Existenzielle Fragen, die sich jeder Gründer stellen sollte
Sowohl die Nebenerwerbs-, Klein- als auch die Vollgründung ist für sich betrachtet mit Risiken verbunden. Allerdings können sich diese immens voneinander unterscheiden. In allen drei Fällen entstehen die Risiken erstmals in Zusammenhang mit den sogenannten Vorlaufkosten. Bis dahin ist jede Gründung grundsätzlich noch risikofrei. Gerade deshalb ist es für jeden Existenzgründer notwendig, sich mit den existenziellen Fragen einer Gründung auseinanderzusetzen, bevor er tatsächlich gründet.
1. Frage: Verantwortung
Ist der Existenzgründer bereit, für sich und später auch für seine Angestellten Verantwortung zu übernehmen? Die Frage betrifft sowohl das Einstehen für die wirtschaftliche Situation und die Existenzsicherung des Startups als auch die Bereitschaft, in schlechten Zeiten Personal zu entlassen. Ein weiterer Faktor ist die Anschaffung von Maschinen für die Produktion des Produktes. Auch hier lässt sich das Risiko minimieren indem in qualitativ hochwertige, jedoch kostengünstige Gebrauchtmaschinen statt teure neue Maschinen investiert wird.
2. Frage: Kenntnisse
Hat der Existenzgründer die für sein Produkt oder seine Dienstleistung erforderlichen Kenntnisse? Weiß er genau, was er seinen Kunden anbieten will und wofür sie ihn bezahlen sollen? Dazu gehört neben der Produktkenntnis das Wissen um den Markt und die Bereitschaft, für die Abgabe von Angeboten kundenabhängig hinzuzulernen. Nur so kann der Existenzgründer passgenaue Lösungen für die Wünsche der Kunden finden.
3. Frage: Leistungsbereitschaft
Ist er zu besonderer Leistung bereit? Ein Existenzgründer muss willens sein, mehr als 50 Stunden in der Woche zu arbeiten. Er muss sich Herausforderungen und unvorhergesehenen Problemen stellen und sie durch eigene Leistung lösen. Dazu muss er in seinem Startup stets die Vorbildfunktion gegenüber den Mitarbeitern wahrnehmen.
4. Frage: Geschäftsidee
Ist die Geschäftsidee gut durchdacht? Wenn der Existenzgründer seine Idee nicht schlüssig in ein Geschäftsmodell weiterentwickeln kann, wird er weder Geldgeber finden, noch sich am Markt durchsetzen und im zweiten Falle im Zweifel sein eigenes Geld „verbrennen“.
Wie Sie das Risiko bei der Firmengründung klein halten können, Bildquelle: Depositphotos.com
5. Frage: Gründungswille
Hat er den unbedingten Willen, ein Startup zu gründen? Der Existenzgründer muss voll hinter seinem Geschäftsmodell stehen. Das gilt intuitiv für den Gründungswillen auch von irrational anmutenden Teilen seiner Geschäftsidee. Er muss für sie „brennen“. Seine Geschäftsidee darf keine Notlösung sein, die auf der Unzufriedenheit des Gründers mit seiner persönlichen Situation beruht. In solchen Fällen fehlt es an dem unbedingten Gründungswillen.
Wenn sich der Existenzgründer alle fünf Fragen gestellt und sie positiv beantwortet hat, kann er eine risikoarme Gründung seines Startups prüfen. Vorab sollte er aber seine Qualifikation zum Jungunternehmer testen.
Die Nebenerwerbsgründung
Über die Hälfte aller Unternehmensgründungen sind Nebenerwerbsgründungen. Die Existenzgründer minimieren ihr Risiko, indem sie gerade nicht in die vollständige Selbstständigkeit wechseln. Sie finanzieren sich und die Neugründung weiter aus den Einnahmen ihrer Hauptbeschäftigung. Unter dem Aspekt der Begrenzung des Risikos gibt es drei Arten von Nebenerwerbsgründungen.
1. Aspekt: Ausschließliche Nebentätigkeit
Die Nebenerwerbsgründung soll, wie ihre Bezeichnung sagt, ausschließlich dem Nebenerwerb dienen. Sie ermöglicht ein zusätzliches Einkommen, mit dem sich der Gründer besondere Wünsche erfüllen will. Eine spätere Ausweitung des Nebenerwerbs ist nicht geplant. Sie könnte zu einer unerwünschten Erhöhung des Risikos bei der Ausübung oder gegenüber der Haupttätigkeit führen, so dass die Nebenerwerbsgründung eine bewusste Selbstbeschränkung der Nebentätigkeit ist.
2. Aspekt: Einkommenserhöhung der Haupttätigkeit
Bei der Nebenerwerbsgründung ist erkennbar, dass mit dem voraussichtlich zu erzielenden Einkommen eine volle Selbstständigkeit nicht zu finanzieren oder nur unter Einschränkungen möglich ist; das Risiko wird auf das Einkommen aus dem Nebenerwerb begrenzt. Die Nebenerwerbsgründung wird zum klassischen Fall der Risikominimierung bei einer Unternehmensgründung.
