020 als “Digitale Botschafterin” nach Namibia gegangen. Wie kam es dazu und was hast du dort gemacht?
Ich wurde von KölnBusiness einmal gefragt, Unternehmer:innen aus Ruanda etwas über die deutsche Startup-Szene zu erzählen - und habe mich natürlich gefragt, wie es zu dieser Reise kam. Es stellte sich heraus, dass sie von dem damaligen “Digital Ambassador” aus Kigali begleitet wurden, der mit seinem GIZ-Projekt die Reise organisiert hatte. So erfuhr ich von der zu der Zeit noch neuen Position: Wie der Name schon sagt unterstützen die Botschafter in unterschiedlichen Ländern Tech-Projekte und bauen unternehmerische Brücken in Aufstiegsmärkten auf. Da ich ja meine ersten Berufsjahre im Bereich Emerging Markets gearbeitet habe und die Folgejahre im Bereich Startup, war ich so begeistert von der Aussicht, dass sich nun beide Welten verschmelzen könnten! Ich bewarb mich sofort. Nach ein paar Bewerbungsgesprächen kam die Zusage! Spannend war, dass ich zunächst als Botschafterin genommen wurde, ohne zu wissen, in welches Land ich kam und welches Projekt ich unterstützen sollte. Aufgrund meiner Tochter war die Länderauswahl etwas eingeschränkter, und ich war dann sehr happy, dass es Namibia wurde!
Was für Arbeit hast du in Windhoek gemacht?
Ich war in dem Projekt “Startup Namibia” angesiedelt und die große Mission war, das Startup Ökosystem in Windhoek aufzubauen. Namibia ist zwar flächenmaßig ein großes Land, aber es leben weniger als 3 Millionen Menschen dort, ebenso überschaubar war die Startup-Szene. So habe ich an ganz unterschiedlichen Stellen angepackt: Lokale Innovation Hubs unterstützt, Startup Programme ausgearbeitet, Networking-Events veranstaltet, lokale Startups gecoacht. Viel war tatsächlich Sichtbarkeits- und Lobbyarbeit: Die namibische Regierung und die großen Corporates hatten überhaupt keine Ahnung, was Startups überhaupt sind und warum sie für Wirtschaft und Gesellschaft eine wichtige Rolle spielen können. Dass dieser “value add” von Startups erkannt wurde, daran haben wir gearbeitet. Schließlich habe ich noch gemeinsam mit meinem Kollegen Jesaya das Namibische Business Angel Netzwerk (NABAN) aufgebaut - wir fanden es extrem wichtig, dass Startup Förderung und Finanzierung lokal passiert und nicht nur von ausländischen Förderungen getrieben ist.
Du bist nach Vertragsende zurück nach Deutschland gekommen, hast aber deine Verbindung zu Namibia aufrechterhalten - in welcher Form?
Ja, ich bin dem Land noch sehr verbunden, da ich dort noch tolle Freunde habe. Meine Tochter und ich waren in den letzten beiden Jahren immer zwischen Januar und März dort. Mit meiner besten Freundin habe ich die Initiative “It Takes a Village” gegründet - ein Startup Ecosystem Builder. Wir haben damit z.B. die Netzwerkeventserie, die ich früher mit der GIZ bzw Startup Namibia organisierte, ersetzt. Wir bringen unterschiedliche namibische Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft auf die Bühne, um gemeinsam mit Unternehmern über Chancen und Herausforderungen in den unterschiedlichen Sektoren zu diskutieren. Nach wie vor findet in Namibia zu wenig Austausch statt! Für nächstes Jahr haben wir noch weitere Startup Workshops und Kurse geplant, da freue mich sehr drauf.
Als du 2022 zurück gekommen bist, hast du für die Digital Hub Initiative, die vom Bundeswirtschaftsministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert ist, gearbeitet. Was macht die Initiative so besonders?
Die Hub-Initiative vereint 25 Hubs in Deutschland zu einem engmaschigen Innovations-Netzwerk. Die Hubs arbeiten zu unterschiedlichen Verticals, beispielsweise Logistics in Hamburg, Insurtech in Köln oder DeepTech in Berlin, sie haben alle ihre eigenen Programme und Aktivitäten, um Startups mit Mittelstand, Academia und Corporates zu vernetzen. Durch die Förderung des BMWK bekommen sie jedoch einen übergeordneten, einheitlichen Auftritt, repräsentieren das deutsche Startup Ökosystem gemeinsam auf internationalen Konferenzen und vernetzen sich untereinander - das verflechtet das Innovations-Spinnennetz noch engmaschiger. Ich habe vor allem im Bereich Internationalisierung unterstützt; habe zum Beispiel die Konferenzauftritte auf dem Web Summit, der Slush, Viva Tech, etc oder Programme wie beispielsweise eine Brazil Tech Challenge organisiert. Bei so vielen Startups, Unternehmen und natürlich Hub-Teams im Netzwerk wurde es nie langweilig!
