Das neu gegründete Portal Arztphobie.com möchte Betroffenen helfen. Umfassende Information abseits jeglicher Panikmache – auch für Laien verständlich aufbereitet, dazu weiterführende Tipps hinsichtlich Therapiemöglichkeiten. Das alles und noch viel mehr bietet Arztphobie.com. Wir haben uns mit Gründer Jörg Keller unterhalten und ihm einige Fragen rund um sein Projekt und dessen Zielsetzung gestellt.
Was ist Ihr Geschäftsmodell?
Das Geschäftsmodell von Arztphobie.com kann kurz und prägnant mit „Hilfe zur Selbsthilfe“ umrissen werden. Wir möchten Menschen dabei helfen, ihre Angst vor Ärzten bzw. Arztbesuchen zu überwinden. Und das gelingt am besten mit fachlich fundierter, seriöser Information. Wir stellen unterschiedlichste Phobien näher vor, beschreiben die möglichen Auswirkungen dieser Ängste auf Betroffene und deren Alltag und zeigen Wege auf, wie diese Ängste behandelt und überwunden werden können. Unsere Datenbank ist dabei niemals vollständig, sondern wird kontinuierlich erweitert.
Wann kam Ihnen die Idee zu Arztphobie.com?
Die kam mir tatsächlich während des ersten Corona-Lockdowns, als sich viele Bereiche des alltäglichen Lebens ins Internet verlagerten. In meinem Bekanntenkreis habe ich schnell bemerkt, dass der Bedarf für eine derartige Informationsplattform durchaus vorhanden ist. Mitarbeiten wollte zunächst aber niemand. Nach einer Zeit konnte ich dann zum Glück mit Julia Dernbach, eine Journalismus-Kollegin und mit dem Biologen Thomas Hofmann, einen alten Freund für das Projekt gewinnen.
Im Interview: Jörg Keller
Welchen Mehrwert bietet Ihr Service? Was macht Ihr Angebot besonders?
Der allseits bekannte „Dr. Google“ hat ja zurecht nicht unbedingt den besten Ruf. Oft gehen Menschen, getrieben von leichten Symptomen, im Internet auf die Suche nach möglichen Ursachen. Dabei verlieren sie schnell den Überblick, konzentrieren sich nur auf negative Aspekte und fühlen sich am Ende kränker als vor Beginn der Recherche. Genau das möchten wir verhindern.
Wir wollen Ängste nehmen, nicht schüren. Wir wollen Ängste ernst nehmen, nicht noch zusätzlich verstärken. Was uns besonders macht: Bei Arztphobie.com werden Betroffene mit Ihren Problemen nicht alleingelassen. Wir bieten nicht nur Informationen, sondern zeigen zusätzlich Wege auf, wie mit den Ängsten am besten umgegangen werden kann. Welche Therapieansätze gibt es? Wer ist der geeignete Ansprechpartner? Wo gibt es in der Umgebung Ärzte, die sich auf den Umgang mit Angstpatienten spezialisiert haben? Wie gesagt: Hilfe zur Selbsthilfe!
Wer ist Ihre Zielgruppe?
Unsere Zielgruppe sind Menschen, die sich aufgrund einer tiefsitzenden Angst oder eines übermäßig stark ausgeprägten Schamgefühls nicht zum Arzt trauen und notwendige Behandlungen immer wieder aufschieben. Aufgrund ihrer Ängste ziehen sich viele Betroffene immer weiter aus der Gesellschaft zurück. Sie entwickeln Vermeidungsstrategien, die sie von einem funktionierenden Sozialleben leider effektiv ausschließen.
Zudem entstehen diesen Angstpatienten auch gesundheitliche Nachteile. Nehmen wir als Beispiel die Angst vorm Zahnarzt. Wer es überhaupt schafft, seine Angst zu überwinden, tut dies meist viel zu spät. Mittlerweile ist nicht nur der ursprünglich betroffene Zahn in Mitleidenschaft gezogen, sondern auch alle Zähne in dessen unmittelbarer Umgebung. Manche Betroffenen verzichten gar komplett auf ärztliche Hilfe. Die Folgen sind irreparable Schäden.
