Privatinsolvenz: Kriterien und Verfahrensschritte

Verfasst von Dennis.Singh. Zuletzt aktualisiert am 13 Januar, 2024
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Die Privat- beziehungsweise Verbraucherinsolvenz gilt als der letzte Ausweg aus einer finanziellen Notlage. Bevor ein Antrag zur gerichtlichen Schuldenregulierung gestellt werden kann, benötigt es gewisse Vorbereitungen. Erfahren Sie mehr über die verschiedenen Möglichkeiten, wie ein Insolvenzantrag gestellt und ein Verfahren eingeleitet werden kann.  

Vorrausetzungen der Privatinsolvenz

Um ein Insolvenzverfahren überhaupt einleiten zu können, benötigt es gewisse Voraussetzungen. Eine Voraussetzung ist, dass der Antragsteller beziehungsweise Schuldner seine bestehenden Schulden nicht mehr bezahlen kann und die Schulden trotz, im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten, unternommenen Zahlungen immer mehr werden. Was meist daran liegt, das monatliche Mahngebühren und Zinsen von den Gläubigern hinzukommen. Die Zahlungsunfähigkeit wird nach dem Eingang des Antrags zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens gerichtlich geprüft. So wird sichergestellt, dass kein Insolvenzbetrug vorliegt.

Ein weiteres Kriterium speziell für das Privatinsolvent ist die Gewissheit, dass der Schuldner keine selbstständige Tätigkeit ausübt. Für Selbstständige, Freiberufler und Unternehmer ist die sogenannte Regelinsolvenz zuständig. Diese Verfahrensart ermöglicht es Unternehmern, ihr Business zu retten und innerhalb von 3 Jahren schuldenfrei zu sein. Neben der Zahlungsunfähigkeit und Privatinsolvenz-Eignung ist es zudem wichtig, dass sich der eigene Wohnsitz in Deutschland befindet. Zum Zeitpunkt einer Eröffnung müssen alle genannten Voraussetzungen eintreffen.

Was ist Insolvenzbetrug?

Unter Insolvenzbetrug versteht man die rechtswidrige Einbehaltung von Geldern oder anderen Besitztümern, die eigentlich zu der Insolvenzmasse gehören und vom Insolvenzverwalter zwecks Verwertung gepfändet werden sollten.

Vorbereitung: Einschätzung der Schuldensituation

Nachdem die Voraussetzungen durch einen Schuldenberater sichergestellt wurden, ist die Schuldensituation genauer zu analysieren. Jeder Gläubiger wird angeschrieben und aufgefordert, die genaue Summe der Forderung mitzuteilen. Ab diesem Zeitpunkt dürfen keine Zahlungen mehr an diese Gläubiger geleistet werden.  Somit sollten alle bei der Vorbereitung bestehende Lastschriften und Einzugsverfahren an die Gläubiger gestoppt werden. Dies hat den Hintergrund, dass nicht einer der Gläubiger bevorzugt wird und die anderen Gläubiger keine Zahlung erhalten. Im späteren Verlauf werden vom Insolvenzverwalter mögliche pfändbare Beträge unter allen Gläubigern in gleicher Höhe verteilt.

Anhand der im späteren Antrag stehenden Angaben entscheiden die Insolvenzverwalter, wie sie im weiteren Verlauf vorgehen müssen. Genau deshalb sollte die Schuldenhöhe, die genaue Gläubigeranzahl, das derzeitige Einkommen, bestehende Unterhaltspflichten und vorhandenes Vermögen, wie Immobilien oder Kraftfahrzeuge, vorher ermittelt werden.

Während der Vorbereitungsphase sollten zudem noch vorhandene Vermögen sichergestellt werden. So gibt es spezielle Wege wie das Auto, die Erbschaft oder Versicherungssummen nicht vom Verwalter gepfändet werden dürfen. Das Insolvenzverfahren wird im Verlauf auf die Gläubiger eingehen. Zuvor wird geraten, dass nur noch diejenigen Zahlungen, die der Existenzsicherung dienen, bezahlt werden. Zu diesen Zahlungen gehören die Miete, der Strom, das Internet und weitere derartige Kosten.

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Ablauf einer Privatinsolvenz. Bildquelle:Smava.de

Schritt 1: Der außergerichtliche Vergleichsversuch mit den Gläubigern

Der außergerichtliche Vergleichsversuch ist die wichtigste Voraussetzung für das Privatinsolvenzverfahren. Ohne den Vergleich darf das Verfahren nicht gestattet und angemeldet werden. Vor dem Antrag muss demnach eine außergerichtliche Konversation mit den Gläubigern geführt werden. Das Ziel der Verhandlung ist es gemeinsam eine insolvenzgültige Einigung über die Begleichung der Schulden zu finden.

