Was bedeutet „aktive Rechnungsabgrenzung“?
„Aktive Rechnungsabgrenzung“ mag nach einem komplizierten Begriff klingen, aber im Grunde genommen handelt es sich dabei lediglich um eine Methode in der Buchhaltung, die dazu dient, die finanzielle Situation eines Unternehmens genauer darzustellen. Konkret geht es darum, Einnahmen und Ausgaben so zu verteilen, dass sie zeitlich korrekt in der Bilanz erfasst werden.
Die Gewinnermittlung durch aktive Rechnungsabgrenzung stellt einen wichtigen Aspekt der Buchhaltung dar, insbesondere im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Rechnungsperiode, wie beispielsweise dem Jahresabschluss.
Dazu ist es erforderlich, sämtliche Werte aus der Gewinn- und Verlustrechnung sowie der Bilanz eindeutig einer spezifischen Rechnungsperiode, sei es ein Quartal oder ein Geschäftsjahr, zuzuordnen.
Hierbei geht es darum, die finanziellen Ergebnisse und Positionen klar und präzise zeitlichen Abschnitten zuzuweisen, um einen vollständigen Überblick über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu gewährleisten.
Die Abkürzung „ARAP“ steht wörtlich für „Aktive Rechnungsabgrenzungsposten“. Die genauen gesetzlichen Regelungen sind im Handelsgesetzbuch in den Paragrafen 250 und 252 definiert.
Warum muss eine Rechnungsabgrenzung erstellt werden?
Viele Neo-Unternehmer stellen sich die Frage, was die ARAP mit der Buchhaltung für Gründer genau zu tun hat. Die Antwort ist einfach: Die präzise Durchführung der Rechnungsabgrenzung ist erforderlich, um den exakten Periodengewinn eines Unternehmens zu ermitteln. Aufgrund von zeitlichen Unterschieden zwischen Einzahlungen und Ausgaben sowie Erträgen und Aufwendungen besteht ansonsten die Gefahr von Unstimmigkeiten darüber, welcher Periode der Unternehmenserfolg zugeordnet werden sollte.
Eine genaue Rechnungsabgrenzung bietet dem Unternehmen eine Absicherung, um sicherzustellen, dass die Steuern für den entsprechenden Zeitraum korrekt an das Finanzamt abgeführt werden.
Durch diese Regelung beabsichtigt der Staat, Gewinnmanipulationen zu verhindern, die durch absichtliche Verzögerung betrieblicher Einnahmen oder Vorauszahlungen entstehen könnten. Damit soll eine gerechte und transparente Besteuerung gewährleistet werden, indem mögliche Spielräume für unzulässige steuerliche Gestaltungen minimiert werden.
ARAP: Gewinnermittlung durch aktive Rechnungsabgrenzung verständlich erklärt. Bildquelle: Pixabay.com © geralt Public Domain
Was ist ein typisches Beispiel für eine Rechnungsabgrenzung?
Klassische Beispiele für aktive Rechnungsabgrenzungsposten sind unter anderem Vorauszahlungen für Mieten, Versicherungen für Selbstständige oder Leasinggebühren.
Angenommen, ein Unternehmer begleicht halbjährlich im Voraus die Mietzahlungen für sein Büro in Höhe von 9.000 Euro. Diese Zahlung deckt die Miete für die Monate September bis Februar ab.
Da der Unternehmer im Januar ein neues Geschäftsjahr beginnt, erfordert diese Vorauszahlung eine Rechnungsabgrenzung. Der Aufwand für die Monate von September bis Dezember, die noch im aktuellen Geschäftsjahr fallen, beläuft sich auf 6.000 Euro.
Im Gegensatz dazu zählen die Monate Januar bis Februar zum neuen Geschäftsjahr. Daher handelt es sich bei der im Voraus gezahlten Miete von 9.000 Euro um einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 3.000 Euro.