Du hast im März 2024 wieder gegründet, Glückwunsch! Was für eine Vision steht hinter deinem neuen Unternehmen “embassidy”?
Dankeschön : ) In der embassidy gehen meine vielen Jahre Erfahrung im Bereich Startup und Emerging Markets auf, was ich sehr genieße. Nach wie vor verbringe ich 6-8 Wochen im Jahr in Namibia und sehe mich als Brückenbauerin zwischen afrikanischen und europäischen Ökosystemen: Mit der embassidy betreue ich unternehmerische Programme, gebe Pichtrainings und Storytelling-Workshops für Accelerator auf beiden Kontinenten, und habe gerade für die Digital Hub Initiative eine Afrika-Strategie entwickelt. Das Ministerium begleitete ich auf die Kenia-Reise von Minister Habeck und zum German African Business Summit (GABS) 2024, auf das wir mehr als 20 Startups mitbrachten! Ich bin nach meinen unterschiedlichen Stationen, die mir alle enormes persönliches Wachstum gebracht haben, nun angekommen. Ich erfreue mich daran zurück zugeben und bin sehr erfüllt in dem, was ich tue!
Kannst du ein Beispiel für ein Startup Projekt mit Afrika-Bezug nennen?
Dafür muss ich tatsächlich noch ein wenig ausholen: Denn ich habe mich einer Initiative namens “Team Africa” angeschlossen - eine Gruppe von Beratungsunternehmern, die wie ich stärkere Wirtschaftsbeziehungen zwischen dem europäischen und dem afrikanischen Kontinenten aufbauen. Gemeinsam haben wir uns auf das Projekt CATAL1.5°T der GIZ beworben - es geht um die unternehmerische Ausbildung von 60 Climate Tech Startups in Westafrika. Vor ein paar Monaten haben wir den Zuschlag dafür erhalten, die zweite Phase des Accelerator Programms durchführen zu können und werden im März 2025 starten!
Wie splittest du deine Zeit zwischen embassidy und deinen Eventmoderationen, die du nach der COVID-Pause wieder aufgenommen hast?
Die Eventmoderationen machen zur Zeit ca 50% aus - wegen meiner Tochter kann und möchte ich nicht noch mehr moderieren und wähle daher die Veranstaltungen gut aus. Vorrang hat natürlich immer mein altes Team von der Digital Hub Initiative, beziehungsweise dem Wirtschaftsministeriums, da wir uns sehr gut kennen und extrem gut miteinander arbeiten. Ich bin so dankbar, dass sich der Übergang in meine Selbstständigkeit, vor allem weil sie mich immer mitdenken, so toll entwickelt hat - ohne diese enge Bindung wäre es viel schwerer gewesen.
Die restlichen fünfzig Prozent sind dann Startup Workshops und Coachings für Kunden von der Impact Factory in Duisburg bis zur Westerwelle Foundation. Da die Batches, die ich betreue, oft mit Startups aus der ganzen Welt bestückt sind, sind die meisten online, was mir für den Alltag sehr entgegen kommt. Mit dieser Mischung, die so abwechslungs- und lehrreich ist, bin ich sehr glücklich.
Was fasziniert dich an der Moderation?
Ich habe schon immer sehr viel gelesen und war immer vielfältig interessiert: Daher habe ich beispielsweise auch Internationale Beziehungen studiert: Das ist ein interdisziplinärer Studiengang an der TU Dresden, in dem parallel Politik, Wirtschaft, Internationales Recht und Sprachen gelehrt werden. Ich hätte mich nicht für eins entscheiden können! Bei der Moderation ist das tolle, dass ich Veranstaltungen mit ganz unterschiedlichen Themenschwerpunkten und Speakern moderiere, und mich darüber tief in diese Themen einarbeiten kann. Beim Schreiben meiner Skripte kommt mir die Interdisziplinarität ebenfalls zugute: Ich lasse mich von diversen Einflüssen inspirieren - von Georgia O’Keefe bis Maya Angelou war schon alles dabei. Und drittens treffe ich die spannendsten Persönlichkeiten und lerne bei den Keynotes oder in den Paneldiskussionen unglaublich viel dazu!
Welche Events hast du in den letzten Monaten moderiert?
