Was ist Dein wichtigster Tipp für andere Startups?
Gebt so wenig Geld wie möglich aus. Beim Gründen entstehen so viele Kosten, die man oft nicht richtig kalkulieren kann. Oder wenn man die Kosten schon vorab kennen würde, sich vielleicht vernünftigerweise gegen eine Gründung entscheiden würde. Hier ein paar schöne Beispiele: GEZ-Gebühren, die für Gewerbe anfallen, selbst wenn man von zu Hause aus arbeitet, die Kosten für eine Gewerbeanmeldung, die man selbst dann machen muss, wenn man als UG zum Notar gegangen ist, Kosten für ein neues Geschäftskonto, klar, und dann kommen da öfter so Briefe der Deutschen Unfallversicherung, oder der Künstlersozialkasse, in die man einen Teil einzahlen soll wenn man einen Künstler beschäftigt hat, wobei der Künstler auch der Grafiker für den Webauftritt oder ein Texter sein kann. Und da sind wir noch nicht einmal bei der feinen Unterscheidung von Einkommensteuer und Steuern aus dem Jahresabschluss, die vom Buchhalter und Steuerberater fein säuberlich getrennt behandelt und natürlich auch zwei Mal berechnet werden. Da nicht perfekt durchzusehen halte ich für normal.
Mein wichtigster Tipp für Jungunternehmer ist daher, möglichst viele Dinge selbst zu übernehmen. Diese Philosophie leben wir auch mit unserem Startup PRontheGO, das PR-Tipps im Do-it-yourself-Format für kreative Gründer zur Verfügung stellt. Möchte man Profis hinzuholen, z.B. einen tollen Texter, Grafiker oder Fotograf, dann empfehlen wir möglichst auf Gegenleistung zu setzen. Bietet eure Produkte oder Dienstleistungen im Gegenzug an für Beratungen und Vermarktungsleistungen, sodass ihr für den Start möglichst wenig Eingangsrechnungen habt.
Was waren Deine Top 3 Learnings als Selbstständige?
Meine Top Learnings empfinde ich ganz klar als persönliche Meilensteine, also Erkenntnisse, bei denen ich auch eine Weile gebraucht habe sie wirklich zu verinnerlichen.
- Darunter als Erstes: Erfolg liegt in der beharrlichen Langfristigkeit, kurze und schnelle Erfolge auf dem Weg des Großen und Ganzen sind toll, aber nicht planbar.
- Zweitens, man sollte kleine Erfolge dann umso mehr genießen. Das sag ich nicht nur so daher, das dauert eine Weile bis man als ehrgeiziger Gründer sich auch mal gelassen freuen kann. Zum Beispiel über tolle Veröffentlichungen in der Presse, selbst wenn das Bankkonto gerade trotzdem mau aussieht.
- Und drittens, sich nicht über sein Business zu definieren. Siehe Erstens kann Erfolg kommen und gehen und ist nicht planbar. Ein guter Mensch, Freund, Familienangehöriger zu sein und sich auch für ganz andere Dinge außerhalb des Business einzusetzen und freuen zu können ist sehr wichtig und wird von vielen Startups in der Gründungsphase vernachlässigt.
Was ist Dein Geschäftsmodell?
Meine Co-Gründerin Dana Federman und ich kommen beide aus dem klassischen PR-Agenturwesen und haben eigene Agenturen geführt. Mit PRontheGO kippen wir das veraltete und sehr teure PR-Agenturmodell für Gründer in der Kreativwirtschaft und Startups und erdenken es neu. Wir starten mit einer Plattform unter PRontheGO.com und stellen dort unsere Best Practices- und PR-Insider-Tipps frei zur Verfügung. Wir arbeiten seit einem Jahr an Ideen für Features wie die Veröffentlichung von Media-Listen, Kooperationen mit Verlagen für die direkte Anbindung an Gründer und weiteren Tools, die wir nun sukzessive umsetzen und veröffentlichen. Dazu kommt eine App, mit der man PR-Know How und Kontakte für die Städte Berlin, Tel Aviv und New York angeliefert bekommt. Co-Gründerin Dana ist aus Tel Aviv, ich bin Berlinerin, eine weitere Partnerschaft für die Umsetzung bahnen wir gerade in New York an.
Melanie Marten, Co-Gründerin PRontheGO (Photo: Sebastian Pielles)
Wer setzt eure Plattform und die kommende App technisch um?
Wir haben uns Angebote aus verschiedenen Ländern der Welt für die Umsetzung der App eingeholt, und das ist auch inzwischen bezahlbar. Nur fühle ich mich nicht richtig als Entrepreneur, wenn ich einfach ein Produkt „einkaufe“ und dann vermarkte. Ich wollte es selber machen, und lerne daher seit etwas über einem Jahr programmieren. Das dauert viel länger, aber das ist es mir wert. Und nur so können wir wirklich agil Ideen umsetzen und wieder verwerfen. Trotzdem stoßen wir dabei natürlich auch an Grenzen, und wir haben uns zum Beispiel dazu entschlossen, einen UX-Designer für die Usability dazu zu holen, um unser erstes Produkt den professionellen Schliff zu geben. Und Dana sehnt schon die Zeiten herbei, bei denen wir uns die Anstellung eines Programmierers leisten können, der schneller und besser ist als ich! Für das Frontend-Design versuchen wir übrigens die Förderung von Design Transfer Bonus zu bekommen: designtransferbonus.de.
Wer ist Deine Zielgruppe und wie erreichst Du sie?
