Das klassische Franchise-System
Unter Franchising ist im klassischen Sinne eine Partnerschaft zu verstehen, über die ein Geschäftsmodell, meist ein Vertriebssystem, multipliziert wird. Dabei stellt der Franchisegeber seine bereits entwickelte und erprobte Unternehmensidee einem Franchisenehmer zur Verfügung. Gegen eine Gebühr darf der Franchisenehmer dann das Konzept, den bereits etablierten Markennamen und die gesamte Corporate Identity –inklusive Ladengestaltung, Arbeitskleidung und Branding – für sein eigenes Unternehmen nutzen. Der Franchisegeber bleibt für die gesamte Vertragslaufzeit für die Aus- und Weiterbildung des Franchisenehmers und seines Teams sowie für die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells zuständig. Im Gegenzug muss der Franchisenehmer, der dennoch rechtlich eigenständig handelt, den Franchisegeber an seinen erwirtschafteten Gewinnen beteiligen. Dieses auf einen kommerziellen Nutzen ausgerichtete System führt so zu einer Win-Win-Situation auf beiden Seiten.
Das kommerzielle Konzept wird auf soziale Vorhaben übertragen
Beim Franchising im sozialen Sinne wird dieses wirtschaftlich ausgerichtete System auf die Umsetzung und Verbreitung sozialer Vorhaben übertragen. Im Vordergrund steht das Gemeinwohl – beispielsweise in Form von Integration, Gleichberechtigung oder Aufklärung. Wird ein als erfolgreich identifiziertes soziales Pilotprojekt aus dem Non-Profit-Bereich weiteren sozialen Trägern zur Verfügung gestellt, entsteht ein Franchising-System mit sozialer Natur. Die sozial ausgerichteten Franchisenehmer können vom erarbeiteten Konzept profitieren und einen guten Zweck verfolgen. Der Franchisegeber – oft Stiftungen oder gemeinnützige Vereine – fördert damit gleichzeitig die Verbreitung seiner Idee und multipliziert seinen Erfolg an neuen Standorten. Auch bei dieser Form des Franchisings gibt es einen Vertrag, ein Handbuch als Anleitung und regelmäßige Ausbildungsangebote sowie Schulungen. Da es sich bei den Franchisepartnern bei diesem System jedoch meist um Non-Profit-Organisationen handelt, werden in den meisten Fällen keine Franchise-Gebühren erhoben. Dafür ist es möglich, dass der Franchisenehmer Datensätze, die durch das Projekt gesammelt werden, als Austausch weiterleitet. Diese Informationen dienen als Basis, um das Gesamtkonzept weiterzuentwickeln.
Social Franchising: Wenn das Gemeinwohl im Vordergrund steht, Bildquelle: Selbststaendigkeit.de
Trotzdem kann das Erzielen von Gewinnen, die üblicherweise reinvestiert werden, ebenfalls ein Ziel eines sozialen Projekts sein. Denn: Beim Social Franchising wird der kommerzielle Gedanke nicht ausschließlich durch den sozialen Aspekt ersetzt, sondern meist um diesen ergänzt. Ein erfolgreiches Beispiel dafür ist das Social-Franchise-System „Dialog im Dunkeln“ des Unternehmens „Dialogue Social Enterprise GmbH“. Sehende Besucher der Ausstellung erfahren, wie sich blinde Menschen im Alltag zurechtfinden. Da dort zudem hauptsächlich Sehbehinderte arbeiten, kann ein Austausch zwischen Besuchern und Blinden stattfinden. Dieses Ausstellungskonzept wurde ein Social-Franchise-System – aktuell gibt es 24 dieser Ausstellungen in 20 Ländern weltweit. Die Kosten werden dabei durch die Eintrittsgelder der Besucher gedeckt. Neben dem Ziel, Aufmerksamkeit für das Leben sehbehinderter Menschen zu wecken und Dialoge zu initiieren, gibt es zudem ein wirtschaftliches Bestreben – schließlich können nur so die Kosten gedeckt werden.
Staatliche Institutionen: Unterstützung von Social Franchising Projekten
Neben der auf Gemeinnützigkeit ausgerichteten Zielsetzung und der eher in den Hintergrund gestellten Profitorientierung gibt es noch ein weiteres Merkmal, das das soziale Franchising vom herkömmlichen Franchising unterscheidet. Häufig werden die entstehenden Kosten dieser sozialen Vorhaben – anders als im Beispiel „Dialog im Dunkeln“ – nicht durch die Kunden oder Nutzer gedeckt, sondern durch staatliche Institutionen. Daher muss sich der Franchisegeber als Gründer eines sozialen Franchising-Systems frühzeitig Gedanken über die Deckung der Projektkosten durch staatliche Fördergelder oder Subventionen machen. Seine Erfahrungen mit Regularien und Bedingungen sowie Ämtern und Behörden kann der Social Franchisegeber dann an seine Franchisenehmer weitergeben und sie so auf dem Weg zur Umsetzung des gemeinsamen sozialen Projektes zusätzlich unterstützen.