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Arbeitszeit: Gesetzliche Regelungen auf einen Blick (+ Tool-Vergleich Arbeitszeiterfassung)

Verfasst von Roul Radeke. Zuletzt aktualisiert am 26 Mai, 2024
Lesezeit Minuten.
Sie haben gegründet und möchten die ersten Arbeitnehmer einstellen? Oder Sie tragen bereits Personalverantwortung und suchen Informationen zur Arbeitszeit? Lernen Sie in diesem Artikel die gesetzlichen Grundlagen und wichtige Regelungen anhand von Beispielen kennen. Erfahren Sie weiterhin, wie die Arbeitszeiterfassung funktionieren kann und welche Softwarelösungen es dafür gibt. Eine umfangreiche Sammlung an FAQ-Antworten unterstützt Sie bei Lösung konkreter Probleme.  

Schnellcheck Arbeitszeit – die wichtigsten Fragen auf einen Blick

Sie möchten sich als Gründer oder Arbeitgeber über die Themen Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung informieren? Vielleicht haben Sie sich dafür bereits eine der folgenden Fragen gestellt:

  • Was zählt zur Arbeitszeit und was nicht?
    Arbeitszeit umfasst die Zeit, in welcher gearbeitet wird. Ruhepausen gehören nicht dazu.
  • Wo sind die Vorschriften zur Arbeitszeit geregelt?
    Die wichtigsten gesetzlichen Regelungen dazu finden sich im Arbeitszeitgesetz und im Jugendarbeitsschutzgesetz.
  • Ist die Arbeitszeiterfassung Pflicht?
    Eine Pflicht besteht derzeit nur im Zusammenhang mit Mehrarbeit und laut Mindestlohngesetz für geringfügige Beschäftigungen und bestimmte Branchen.

Lernen Sie im nächsten Abschnitt zunächst das Arbeitszeitgesetz als Basis des Arbeitszeitrechts kennen.

Grundlagen zur Arbeitszeit

Vereinbarungen zur Arbeitszeit sind typische Bestandteile eines Arbeitsvertrags. Allerdings können diese nicht beliebig ausgehandelt werden, sondern müssen den Bestimmungen des übergeordneten Arbeitszeitgesetzes entsprechen, das die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer schützen soll. Laut Definition dieses Gesetzes gilt die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit abzüglich der Ruhepausen als Arbeitszeit. Ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung können zusätzliche Regelungen vorsehen, die für den jeweiligen Geltungsbereich bindend sind.

Für wen gilt das Arbeitszeitgesetz und für wen nicht?

Das Arbeitszeitgesetz hat generell nur für Arbeitnehmer und nicht für Selbstständige Bedeutung. Es gibt aber noch weitere Ausnahmen. So gilt anstatt des Arbeitsschutzgesetzes für Jugendliche das Jugendarbeitsschutzgesetz und für Arbeiter auf Handelsschiffen das Seearbeitsgesetz. Weitere Sonderfälle sind in § 18 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes definiert. Demnach ist es für folgende Arbeitnehmer nicht anzuwenden:

  • leitende Angestellte in der Definition des § 5 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz
  • Chefärzte
  • in öffentlichen Dienststellen: Leiter, deren Vertreter und andere Angestellte mit Personalentscheidungsbefugnis
  • pflegende oder betreuende Arbeitnehmer, die mit den anvertrauten Personen in häuslicher Gemeinschaft leben
  • liturgischer Bereich der Kirchen und Religionsgemeinschaften

Der nächste Abschnitt erläutert einige Detailfragen zu den rechtlichen Bestimmungen hinsichtlich der Arbeitszeit.

Arbeitszeit – was ist zulässig? Zahlen auf einen Blick + Beispiele

In der Praxis kommt es häufig zu Fragen und mitunter auch zu Missverständnissen hinsichtlich der korrekten Anwendung des Arbeitszeitgesetzes. Deshalb werden im Folgenden die wichtigsten Punkte erklärt, auch anhand einiger Beispiele.

Tägliche Arbeitszeit

Grundsätzlich darf die Arbeitszeit pro Werktag ohne Einbeziehung der Pausen 8 Stunden nicht überschreiten. Wenn die Arbeit beispielsweise um 7 Uhr beginnt und 15 Minuten Frühstückspause sowie 30 Minuten Mittagspause eingeplant sind, sollte 15.45 Uhr Feierabend sein.