2024 war wirklich ein tolles Eventjahr für mich! Als ich im März aus Namibia wieder zurück gekommen bin, stand zunächst das SET Tech Festival der Deutschen Energieagentur (dena) an, das ich gemeinsam mit Geraldine de Bastion moderieren durfte. Danach ging es direkt weiter zu einem meiner Lieblingsevents des Jahres: Dem START Summit in St Gallen. Im April habe ich einen Panel mit Minister Robert Habeck auf der Hannover Messe moderiert. Im Mai war dann Viva Tech in Paris und in Berlin habe ich ein tolles Event für die UNDP Accelerator Labs moderiert. Nach der Sommerpause ging es mit Bolzano Slush’D weiter und für das Fraunhofer Institut durfte ich die erste große internationale AI Konferenz “AI24 by Lamarr” moderieren. Das Highlight dieses Jahr war dann sicherlich der große Startup Germany Summit im September, vom Bundeswirtschaftsministerium organisiert: Das größte Startup-Ökosystemtreffen! Nach einer kleinen Herbstpause habe ich noch das Impact Festival in Frankfurt, Startupland in Köln, Magnetic Cooling Council meines befreundete Startups MAGNOTHERM aus Darmstadt, Web Summit in Lissabon und schließlich noch auf dem German African Business Summit (GABS) in Nairobi moderiert. Jetzt bin ich wirklich etwas erschöpft - aber glücklich.
Was für Momente sind besonders in Erinnerung geblieben?
Einen Wladimir Klitschko anzumoderieren, das war ein wirklich besonderer Moment, den ich nicht vergessen werde. Zudem die vielen kleinen Absprachen mit Minister Habeck, den ich inzwischen mehrfach treffen durfte und sehr schätze. Der Moment als MAGNOTHERM, mit denen ich gut befreundet bin, den SET Tech Award gewonnen hat und als auf dem Startup Germany Summit die neuen Hubs der Initiative angekündigt wurden. Die hoffnungsvolle Wind der durch die Hallen des Impact Festivals fegte - und mein Gespräch mit dem Hessischen Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori sowie der Panel mit Tina Dreimann und Anne Decker sind mir ebenfalls sehr gut in Erinnerung geblieben. Auf dem Startupland hatte ich ein sehr emotionales, tiefgründiges Gespräch mit Fritdjof Detzner von Planet A Ventures: Das bleibt ebenfalls im Gedächtnis.
Wie sieht aktuell Deine Arbeitswoche aus?
So etwas wie eine Routine gibt es bei mir nicht - was mir aber gut tut. Wenn ich moderiere, stehen meistens einige Vorbereitungscalls an und ich brauche Zeit für die Recherche und Skriptausarbeitung. Für die größeren Startup-Projekte, wie beispielsweise derzeit das Catal1.5°t-Projekt sind regelmäßige Abstimmungstermine sowie die Programmplanung für die Startups angesagt. Dazu kommen dann noch, je nach Woche, mehrstündige Onlinesessions mit Startups, denen ich bei ihrem Pitch oder beim Storytelling helfe. Zuletzt brauche ich Zeit für Posts auf LinkedIn und die Aktualisierung meiner Webseite - für andere Marketingkanäle habe ich leider derzeit keine Kapazitäten…
Wie verbringst du eigentlich deine Freizeit?
Meine Tochter steht immer an erster Stelle, und wir haben ein schön gemischtes Programm aus Sport oder Kultur, Freunde treffen oder zuhause Spielen. Ich bin zudem ein ziemlicher Bewegungsjunky und muss mindestens dreimal die Woche Sport machen, sonst werde ich weniger erträglich 😉 Wenn Zeit ist gehe ich noch sehr gern in die Sauna, gehe tanzen und treffe mich mit meinen Freunden.
Wo siehst Du Dich und embassidy in 5 Jahren?
Ich bin nicht nach einer schnellen Skalierung für embassidy aus; ich würde mich freuen, wenn ich in den nächsten fünf Jahren spannende transkontinentale Projekte übernehmen darf, und viele talentierte Startup Gründern und Teams unterstützen kann! Wenn ich es nicht mehr alleine schaffe, wäre es toll, ein bis zwei unterstützende Kräfte einzustellen und langsam ein tolles Team aufzubauen! Aber ich habe keine Eile - die embassidy in Kombination mit meinen Moderationen ist genau das was ich noch viele Jahre möchte. Also ist Zeit für slow growth : )
Herzlichen Dank für das Interview! Wir wünschen Dir weiterhin viel Erfolg und freuen uns jetzt schon darauf Neues von Dir zu hören!