Warum Selbstständige so schwer einen Kredit bekommen

Verfasst von Roul Radeke. Zuletzt aktualisiert am 9 März, 2024
Lesezeit Minuten.
Viele Selbstständige gehören bezüglich Kreditthemen nicht unbedingt zu den beliebten Kunden einer Bank. Darlehen werden nur zögerlich vergeben, Angestellte, gar Beamte werden fast immer bevorzugt. Aber woran liegt die sich schleppende Bearbeitung eines Kreditantrags oder die deutliche Absage, dass dem Selbstständigen kein Darlehen gewährt werden kann? Dieser Artikel geht den Fragen auf den Grund.  

Warum werden Selbstständigen oft ein Kredit verwehrt?

Für Selbstständige ist das Thema oft eine Krux. Sie benötigen den Kredit, um sich beispielsweise beruflich zu vergrößern, erhalten jedoch auf der anderen Seite Absagen, weil sie eine selbstständige Tätigkeit ausüben. Vorab muss jedoch ein wenig differenziert werden: Auch Selbstständige erhalten einen Autokredit oder eine Hausfinanzierung, da nun das Auto oder das Haus als Gegenwert betrachtet werden kann. Zugleich kommt es mitunter auf die gewünschte Kredithöhe an, so wie es auch bei Angestellten ist: Ein Kredit über 2.000 Euro wird eher vergeben, als einer, der die zehnfache Summe ausweist.

Doch woraus resultieren die Probleme bei der Kreditsuche?

  • Unsicherheit – die finanzielle Situation eines Selbstständigen ist nicht eindeutig und sicher vorherzusagen. Während Angestellte monatlich feste Einnahmen haben, schwanken die Einnahmen eines Selbstständigen im Regelfall. Zugleich greifen keine Absicherungen, da der Selbstständige keinerlei Anspruch auf ALG I hat.
  • Sicherheiten – mitunter hat der Selbstständige auch keine Sicherheiten, die er der Bank bieten könnte. Liegen Unternehmenswerte vor, so sollten diese niemals als Sicherheit für einen Privatkredit hinterlegt werden, denn im schlimmsten Fall leidet der Betrieb darunter.

Viele Menschen, unter anderem auch Selbstständige, haben eine falsche Auffassung von Wertgegenständigen und deren Pfändbarkeit. So kommt es durchaus vor, dass versucht wird, ein vermeintlich kostbares Gut als Sicherheit zu hinterlegen. Das Problem ist nur, dass der Wert nicht allein die Pfändbarkeit bestimmt, da diese von der Wahrscheinlichkeit der Wiederveräußerung auf einer Auktion abhängt. Ein Beispiel: Die moderne Heimkinoanlage kann, obwohl sie mehrere tausend Euro kostete, auf einer Versteigerung nur wenige hundert Euro einbringen. Viele Gegenstände verlieren ihren Wert rasch und da bei langfristigen Krediten die Alterung eine Rolle spielt, lässt sich mitunter auch ein Kleinkredit nicht mehr auf diesem Wege absichern.

Was können Selbstständige tun?

Trotz aller Schwierigkeiten dürfen Selbstständige nicht aufgeben. Es gibt auch für diese Berufsgruppen gute und seriöse Kredite. Wichtig ist nur, dass der Kreditnehmer nicht nur die Angebote miteinander vergleicht und auf die Konditionen achtet, sondern vorab bereits seine Hausaufgaben erledigt:

  • Einnahmensituation – es sollte eine Auflistung über alle Einnahmen erstellt werden, die bereits mehrere Jahre zurückgeht. Kann nachgewiesen werden, dass über einen längeren Zeitraum stets Gelder reinkamen und diese sich mitunter in der Höhe steigerten, ist aus Kreditgebersicht bereits Substanz vorhanden.
  • Zukunftsaussichten – dieser Punkt ist aus Kreditgebersicht natürlich markant. Wie dürfte sich das Unternehmen, wie dürften sich die Einnahmen entwickeln? Gibt es bereits Verträge über langfristige Projekte, die unterschrieben sind?
  • Persönliche Sicherheiten – gibt es ein bereits abbezahltes Eigenheim, das als Sicherheit hinterlegt werden kann? Aktien, Festgeldkonten oder Fonds?