Gelegentlich längere Tagesarbeitszeiten sind nicht ausgeschlossen. Eine Verlängerung bis zu 10 Stunden pro Tag ist erlaubt, sofern die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit innerhalb von 6 Monaten bzw. 24 Wochen 8 Stunden nicht übersteigt. Weiterhin darf die zuständige Aufsichtsbehörde (Amt für Arbeitsschutz) in den in § 15 ArbZG genannten Fällen längere Arbeitszeiten auf Antrag bewilligen, z. B. für Saison- oder Baubetriebe.

Beispiel: 

Folgende Tabelle vergleicht zwei Fälle, die jeweils von einer regulären 5-Tage-Arbeitswoche ausgehen. Um die Zulässigkeit gelegentlicher Arbeitszeitüberschreitungen zu überprüfen, soll der 24-Wochen-Zeitraum betrachtet werden. Unter Beachtung von 6 Feiertagen während dieser Phase ergeben sich insgesamt 114 Arbeitstage (24 * 5 – 6).

FÄLLE
MITARBEITER A
MITARBEITER B
Stunden pro Tag
Tage
Stunden
Tage
Stunden
7
7
49
45
315
8
50
400
54
432
9
38
342
7
63
10
19
190
8
80
Stunden gesamt
981
890
Durchschnittliche Arbeitsstunden pro Tag
8,61
7,81

Pausen

Bei Mitarbeiter A übersteigt die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit 8 Stunden, sodass die gesetzliche Vorgabe nicht erfüllt ist. Die Stundenverteilung bei Mitarbeiter B wäre hingegen zulässig.

Für die Länge der Pausenzeiten definiert das Gesetz Mindestanforderungen, die von der täglichen Arbeitszeit abhängen. Diese dürfen zwar über- aber nicht unterschritten werden. Folgende Regelungen gelten:

ARBEITSZEIT PRO TAGPAUSENZEIT (MIND.)
bis zu 6 Stundenkeine
mehr als 6 und höchstens 9 Stunden30 Minuten
mehr als 9 Stunden45 Minuten

Nach spätestens 6 Stunden ist eine Ruhepause fällig. Wenn die Pausenzeit aufgeteilt wird, müssen die einzelnen Abschnitte mindestens 15 Minuten betragen. Bei einem Arbeitstag von 8 Stunden wären z. B. zweimal 15 Minuten korrekt, dreimal 10 Minuten jedoch nicht.

Beispiele:

GESETZESKONFORMGESETZWIDRIG
8-Stunden-Tag mit 15 min. Frühstücks- und 30 min Mittagspause
8-Stunden-Tag mit 30 min. Pause nach 6 Stunden
6-Stunden-Tag ohne Pause
8-Stunden-Tag mit nur einer Pause von 15 min.
8-Stunden-Tag mit 30 min. Pause nach 6,5 Stunden
10-Stunden-Tag mit nur einer Mittagspause von 30 min.

Wochenarbeitszeit

Die Höchstgrenze für die Arbeitszeit pro Woche liegt bei 48 Stunden. Abweichend hiervon können der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung etwas anderes regeln, oder die zuständige Aufsichtsbehörde eine Ausnahmegenehmigung erteilen. Wie auch bei der Tagesarbeitszeit müssen dann Durchschnittswerte eingehalten werden. Dafür gilt Folgendes:

ABWEICHUNGEN WEGEN
Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung
Ausnahmegenehmigung durch Aufsichtsbehörde
Zeitraum, in welchem die durchschnittliche Wochenarbeitszeit 48 Stunden nicht überschreiten darf
12 Kalendermonate
6 Kalendermonate oder 24 Wochen

Beispiel: 

Eine touristische Einrichtung hat als Saisonbetrieb eine Ausnahmegenehmigung erhalten. Innerhalb von 24 Wochen arbeitet ein Angestellter in 15 Wochen 50 Stunden und in 9 Wochen 30 Stunden. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit beträgt somit 42,5 Stunden und liegt im gesetzlichen Rahmen.