In weiterer Folge wird die ARAP im Februar aufgelöst und der richtigen Geschäftsperiode zugeordnet, da der Aufwand dann geltend gemacht wurde.
Wie wird die ARAP genau berechnet und verbucht?
Die Berechnung jener Beträge, die auf ein anderes Jahr zuordenbar sind, ist einfach. Es muss schlichtweg anteilsmäßig ermittelt werden, welcher Teil des Betrages in welches Jahr gebucht werden muss. Anschließend erfolgt die Verbuchung des Geschäftsfalls.
Wenn beispielsweise Miete über 9.000 Euro bezahlt wurde, von der nur zwei Drittel auf das aktuelle Geschäftsjahr entfällt, so erfolgt zuerst die normale Verbuchung mit dem gesamten Betrag:
Miete | Bank, € 9.000
Im Anschluss daran wird ermittelt, dass 3.000 Euro dem nächsten Geschäftsjahr zugerechnet werden müssen. In der Buchhaltung muss deshalb eine entsprechende Buchung zur Rechnungsabgrenzung erfolgen:
Aktive Rechnungsabgrenzung | Miete, € 3.000
Im folgenden Geschäftsjahr erfolgt dann die Auflösung dieses Buchungssatzes mit einer entsprechenden Gegenbuchung:
Miete | Aktive Rechnungsabgrenzung, € 3.000
Ab diesem Zeitpunkt ist der Geschäftsfall endgültig abgeschlossen.
Wichtig: Der Vorsteuerabzug erfolgt zu 100 Prozent im Jahr der Zahlung. Dabei erfolgt keine Aufteilung oder Trennung des Steuerbetrags. Die Abwicklung des Vorsteuerabzugs gestaltet sich somit unkompliziert und erfolgt direkt im Jahr der getätigten Zahlung.
Gibt es eine gesetzliche Mindestgrenze für die ARAP?
Früher wurde oft eine Geringfügigkeitsgrenze in der Buchhaltung angewendet. Bei kleinen Beträgen unter 800 Euro wurden Rechnungsabgrenzungsposten trotz Erfüllung der Voraussetzungen nicht aktiviert und stattdessen einfach im Aufwand oder Ertrag verbucht. Diese Praxis orientierte sich an den Grenzwerten für Geringwertige Wirtschaftsgüter im Einkommenssteuergesetz (EstG).
Im Jahr 2021 hat der Bundesfinanzhof jedoch in einem Urteil entschieden, dass nach seiner Ansicht auch bei geringfügigen Beträgen aktive Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden sind.
Das Gericht argumentiert, dass das Unterlassen der Bildung von ARAP aufgrund der Geringfügigkeit weder mit dem Grundsatz der Wesentlichkeit noch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerechtfertigt werden kann. Daher sind nun auch für Kleinbeträge unter 800 Euro im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung aktive Rechnungsabgrenzungsposten zu berücksichtigen.
Was ist der Unterschied zwischen aktiver und passiver Abgrenzung?
Die aktive Rechnungsabgrenzung (ARAP) bezieht sich auf bereits bezahlte Beträge, die sowohl Leistungen im aktuellen als auch im kommenden Geschäftsjahr abdecken. Dabei erfolgt die Aufteilung, um festzustellen, welcher Teil des Betrages auf das aktuelle Geschäftsjahr entfällt und welcher auf das folgende Geschäftsjahr.
Im Gegensatz dazu behandelt die passive Rechnungsabgrenzung (PRAP) Situationen, in denen ein Unternehmen Zahlungen erhält, die sich auf Leistungen erstrecken, die sowohl im laufenden als auch im nächsten Geschäftsjahr erbracht werden. Ein anschauliches Beispiel hierfür könnte ein verkauftes Software-Abonnement sein, das vom Kunden im Voraus für ein gesamtes Jahr bezahlt wird, von dem einige Monate ins nächste Geschäftsjahr fallen.