Häufig entscheiden die Art und Höhe des Kredits, wie auch dessen Verwendungszweck. Für den Betrieb angedachte Kredite stellen häufig geringere Hürden dar, sofern der Betrieb Anlagen oder Maschinen hat, die als Sicherheit gelten.

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Was können Selbstständige tun, um ihre Kreditchancen am Ende zu verbessern? Bildquelle: Depositphotos.com

Zuletzt gibt es die Möglichkeit, einen zweiten Kreditnehmer mit ins Boot zu holen, den Kredit von einer festangestellten Person aufnehmen zu lassen oder einen Bürgen zu nutzen. Hierbei gibt es jedoch, sich über die Risiken im Klaren zu sein:

  • Zweiter Kreditnehmer – kann der Selbstständige nicht die Raten begleichen, so steht der zweite Kreditnehmer für den Restbetrag ein. Nicht selten wird der Ehepartner genutzt und es lauern dieselben Gefahren, die bei vielen Hausfinanzierungen auftreten: Was passiert im Falle der Trennung?
  • Anderer Kreditnehmer – dieser Fall muss im Innenverhältnis mit einem korrekten und abgesicherten Vertrag geklärt werden. Die andere Person nimmt den Kredit für den Selbstständigen auf, ist jedoch der Bank gegenüber alleinig verpflichtet. Der Selbstständige muss die Raten sicher an den Kreditnehmer zahlen, denn sonst gerät dieser in finanzielle Probleme.
  • Bürgen – auch hier ist die Verantwortung hoch, da der Bürge für den Kredit aufkommen muss, wenn der Selbstständige nicht die Raten begleichen kann. Es gibt zwei Bürgschaftsarten: die selbstschuldnerische Bürgschaft und die Ausfallbürgschaft.

Alle drei Lösungen sind zielführend, nur sollte keine von ihnen unbedacht und übereilt genutzt werden. Gerät der Selbstständige in finanzielle Schwierigkeiten, zieht er den Bürgen oder weiteren Kreditnehmer unweigerlich mit hinein.

Staatliche Förderungen als Alternative

Handelt es sich bei dem Kreditwunsch um einen explizit mit dem Beruf zusammenhängenden Grund, so bieten sich staatliche Förderungen an. Die »Kreditbank für Wiederaufbau«, kurz KfW, stellt Unternehmern etliche Produkte vor, die alleinstehend genutzt oder aber mit einem anderweitigen Kredit kombiniert werden können.

Die Vorteile sind oft deutlich niedrigere Zinsen und die Nutzung von Fördermitteln. Dabei spielt es eine nur geringe Rolle, wie lang das Unternehmen schon am Markt ist: Es gibt sowohl für Start-ups als auch für etablierte Betriebe Förderkredite. Sie sind zweckgebunden und dienen beispielsweise dem Ausbau des Maschinenparks, der Erweiterung des Unternehmens, aber auch der Sanierung der zum Betrieb gehörenden und sich im Eigentum des Unternehmers befindlichen Gebäude.

Fazit – Vorarbeit leisten und vergleichen

Die besten Chancen auf einen Kredit hat ein Selbstständiger, wenn er praktisch seine vergangenen, aktuellen und künftigen Einnahmen direkt vorweisen kann. Unternehmer müssen bezüglich ihres Einkommens mehr Arbeit als Angestellte leisten, da die Einnahmen nicht wie einfaches Gehalt monatlich überwiesen werden. Sind die Vorarbeiten geleistet, geht es an den Vergleich der Angebote und die Überlegung, ob sich staatliche Förderungen eignen oder lohnen. Kredite der KfW werden nicht direkt dort ausgegeben, sondern stets über die Hausbank beantragt. Übrigens ist es nie ein Fehler, wenn Unternehmer vor Ort in der Stadt, dem Landkreis oder auch der Landesregierung prüfen, ob es gesonderte Fördermittel gibt. Viele Länder bieten eigene Fördermittel an, die mit den Angeboten der KfW kombiniert werden können.


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Roul Radeke ist Gründer und Geschäftsführer von Selbststaendigkeit.de. Das Onlineportal bietet Existenzgründern und Unternehmern News aus der Gründer- und Unternehmerszene, hilfreiches Wissen für die Gründung und Führung von Unternehmen, geförderte Existenzgründungsberatung (AVGS-Coaching) sowie digitale Produkte für die Selbstständigkeit.

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