Mindestruhezeit

Zwischen dem Ende der Arbeitszeit und dem erneuten Arbeitsbeginn muss grundsätzlich eine Ruhezeit von mindestens 11 Stunden liegen. Wird diese unterbrochen, weil er Arbeitnehmer nach Feierabend noch einmal für eine nicht unwesentliche Aufgabe beansprucht wird, zählt man ab dem Ende der Unterbrechung erneut 11 Stunden bis zum nächsten Arbeitsbeginn.

Auch hier gibt es Ausnahmen, die in § 5 Abs. 2 ArbZG geregelt sind und u. a. Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Verkehrsbetriebe, die Gastronomie und die Landwirtschaft betreffen. Hier kann eine Verkürzung auf 10 Stunden erfolgen. In diesen Ausnahmefällen muss ein Ausgleich in den nächsten 4 Wochen oder innerhalb eines Kalendermonats erfolgen, indem eine andere Ruhezeit auf mindestens 12 Stunden verlängert wird. Gemäß § 7 Abs.1 Nr. 3 ArbZG kann auch ein Tarifvertrag die Kürzung der Ruhezeit um bis zu 2 Stunden erlauben, wenn das aufgrund der Art der Arbeit notwendig ist und ein Ausgleich innerhalb eines zu vereinbarenden Zeitraumes erfolgt.

Beispiel: 

Die Arbeitszeiten eines Mitarbeiters in einem Hotelbetrieb verteilen sich auf 2 Wochen folgendermaßen:

WOCHENTAGBEGINNENDERUHEZEIT IN STUNDEN
Mo10 Uhr19 Uhr10
Di5 Uhr14 Uhr16
Mi6 Uhr15 Uhr20
Do11 Uhr20 Uhr10
Fr6 Uhr15 Uhr14
Sa5 Uhr14 Uhr–
Sofrei frei frei
Mofrei frei frei
Di7 Uhr16 Uhr17
Mi9 Uhr18 Uhr15
Do9 Uhr18 Uhr13
Fr7 Uhr16 Uhr–
Safrei frei frei
Sofrei frei frei

Es gibt zwei Ruhezeiten von nur 10 Stunden, was in dieser Branche erlaubt ist, zumal diesen bereits unter Einbeziehung der nächsten Woche mehr als 2 Ruhezeiten von mindestens 12 Stunden gegenüberstehen.

Mehrere Arbeitsverhältnisse

Die gesetzlichen Mindestanforderungen hinsichtlich der Höchstarbeitszeit und der Ruhezeiten sind auch zu beachten, wenn ein Arbeitnehmer mehr als nur einem Arbeitsverhältnis nachgeht. Die Arbeitszeiten der verschiedenen Tätigkeiten müssen in diesem Fall zusammengerechnet werden. Der Arbeitnehmer ist deshalb dazu verpflichtet, seinen Arbeitgeber über weitere Arbeitsverhältnisse zu informieren.

Beispiel: 

Ein Mitarbeiter beginnt 6 Uhr mit seiner regulären Vollzeittätigkeit (8 Stunden) und arbeitet abends noch von 19 bis 22 Uhr in einem Restaurant. In diesem Fall wären weder die gesetzlichen Anforderungen an die maximale Arbeitszeit pro Tag noch an die Mindestruhezeiten erfüllt.

Nachtarbeit

Nachtarbeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer mindestens 2 Stunden während der Nachtzeit arbeitet. Diese ist definiert als Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien von 22 bis 5 Uhr. Als Nachtarbeitnehmer gilt bereits, wer an mindestens 48 Tagen im Jahr während dieser Zeit arbeitet. Das ArbZG hält den Arbeitgeber dazu an, als Ausgleich für die Nachtarbeit in angemessenem Maß Zuschläge zu zahlen oder Freizeitausgleich zu schaffen, wobei der Umfang nicht gesetzlich geregelt ist.

Nachtarbeiter haben das Recht, sich alle drei Jahre, und ab dem 50. Lebensjahr jedes Jahr, auf Kosten des Arbeitgebers arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen, ggf. durch den Betriebsarzt. Sofern eine Untersuchung ergibt, dass die Gesundheit des Arbeitnehmers durch die weitere Verrichtung der Nachtarbeit gefährdet wird, hat dieser Anspruch auf einen Tagesarbeitsplatz. Das gilt ebenfalls, wenn er ein Kind unter 12 Jahren oder eine pflegebedürftige Person betreuen muss.