3. Aspekt: Vorstufe zur Volltätigkeit
Die Nebenerwerbsgründung kann eine Vorstufe zur Vollgründung eines Startups sein. Der künftige Jungunternehmer nutzt den Schutz seiner Volltätigkeit, den Markt für seine Erzeugnisse zu testen. Sein Einkommen ist gesichert, so dass er keine Existenzsorgen hat. Vielleicht ist sein Arbeitgeber bereit, sich an der Gründung als Geldgeber zu beteiligen oder wird Abnehmer der geplanten Produkte oder Dienstleistungen als Kunde seines ehemaligen Angestellten. Die Nebenerwerbsgründung ist eine Möglichkeit für den Jungunternehmer, die Risiken der Vollgründung einzuschränken und abzustufen. So ermöglicht die Nebenerwerbsgründung dem Gründer die Risiken seines Geschäftsbetriebes in Grenzen zu halten, gleichgültig, ob er im Nebenerwerb verbleibt oder die volle Selbstständigkeit anstrebt.
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Die Kleingründung
Unter Kleingründung versteht die Europäische Union eine Existenzgründung, die weniger als 25.000 Euro kostet. Sie ist auch hinsichtlich der Arbeitsplätze klein; denn einziger Arbeitnehmer ist der Gründer selbst. Dafür ist sein Arbeitsplatz in der Regel sicher. Das Risiko lässt sich dadurch minimieren, dass der Gründer nur selbst tätig ist. Er fängt klein an, häufig sogar ohne eigenes Büro. Er behält die Kosten im Griff, während er zugleich den Markt sondiert. Seine Verbindlichkeiten entstehen entlang der Geschäftsentwicklung, etwa für Büroausstattung, Ausrüstung oder Mitarbeiter. Je mehr der Geschäftsbetrieb Früchte trägt, desto mehr und erst dann investiert er in die Entwicklung seiner Tätigkeit. Die Kleingründung geschieht fast ohne Risiko. Sie ist ein Modell der Minimierung des Risikos durch den Gründer, der entweder Freelancer bleibt oder seine Geschäftsidee zum Unternehmen ausweitet.
Gründen fast ohne Risiko? Bildquelle: Depositphotos.com
Die Vollgründung
Auch Vollgründungen können risikoarm bewerkstelligt werden. Die Existenzgründer müssen auf vier Faktoren achten, die sie einer Betrachtung der Risiken unterziehen.
1. Faktor: Produkt
Das Produkt oder die Dienstleistung brauchen noch nicht voll ausgearbeitet zu sein, wenn sie dem Markt angeboten werden. Es reicht eine Minimalversion (Minimum Viable Product = MVP) aus, sobald sie von den Kunden als interessantes Angebot akzeptiert wird. Ein Dummy oder ein Film des Produktes können dazu dienen, mit den Kunden die Fortentwicklung des Produkts zu erarbeiten. Das Startup minimiert so das Kostenrisiko für die Produktentwicklung, weil es bereits die Anforderungen des Marktes einbezieht.
2. Faktor: Aufträge
Die Aufträge können den Zeitpunkt für die Existenzgründung bestimmen. Erst wenn sie eingehen, braucht das Startup gegründet zu werden. Diese Vorgehensweise mag nicht auf alle Geschäftsmodelle zutreffen. Aber sie ist anzustreben; denn es werden Investitionen gespart, gerade falls das Angebot keinen Markt findet. Die Risikominimierung ist dann am höchsten und verhindert eine Fehlgründung.
3. Faktor: Infrastruktur
Das Kleinhalten der Infrastruktur kann die finanziellen Risiken einer Existenzgründung einschränken. Ein gutes Beispiel ist die Kleingründung. Aber wenn sie nicht in Frage kommt, sollten die Anschaffungen dem aktuellen Stand des Geschäftsbetriebs angepasst sein.
4. Faktor: Werbung
Startups leiden unter ihrem mangelnden Bekanntheitsgrad oder dem ihrer Produkte und Dienstleistungen. Deshalb dürfen sie nicht auf Werbung verzichten. Aber in der Anfangsphase, in der noch viele Fragen über ihre Angebote und den Markt offen sind, sollten sie entweder ausschließlich günstige Werbung in Auftrag geben oder sich auf PR und Blogging beschränken. Online-Werbung ist in vielen Fällen die effektivste und kostengünstigste Variante. Wichtig und hilfreich sind gute Kontakte zu Journalisten und Bloggern, mit denen Existenzgründer Netzwerke zur Kommunikation über ihre Geschäftsmodelle knüpfen können. Sie minimieren solange das Risiko der Marketingkosten, bis bezahlte Werbung für die Durchdringung des Marktes unerlässlich ist.
Fazit
Gründen fast ohne Risiko ist Wunsch und Traum aller Existenzgründer. Erst wenn eine Gründung tatsächlich in Frage kommt, sind die Möglichkeiten der Begrenzung der Risiken zu prüfen. In der Nebenerwerbsgründung sichert der Jungunternehmer seine Lebensführung durch seine Haupttätigkeit ab. Wählt er die Kleingründung, auch um Freelancer zu bleiben, hält die Entwicklung seiner Risiken mit der seiner Selbstständigkeit Schritt. Bei der Vollgründung muss der Existenzgründer sparsam sein. Die Gestaltung der Produkte oder Dienstleistungen lässt sich mit den Kunden erarbeiten, so dass die Risiken der Produktion in Grenzen gehalten werden. Die mangelnde Bekanntheit kann anfangs risikofrei durch Bloggen und PR sowie durch kostengünstige Werbung bekämpft werden.