Wir unterscheiden unsere Zielgruppen in User und Content Contributors. Die User sind Gründer in der Kreativwirtschaft aus Film, Mode, Musik, Design, Kunst, Werbung, Literatur sowie lokale Unternehmen wie Shops oder Bars, und digitale Startups. Unsere Content Contributors, die künftigen Beitragsersteller, sind PR-Berater, Growth Hacker, Marketing-Fachleute, große Technologie-Unternehmen die selbst mal als Startup gestartet haben, und Medienhäuser sowie unabhängige Publisher.
Mit dem agilen Aufbau der Plattform und App haben wir uns für einen Soft-Launch in mehreren Etappen entschieden: Zunächst haben wir erste Präsentationsmöglichkeiten für die Idee im Startup-Umfeld wahrgenommen, um uns möglichst viel Feedback zu holen. Nun starten wir mit einer Social-Media-Strategie für Facebook, Twitter, Instagram und Medium. Ab September sind wir auf verschiedenen Startup-Messen mit einem Stand vertreten, z.B. am 03.09.2016 auf der Startup Night Berlin, zu der man sich für einen kostenlosen Stand bewerben kann. Um die einzelnen User zu erreichen haben wir uns für „Hot-Spot-Marketing“ entschieden, d.h. wir möchten in den Medien und auf den Veranstaltungen präsent sein, die auch für unsere Zielgruppe wichtig sind. Für den großen Launch ab Anfang Oktober 2016 nutzen wir als PR-Profis natürlich auch unseren Verteiler, der mehr als 50.000 Kontakte zu Medienvertretern weltweit beinhaltet. Das ist keine Garantie für Erfolg, aber in jedem Fall haben wir darüber eine beträchtliche Reichweite.
Wie finanziert ihr euer Startup? Hast Du von Anfang an Geld verdient oder gab es auch richtige Durststrecken?
Wir nehmen momentan noch nichts ein und finanzieren uns quer, das heißt sämtliche Einnahmen die wir aus PR-Jobs und Mentoring-Aufträgen bekommen fließen in unser Startup. Urlaube und Shopping sind da natürlich nicht drin. Für größere Ausgaben habe ich auch schon Teile meines Hausstandes verkauft, nur um weitere Schritte zu ermöglichen, bzw. die Kosten decken zu können. Ich bin sehr risikofreudig, Dana sehr strategisch. Daher übernimmt Dana auch den Geschäftsaufbau und ich kann meiner Kreativität nachgehen, die ich manches Mal auch für das Überleben benötige. In Kürze veröffentlichen wir einige Tools, mit denen wir auch Geld einnehmen wollen. Das könnte der Beginn vom Ende einer einjährigen Durststrecke sein!
PRontheGO startet ab sofort die DIY-Plattform und kommt demnächst als App
Wie ist die Idee zu PRontheGo entstanden?
Die Idee zu PRontheGO entstand aus einer Verschiebung von Bedingungen. Es gibt immer mehr einzelne kreative Gründer und Startups, die in sehr kleinen Teams starten, und PR für ihre Unternehmung brauchen um wachsen zu können. Auf der anderen Seite sind PR-Agenturen aber sehr teuer, und eine Anzahl an Veröffentlichungen kann auch nicht garantiert werden. Viele Gründer haben zudem noch keine Kenntnisse darüber, was PR alles beinhaltet. Neben der Erstellung von Pressetexten und dem Presseaussand und Pitch bei Journalisten umfasst es z.B. die gezielte Kommunikation mit Multiplikatoren und Influencern und hat auch Teilbereiche zum SEO und Sales. Vieles hat sich online verlagert und ist schnell und einfach durchführbar – Wenn man weiß, wie. Die Listung in relevanten Branchenverzeichnissen, zum Beispiel. Oder die Definition von Keywords für Online-Texte, die man dann auch in den Social-Media-Kanälen wie Instagram nutzen und immer wieder verwenden sollte. Auch Blogger Relations können bspw. von Modedesignern selbst angegangen werden. Sie wissen oft auch selbst am besten, welche Fashion Blogger zu ihnen passen. PRontheGO, der Name „PR für unterwegs“ ist Programm, gibt ihnen tägliche Tipps, Links, Inspirationen und How-To’s auf dem Weg, mit denen sie erste PR-Schritte selbst umsetzen können. Und natürlich wollen wir auch die Freude daran teilen, denn PR kann richtig Spaß machen!
Wo siehst Du Dich und PRontheGO in 5 Jahren?
Dana und ich haben für diese Frage eine Vision entwickelt: Wir möchten die größte PR-Plattform für Unternehmer aus allen Bereichen werden. Mit der Definition eines Ziels für, sagen wir 5 Jahre, können wir uns jetzt Schritt für Schritt auf den Weg machen. Wir starten mit der Kreativwirtschaft und drei Städte-Partnerschaften in diesem Jahr. Wir launchen ein Netzwerk mit Logins und Profilen von PR-Profis auf der einen Seite, und Gründern auf der anderen. Das Prinzip dazu ist folgendes: Die Profis stehen den Gründern zum Start beiseite, sobald die Gründer herangewachsen sind kommen sie dann auf die ihnen vertrauten Profis zurück, um z.B. erste PR-Kampagnen zu beauftragen. Aber alles Schritt für Schritt…, denn Erfolg kann man ja nicht planen!
Herzlichen Dank für das Interview! Wir wünschen Dir weiterhin viel Erfolg und freuen uns jetzt schon darauf Neues von Dir und PRontheGO zu hören!