Sonn- und Feiertagsarbeit

Grundsätzlich besteht an Sonn- und Feiertagen ein ganztägiges Beschäftigungsverbot. Allerdings gibt es hiervon einige Ausnahmen und Sonderregelungen:

  • Ausnahmen gemäß § 10 Abs. 1 ArbZG, wenn die Arbeiten nicht werktags erledigt werden können (u. a. Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Landwirtschaft, Energie- und Wasserversorgung, Bewachung)
  • Ausnahme für Schichtbetriebe mit rollender Woche, wenn die Unterbrechung zu aufwendig wäre
  • in Schichtbetrieben mit Tag- und Nachtschicht: Vor- oder Zurückverlegung des Beginns der 24-stündigen Sonn- oder Feiertagsruhe bis zu 6 Stunden möglich
  • Kraftfahrer und Beifahrer: Vor- oder Zurückverlegung des Beginns der 24-stündigen Sonn- oder Feiertagsruhe bis zu 2 Stunden möglich
  • Bäckereien und Konditoreien: Beschäftigung bis zu 3 Stunden an Sonn- und Feiertagen erlaubt

Beispiel: 

In einem Produktionsbetrieb mit Tag- und Nachtschichtbetrieb, aber ohne rollende Woche, könnte sonntags entweder bis 6 Uhr oder ab 18 Uhr gearbeitet werden.

Wer an einem Sonntag arbeitet, dem muss innerhalb der folgenden 2 Wochen ein Ersatzruhetag gewährt werden, bei Feiertagsarbeit beträgt dieser Zeitraum 8 Wochen. Insgesamt müssen mindestens 15 Sonntage pro Jahr arbeitsfrei bleiben. Gemäß § 12 ArbZG können der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung in bestimmten Fällen etwas anderes regeln, z. B. bei rollender Woche, in der Seeschifffahrt oder in Theatern.

Bereitschaftsdienst

Bereitschaftsdienst bedeutet, dass der Arbeitnehmer zwar nicht direkt arbeitet, sich aber im Unternehmen oder in der Nähe aufhalten muss, um jederzeit abrufbar und zeitnah anwesend sein zu können. Ein typisches Beispiel ist die Bereitschaft von medizinischem Personal in Krankenhäusern. Bereitschaftsdienst in diesem Sinne gilt als Arbeitszeit und muss bezahlt werden, wenn auch oft geringer als die restliche Arbeitszeit.

Davon abzugrenzen ist die Rufbereitschaft. Dabei muss der Mitarbeiter ebenfalls erreichbar sein, hat aber mehr Zeit, um bei Bedarf am Arbeitsplatz zu erscheinen. Er kann sich demnach auch zu Hause oder in einem vereinbarten Umkreis aufhalten. Bei einer Rufbereitschaft besteht zwar kein Anspruch auf Bezahlung, häufig werden aber Zulagen dafür vereinbart, da die Bereitschaft den Arbeitnehmer in seiner Freizeitgestaltung einschränkt.

Gleitzeit

Gleitzeit ist eine flexible Form der Arbeitszeitgestaltung, bei der die Arbeitnehmer innerhalb eines bestimmten Rahmens über die Verteilung ihrer Arbeitsstunden bestimmen können. Dieser Rahmen wird im Arbeitsvertrag vereinbart.

Dabei ist darauf zu achten, dass die Bestimmungen des ArbZG erfüllt werden. Eine spezielle Regelung zur Gleitzeit gibt es in diesem Gesetz nicht. Bedeutung hat in diesem Zusammenhang jedoch das Betriebsverfassungsgesetz, welches Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bei der Einführung von Gleitzeit regelt.