Diese Menschen möchten wir mit Arztphobie.com erreichen. Wir wollen ihnen zeigen, dass ein Arztbesuch nichts ist, wovor sie Angst haben müssen.
Arztphobie.com-Gründer Jörg Keller im Interview: „Wir wollen Ängste ernst nehmen, nicht noch zusätzlich verstärken!“, Bildquelle: Stock Images by Depositphotos
Wie läuft die Themenfindung ab?
Die Grundlage bildet eine umfassende Recherche. Wir stellen hohe Ansprüche an uns und unsere Texte. Wichtig ist dabei, eine gute Balance zwischen wissenschaftlichen Fakten und jenen Fragen zu finden, welche die Menschen beschäftigen. Wir konzentrieren uns deshalb auf Artikel in Fachzeitschriften ebenso wie auf Forenkommunikation oder Social Media. Worüber wir uns auch immer wieder freuen, sind Anregungen oder Hinweise per E-Mail.
Die Artikel auf Arztphobie.com sind ausnahmslos von medizinischem Fachpersonal verfasst, ihr Inhalt entspricht stets dem neuesten Stand der Forschung. Gibt es in irgendeinem Feld neue Entwicklungen, werden die Texte entsprechend angepasst.
Könnten Sie uns einen kurzen Einblick in den Arbeitsablauf im Team von Arztphobie.com geben?
Gerne. Prinzipiell ist der in drei Phasen unterteilt: Texterstellung, Überprüfung, Veröffentlichung. Für die Erstellung der Texte ist Julia Dernbach letztinstanzlich verantwortlich. Wichtig ist, die teilweise komplizierten Informationen rund um ein medizinisches Thema sprachlich so aufzubereiten, dass sie leicht verständlich sind. Bereits dadurch können Phobien abgeschwächt werden, ist doch die Angst vor dem Unbekannten eine der stärksten Ängste.
Die Überprüfung der Texte obliegt dann Thomas Hofmann. Er kontrolliert nicht nur die Rechtschreibung, sondern befasst sich intensiv mit den getätigten medizinischen Aussagen. Sind diese korrekt? Entsprechen sie dem aktuellen Stand der Wissenschaft? Natürlich achtet bereits Julia Dernbach bei der Texterstellung auf diese Punkte, vier Augen sehen aber bekanntlich mehr als zwei.
Die Veröffentlichung ist dann meine Aufgabe. Bevor ich den fertigen Artikel auf der Website einpflege, überprüfe ich ihn nochmals hinsichtlich der Gestaltung und der Lesbarkeit. Manchmal füge ich noch Grafiken ein. In einem abschließenden Teamgespräch wird der Text ein letztes Mal besprochen, ehe es dann zur tatsächlichen Veröffentlichung kommt.
Haben Sie von Anfang an Geld verdient oder gab es auch richtige Durststrecken?
Unser Projekt läuft ehrenamtlich, die Finanzierungsfrage stellt sich momentan also nicht. Dadurch sind wir in der komfortablen Lage, komplett werbefrei bleiben zu können. Das heißt aber nicht, dass dieser Status in Stein gemeißelt ist. Bei Arztphobie.com handelt es sich um ein sehr junges und frisches Projekt. Ich könnte mir für die Zukunft eine Kooperation mit telemedizinischen Dienstleistern oder Online-Psychologen vorstellen. Dieser Markt entwickelt sich aktuell ausgesprochen gut. Wenn wir dann die Bekanntheit unserer Partner steigern können und die sich dafür monetär bei uns erkenntlich zeigen, ist das durchaus ein Finanzierungsmodell, das mir gefallen könnte. Bis dahin bleiben wir vorerst aber auf jeden Fall ehrenamtlich und werbefrei.
Dann wünschen wir dabei viel Erfolg und danken Ihnen für das informative Gespräch.