Perspektivenwechsel: Schlüpfen Sie in die Position Ihres Vertragspartners
Verhandlungen um die Anbahnung oder Intensivierung einer Geschäftsbeziehung sind kein Wettstreit. Kein Nullsummenspiel, bei dem die Gewinne des eines zu Lasten des anderen gehen. Sie kennen die Vorzüge Ihres Produkts oder Ihrer Dienstleistung. Sie wissen, welche Kosten Sie hereinholen und welche Gewinne Sie erwirtschaften müssen, um Ihr Unternehmen auf Kurs zu halten. Die beste Methode, um eine produktive Verhandlungsbasis zu schaffen ist es, diese Überlegungen auch aus der Sicht Ihres Verhandlungspartners anzustellen. In der Verhandlungspsychologie wird gern von einem gedanklichen Perspektivenwechsel gesprochen: Versetzen Sie sich in die Position Ihres Gegenübers. Welche Vorteile kann er aus einer Zusammenarbeit mit Ihrem Unternehmen ziehen? An welche betriebsbedingten Vorgaben ist er seinerseits gebunden? Wo verläuft die Linie auf der man sich treffen kann?
Zukunftshorizont: Präsentieren Sie Ihr Unternehmen als strategischen Partner
Ein solcher Perspektivenwechsel setzt natürlich voraus, dass Sie sich über Ihren Vertragspartner in spe umfassend informiert haben. Damit ist nicht nur gemeint, dass Sie betriebliche Kennzahlen, Größe und Marktpräsenz in Ihren Unterlagen haben, sondern, dass Sie im Idealfall genau wissen, welche Ziele Ihr Gesprächspartner mit der aktuellen Verhandlung konkret verfolgt. Das gibt Ihnen den Vorteil an die Hand, Ihre Verhandlungsprioritäten entsprechend zu wählen. Aber Vorsicht: Versprechen Sie nichts, was Sie später nicht oder nur unter Mühen halten können. Je besser Sie Ihr Gegenüber kennen, desto größer sind auch die Chancen, sich als strategischer Partner anbieten zu können. Verfügen Sie über Innovationskraft und eine kompetente Entwicklungsabteilung? Weisen Sie darauf hin, dass eine Zusammenarbeit über den akuten Bedarf hinaus für beide Seiten lohnend sein kann.
Präsentieren Sie Ihr Unternehmen als strategischen Partner. Bildquelle: Stock Images by Depositphotos
Potentialanalyse: Loten Sie Ihren Verhandlungsspielraum exakt aus
Eine positive, empathische Verhandlungsatmosphäre ist eine wichtige Voraussetzung für die Vereinbarung einer stabilen Geschäftsbeziehung. Dieser Umstand entbindet Sie jedoch nicht von der unternehmerischen Pflicht, im Vorfeld des Gesprächs ein Minimalziel für Ihr Unternehmen festzulegen. Sozusagen eine imaginäre Schmerzgrenze, die nicht mehr verhandelbar ist. Zeitgleich können Sie ein realistisches (!) Maximalziel formulieren. So stecken Sie Ihren Verhandlungsspielraum anschaulich ab. Erklären Sie Ihrem Gegenüber, wenn es Sachzwänge gibt, die Ihre Möglichkeiten einschränken. Das erleichtert ihm das Verständnis und Ihr Nichtnachgeben wird nicht als Sturheit oder ignorante Beharrlichkeit ausgelegt. Können Sie Ihrem Verhandlungspartner problemlos entgegenkommen, dann sollten Sie dies auch offensiv kommunizieren. Weisen Sie Ihre Buchhaltung beispielsweise an, gewährte Sonderkonditionen explizit auf jeder Rechnung deutlich herauszustellen. Mit einer funktionalen Rechnungssoftware und der nötigen Expertise ist das auch überhaupt kein Problem.
Verbindlichkeit: Bleiben Sie immer ehrlich und aufrichtig
Was für die erwähnten Sachzwänge richtig ist, gilt auch ganz allgemein: Spielen Sie bei Verhandlungen über die Anbahnung einer Geschäftsbeziehung immer (!) mit offenen Karten. Es nützt Ihnen überhaupt nichts, einen tollen Vertrag zu unterschreiben, den Sie nicht oder nur unter Missachtung unternehmerischer Grundsätze einhalten können. Im Gegenteil: Ist Ihr Vertragspartner mit Ihrer Leistung nicht zufrieden, so wird er dies am Markt kommunizieren – der Reputationsschaden für Ihr Unternehmen kann gewaltig sein. So wenig zielführend es ist, hartnäckig auf Eckpunkten zu beharren, die bei näherer Betrachtung vielleicht nicht elementar sind, so ruinös kann es sein, vorschnell und unterwürfig Entgegenkommen zu zeigen – das Sie sich eigentlich gar nicht leisten können. Ganz gleich, in welcher Branche Ihr Unternehmen tätig ist und welche Produkte oder Dienstleistungen Sie vertreiben: Für die Anbahnung, Fortführung und/oder Intensivierung einer jeden Geschäftsbeziehung gelten nach wie vor die Grundsätze der ehrbaren Kaufleute: Bleiben Sie aufrichtig und ehrlich und handeln Sie verbindlich.
Notbremse: Ziehen Sie notfalls rechtzeitig die Reißleine
Wenn eingangs die Rede davon war, dass Verhandlungen im B2B-Bereich nicht als Wettstreit mit Siegern und Verlierern betrachtet werden sollten, so bedeutet das nicht, dass Sie nicht trotzdem verlieren „können“. Wenn Sie bemerken, dass die Verhandlung konsequent in eine „falsche“ Richtung läuft, dass Ihnen zu hohe Zugeständnisse abverlangt werden oder dass die Vertragsmodalitäten Ihnen zu wenig Sicherheit bieten – dann müssen Sie die Reißleine ziehen. Und zwar konsequent und vor allem rechtzeitig. Ein solcher Rückzieher – auch kurz vor dem Ende – ist nicht verwerflich, wenn er Ihr Unternehmen vor Schaden bewahrt. Grämen Sie sich nicht wegen der vielen Vorbereitungen und großen Hoffnungen, Sie stellen mit einer solchen Handlungsweise unternehmerische Stärke unter Beweis. Und falls Ihr Vertragspartner in spe tatsächlich ebenfalls an einer langfristigen Geschäftsbeziehung interessiert ist, wird er möglicherweise eine neue Verhandlungsrunde ansetzen.