Jugendliche

Für Jugendliche unter 18 Jahren gilt anstatt des Arbeitszeitgesetzes das Jugendarbeitsschutzgesetz. Das sind die wichtigsten Unterschiede:

ERWACHSENEJUGENDLICHE
max. Arbeitszeit pro Tag8 (Verlängerung bis 10 bei Ausgleich)8 (Verlängerung bis 8,5 bei Ausgleich)
max. Arbeitszeit pro Woche4840
max. Arbeitstage pro Woche6 (in Ausnahmefällen 7)5
Mindestanforderungen an Pausen30 min. ab 6 Stunden und 45 min. ab 9 Stunden30 min. ab 4,5 Stunden und 60 min. ab 6 Stunden
Mindestruhezeit11 Stunden12 Stunden

Dokumentationspflichten

  • 16 Abs. 2 des Arbeitszeitgesetzes regelt Dokumentationspflichten für folgende Sachverhalte, wobei die Aufzeichnungen mindestens 2 Jahre lang aufbewahrt werden müssen:
  • die über die in § 3 definierte tägliche Höchstarbeitszeit (8 Stunden) hinausgehende Arbeitszeit
  • Verzeichnis der Arbeitnehmer, die in eine Arbeitszeitverlängerung gemäß § 7 Abs. 7 eingewilligt haben (Verlängerung ohne Ausgleich bei Bereitschaft)

Darüber hinaus ergibt sich eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung für geringfügig Beschäftigte und bestimmte Branchen aus § 17 des Mindestlohngesetzes. Es müssen jeweils Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie Pausen dokumentiert werden. Diese Nachweise sind ebenfalls 2 Jahre lang aufzubewahren. Betroffen sind u. a. Gaststätten, die Baubranche sowie das Transportgewerbe.

Ausnahmen bestätigen die Regel

Das ArbZG sieht mehrere Ausnahmen von den grundsätzlichen Bestimmungen vor. So regelt § 7 Abweichungen von der werktäglichen Arbeitszeit und arbeitsfreien Zeiten, z. B.:

  • bei einem hohen Anteil von Bereitschaftsdienst
  • hinsichtlich der Pausenverteilung bei Schicht und Verkehrsbetrieben
  • zur Anpassung an die Besonderheiten in der Landwirtschaft (Witterung, Erntezeit)

Abweichendes zur Sonn- und Feiertagsruhe in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen ist in § 12 definiert. § 14 widmet sich Ausnahmen in außergewöhnlichen Fällen, z. B. wenn Arbeiten dringend erledigt werden müssen, um unverhältnismäßigen Schaden zu verhindern. § 15 regelt, wann Aufsichtsbehörden Ausnahmegenehmigungen erteilen können, etwa für Schichtbetriebe oder Baustellen.

Arbeitszeit im Arbeitsvertrag definieren – Praxistipps für Unternehmer

Im Arbeitsvertrag muss der Umfang der Arbeitszeit geregelt sein, was oft ausschließlich durch die Angabe der Wochenstunden geschieht. Um Missverständnissen und falschen Erwartungen von beiden Seiten vorzubeugen, empfiehlt sich auch die Vereinbarung der Verteilung, z. B. auf die Wochentage oder die Tageszeit.

Dabei gibt es mehr Möglichkeiten als den klassischen 9-to-5-Job, wobei Modelle mit flexibler Arbeitszeitverteilung immer beliebter werden. Diese Flexibilisierung ist jedoch nicht überall möglich, denn beispielsweise bei Schichtbetrieb oder wenn für Kunden bestimmte Öffnungszeiten einzuhalten sind, müssen sich die Arbeitszeiten der Mitarbeiter danach richten. Hier kommt es auch darauf an, die Dienstzeiten mehrerer Angestellter aufeinander abzustimmen.

In vielen Branchen kann jedoch eine individuellere Gestaltung nach den Bedürfnissen des Arbeitnehmers funktionieren. Da sich auf diese Weise häufig private Verpflichtungen und Interessen reibungsloser mit den beruflichen Anforderungen koordinieren lassen, resultiert daraus eine bessere Work-Life-Balance. Folgende Formen flexibler Arbeitszeiten sind möglich:

  • Gleitzeit
    Vereinbart wird eine tägliche Arbeitszeit, die der Arbeitnehmer einhalten muss. Arbeitsanfang und -ende legt er selbst fest.
  • Gleitzeit mit Kernarbeitszeit
    Der Unterschied zur reinen Gleitzeit besteht darin, dass es einen täglichen Zeitkorridor gibt, in dem der Mitarbeiter anwesend sein muss, z. B. von 9 bis 12 Uhr.
  • Flexible Arbeitszeit mit Arbeitszeitkonto
    Es wird ein Arbeitszeitkonto geführt, mit dem der Mitarbeiter sowohl Über- als auch Minusstunden in einem vereinbarten Umfang sammeln bzw. ausgleichen kann.
  • Vertrauensarbeitszeit
    Dabei steht die Erreichung des Arbeitsergebnisses im Mittelpunkt, ohne dass die Arbeitszeit vom Chef minutiös kontrolliert wird. Beachten Sie aber, dass die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes trotzdem eingehalten werden müssen, wozu auch die Erfassung von Mehrarbeit gehört.

Klären Sie die Frage des Arbeitszeitmodells bereits beim Bewerbungsgespräch. So erkennen Sie rechtzeitig die Präferenzen des Bewerbers und können erklären, was in Ihrer Firma hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung realisierbar ist.

Möglichkeiten für die Arbeitszeiterfassung im Überblick

In Deutschland bestehen bisher Aufzeichnungspflichten hinsichtlich der Arbeitszeit nur im Zusammenhang mit Mehrarbeit sowie für die Arbeitsverhältnisse, auf welche sich § 17 des Mindestlohngesetzes bezieht. Damit Sie und Ihre Mitarbeiter nicht den Überblick über geleistete Arbeitsstunden verlieren, speziell auch bei der Führung von Arbeitszeitkonten, ist trotzdem ein praxistaugliches System zur Arbeitszeiterfassung empfehlenswert. Dafür gibt es folgende Möglichkeiten:

  • Formulare, die manuell ausgefüllt werden
  • Excel-Tabellen zur Planung und Arbeitszeiterfassung
  • Stechuhrsysteme
  • Software, auch in Kombination mit elektronischer Zeiterfassungshardware (Terminals mit Erfassung des Arbeitsbeginns und -endes z. B. über Transponder, Chipkarte, Fingerprint oder QR-Code)

Ein Urteil des EuGH aus dem Jahr 2019 besagt, dass Unternehmen ein objektives und verlässliches System zur Arbeitszeiterfassung brauchen. Es erfolgte zwar bisher weder eine Übernahme in das deutsche Recht noch existiert eine Frist dafür. Stellen Sie sich als Arbeitgeber trotzdem auf entsprechende Änderungen ein. Informieren Sie sich deshalb über geeignete Softwarelösungen, welche die Zuverlässigkeit der Arbeitszeiterfassung sicherstellen, und darüber hinaus weitere Vorteile bieten:

  • Verringerung des manuellen Erfassungs- und Verarbeitungsaufwandes
  • Geringere Fehlerwahrscheinlichkeit
  • über Apps meist auch mobil verwendbar, z. B. für den Außendienst
  • oft weitere Funktionen zur Personalverwaltung enthalten (z. B. Einsatz-, Projekt- oder Urlaubsplanung)
  • durch passende Verknüpfungen häufig Datenübernahme in andere Programme möglich (z. B. in die Lohnbuchhaltung)
  • zum Teil Kombination mit elektronischen Zeiterfassungsterminals möglich

Erfahren Sie im nächsten Abschnitt mehr zur Software für die Arbeitszeiterfassung und lernen Sie einige davon kennen.

Tool-Vergleich: Diese 10 Programme helfen bei der einfachen digitalen Arbeitszeiterfassung

Fast alle Softwarelösungen zur Zeiterfassung sind über eine Cloud nutzbar und werden als Mietlizenzen angeboten. Häufig gibt es mehrere Tarife mit unterschiedlichem Funktionsumfang. Mitunter lassen sich auch verschiedene Module nach Bedarf kombinieren. Achten Sie bei der Auswahl vor allem auf Folgendes:

  • Funktionsumfang (i. d. R. keine Beschränkung auf reine Arbeitszeiterfassung)
  • Eignung für die eigene Branche bzw. Arbeitsform oder sogar Spezialisierung darauf (z. B. Projektarbeit, Außendienst)
  • ggf. Kompatibilität zu vorhandener Software für die Datenübernahme
  • Eignung für die eigene Unternehmensgröße
  • Preis und Lizenzmodell (für das gesamte Unternehmen oder pro Nutzer)
  • Verfügbarkeit einer mobilen App (bei Bedarf)
  • Möglichkeit einer Kombination mit Zeiterfassungsterminals (bei Bedarf)

Folgende Tabelle stellt eine Auswahl von Software vor, die sich für die Arbeitszeiterfassung eignet. Die einzelnen Lösungen decken unterschiedliche Anforderungen ab.

ANBIETERFUNKTIONS-
UMFANG
PREISKOSTENFREIE TESTPHASEEIGNUNGBESONDERHEITENGESAMT-
EINDRUCK
Personio-Logo
Personio
umfassende HR-Software mit Zeiterfassung als Teilfunktion inkl. Recruiting, Onboarding, Lohnabrechnung u. a.ab 95 € pro Monat (inkl. aller Nutzer)14 Tagejede Unternehmens-größeaufeinander abgestimmte digitale HR-Prozessesehr gut
Asana-Logo
Asana
Software zur Projektsteuerung, die um ein kostenloses Zeiterfassungstool ergänzt werden kanndauerhaft kostenlose Basisversion bis 15 Personen, nach Upgrade ab ca. 11 € pro Nutzer und Monatals Basisversion unbegrenztjede Unternehmens-größe, speziell für ProjektarbeitFür die Zeiterfassung wird Clockify empfohlen, das sich in Asana integrieren lässt.gut
clockodo-Logo
clockodo
Digitale Stempeluhr, Offline-Zeiterfassung, Auswertungen, Urlaubsplanung u. a.kostenlose Freelancer-Version für 1 Nutzer, sonst ab 4 € pro Nutzer und Monat14 Tagekleine und mittlere Unternehmenin einigen Versionen auch Projektzeit-Erfassungsehr gut
Timr-Logo
Timr
Arbeitszeit-erfassung, Projektzeit-erfassung, Zeiterfassung App, Urlaubsplaner, Fahrtenbuch, Zeiterfassungs-terminal u. a.dauerhaft kostenlose Version für nur 1 Benutzer, sonst ab 7,20 € pro Benutzer und Monat14 Tagejede Unternehmens-größe, auch für AußendienstDetailerfassung via Code-Scan, Positionserfassunggut
Timo-Logo
TimO
Arbeitszeit-erfassung (auch in Projekten), Zeiterfassungs-terminal, Abwesenheits-planer, Kapazitäts-planung, Auftragszeiten u. a., Module nach Bedarf buchbarModul Zeiterfassung ab 4,95 € pro Mitarbeiter und Monat30 Tagekleine und mittlere UnternehmenKomplett-lösungen mit Hardware möglich (Zeiterfassungs-terminals)gut
ZEP-Clock-Logo
ZEP Clock
Zeiterfassung und -auswertung (auch offline), Urlaubs- und Fehlzeiten-verwaltung, Dokumenten-verwaltung u. a.ab 1 € pro Nutzer und Monat30 Tagejede Unternehmens-größeKombination mit Personio möglich, RFID Terminal als Hardware erhältlichsehr gut
TimePunch-Logo-1
TimePunch
Anwesenheits- oder projektbasierte Zeiterfassung, Pausenerfassung, Urlaubsverwaltung, Auswertungen u. a. (je nach Version)Miete: ab 25,90 € pro Monat, Kaufversion: ab 88 €30 Tagejede Unternehmens-größe, auch Solo-Selbstständigeverschiedene Terminals als Hardware erhältlichgut
TimeTac-Logo
TimeTac
Arbeitszeit-erfassung, Projektzeit-erfassung, Abwesenheits-verwaltung, Urlaubsverwaltung u. a.pro Monat 15 € Basisgebühr + modul- und nutzerabhängige Kosten (ab 3,50 €)30 Tagehauptsächlich mittlere und große UnternehmenModule lassen sich einzeln nutzen oder konfigurierensehr gut
Zoho-People-Logo
Zoho People
umfassende HR-Software mit Zeiterfassung als Teilfunktion inkl. Ein- und Auschecken, Aufgaben- und Schichtplanungkostenlose Basisversion für max. 5 Nutzer, danach ab 1,25 pro Nutzer und Monat15 Tagejede Unternehmens-größe5 Tarife und einige zum Teil kostenpflichtige Zusatzoptionen zur Auswahlsehr gut
123erfasst-Logo
123erfasst
umfassende Funktionen zur Arbeitszeit-erfassung auf dem Bauab 4,90 € pro Nutzer und Monat14 TageBaubrancheje nach Tarif weitere Funktionen für die Baubranche, z. B. Baulohn, Foto-dokumentation, Bautagebuchgut

Sie sehen, dass es speziell für die Anforderungen kleinerer Unternehmen auch kostenlose Lösungen für die Arbeitszeiterfassung gibt.

FAQ Arbeitszeit & Arbeitszeiterfassung – die 25 wichtigsten Fragen und Antworten

Im Arbeitsalltag treten im Zusammenhang mit den Arbeitszeitregelungen häufig ganz konkrete Fragen auf. Folgende FAQ-Übersicht hilft Ihnen dabei, Antworten darauf zu finden:

1. Gehören Kaffeepausen zur Arbeitszeit?

2. Zählen Raucherpausen als Arbeitszeit?

3. Wie rechnet man Aufräumarbeiten der Arbeitszeit an?

4. Zählen Hin- und Rückweg zur Arbeitszeit?

5. Darf man während der Arbeitszeit einen Ein- oder Ausstand feiern?

6. Wie berechne ich die Arbeitszeit bei Außendienstmitarbeitern?

7. Wie viel Arbeitszeit wird bei einer Dienstreise berechnet?

8. Muss ich Arzttermine während der Arbeitszeit gestatten?

9. Wie berechnet man die Arbeitszeit, wenn es in der vorgesehenen Zeit keine Aufgaben für den Mitarbeiter gab?

10. Wer ist vom Arbeitsverbot an Sonn- und Feiertagen ausgeschlossen?

11. Wie berechne ich die Arbeitszeit, wenn Mitarbeiter zu spät kommen?

12. Was ist zu tun, wenn sich bei Mitarbeitern Ãœberstunden summieren?

13. Was passiert, wenn der Arbeitgeber gegen das Arbeitszeitgesetz verstößt?

14. Muss ich die Arbeitszeit meiner Mitarbeiter dokumentieren?

15. Wie viele unbezahlte Überstunden sind im Arbeitsvertrag zulässig?

16. Welche Regelungen in Sachen Arbeitszeit gelten für Schwangere?

17. Wie erfasse ich die Arbeitszeit meiner Mitarbeiter im Homeoffice?

18. Wie wird der Datenschutz bei der Arbeitszeiterfassung gewährleistet?

19. Was ist zu tun, wenn mein Mitarbeiter zu viele Minusstunden aufbaut?

20. Können für Auszubildende Minusstunden entstehen?

21. Was geschieht bei einer Kündigung mit Minusstunden?

22. Zählen Rüstzeiten zur Arbeitszeit?

23. Gehört Umkleidezeit zur Arbeitszeit?

24. Was ist bei Arbeit auf Abruf zu beachten?

25. Was ist Arbeitszeitbetrug?

Ob Schichtbetrieb, Gleitarbeitszeit oder Projektbearbeitung, welche Fragen im Zusammenhang mit der Arbeitszeit auftreten, hängt auch immer von der Branche und der konkreten Form der Arbeitsorganisation ab.

Fazit: Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung

Als Arbeitgeber sind Sie dafür verantwortlich, dass die gesetzlichen Vorgaben zur Arbeitszeit eingehalten werden. Da die Bedeutung flexibler Arbeitszeitmodelle in vielen Branchen zunimmt, kann Sie das vor besondere Herausforderungen stellen. In diesem Zusammenhang ist eine zuverlässige Methode der Arbeitszeiterfassung empfehlenswert. Es gibt zahlreiche Softwarelösungen, mit denen das möglich ist.

Disclaimer

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Roul Radeke ist Gründer und Geschäftsführer von Selbststaendigkeit.de. Das Onlineportal bietet Existenzgründern und Unternehmern News aus der Gründer- und Unternehmerszene, hilfreiches Wissen für die Gründung und Führung von Unternehmen, geförderte Existenzgründungsberatung (AVGS-Coaching) sowie digitale Produkte für die Selbstständigkeit.

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