Als Vorbereitung sollte also festgestellt werden, welche Forderungen bei welchen Gläubigern liegen. Um ein oder mehrere erfolgreiche Verhandlungen führen zu können, empfiehlt es sich vorher einen Schuldenbereinigungsplan zu erstellen. Dieser sollte Wünsche und Vorschläge enthalten, wie die Schulden in den nächsten Jahren abbezahlt werden sollen, auch ohne, dass zwingend eine Privatinsolvenz beantragt wird. Dem Plan sollten am Ende der Gläubiger sowie der Schuldner zustimmen und am besten unterschreiben.

Gläubiger, welche auf Anschreiben nicht reagieren, verwirken den Anspruch, und bleiben auf ihren Kosten sitzen. Einige werden vermutlich später immer noch Forderungen stellen. Auf diese braucht der Insolvenzantragsteller nicht zu reagieren, oder der teilt schriftlich mit, dass der Gläubiger die Möglichkeit versäumt hat seinen Anspruch zu stellen. Um einen genauen Überblick zu haben, welche Gläubiger aufgefordert werden ihren Anspruch zu stellen, sollte man sich ein Liste mit den Namen, Adressen und der geforderten Summe erstellen.

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Der außergerichtliche Vergleichsversuch mit den Gläubigern. Bildquelle: stock.adobe.com © Birgit Reitz-Hofmann – 10831656

Schritt 2: Der Antrag auf die Eröffnung der Privatinsolvenz

Kommt man bei dem Gespräch zu keiner Einigung, greift der Schuldenberater oder Anwalt ein. Zusammen mit spezialisierten Beratern kann der Antrag auf das Eröffnen eines Privatinsolvenzverfahrens beim zuständigen Gericht gestellt werden. Neben dem Insolvenzantrag können zusammen mit den Beratern sofort weitere Anträge wie der Restschuldbefreiungsantrag oder der Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten gestellt werden.

Der Antrag auf die Restschuldbefreiung ermöglicht den Schuldnern eine Chance auf die Erlassung offener Schuldner nach Ende des Insolvenzverfahrens. Der Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten schafft ebenso finanzielle Vorteile. Er bewirkt, dass die Gerichtskosten für das Verfahren und die Kosten der Treuhänder in Raten oder erst nach dem Ende der Privatinsolvenz bezahlt werden müssen.

Achtung!

Der Antrag auf die Restschuldbefreiung muss spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Antragsstellung eingereicht werden. Wird die Frist nicht eingehalten, so gilt der Antrag als unzulässig und wird sofort abgelehnt. Im weiteren Verlauf des Verfahrens gibt es keine zweite Möglichkeit, den Antrag zu stellen. Genau deshalb ist es wichtig den Antrag so früh wie möglich zu stellen.

Schritt 3: Restschuldbefreiung – schuldenfrei nach 3 Jahren

Wie bereits erwähnt ermöglicht ein Insolvenzverfahren die vollständige Befreiung der Schulden. Dies hat den Vorteil, dass man nach Ablauf des Verfahrens schuldenfrei ist. Vergisst oder verpasst man die Frist für den Antrag zur Restschuldbefreiung, so ist man dazu verpflichtet den Gläubigern alle Schulden nachzuzahlen – selbst, wenn das Insolvenzverfahren zu Ende ist. Sollte der Antrag auf die Befreiung der restlichen Schulden ausgefüllt, jedoch abgelehnt worden sein, so gibt es nur wenige Gründe:

  • Schulden aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen
  • Steuerhinterziehung
  • Bußgelder oder Strafen
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Ein Insolvenzverfahren ermöglicht die vollständige Befreiung der Schulden. Bildquelle: stock.adobe.com © lovelyday12 – 263221713 

Während des Insolvenzverfahrens: Wohlverhaltensphase

Wenn das Verfahren eingeleitet wird, weist das Gericht dem Fall einem Insolvenzverwalter zu. Dieser verwaltet während der ganzen Verfahrenszeit das Einkommen und Vermögen des Schuldners. Im ersten Schritt verteilt der Verwalter meistens den Erlös der pfändbaren Wertgegenstände an die Gläubiger. Um die Restschuld schrittweise zu tilgen, ermittelt der Verwalter anhand der Pfändungstabelle Pfändungsgrenzen.

Der Verwalter darf einen Teil des Nettoeinkommens des Schuldners nicht zur Rückzahlung verwenden (mindestens monatliches Nettoeinkommen von 1.252,64 € seit dem 1. Juli 2021). Nötige Unterhaltsverpflichtungen kommen zu dieser Pfändungsgrenze hinzu.

Währenddessen der Verwalter die eigenen Einkommen veraltet prüft er ebenso das Verhalten des Schuldners. Neben der Sicherstellung, dass kein Insolvenzbetrug begangen wird, ermittelt er die Einkommensbereitschaft des Schuldners. Ist man arbeitslos, so wird gewertet, ob man arbeitssuchend ist oder keine Bemühungen unternimmt. Des Weiteren prüft der Verwalter die Bonität des Schuldners und berät ihn in manchen Fällen, sollte dieser auf weitere Schulden stoßen.

Weitere Fragen rund um die Privatinsolvenz:

  • Welche Pflichten hat man als Schuldner während der Wohlverhaltensphase?
    Während der Wohlverhaltensphase muss man als Schuldner den pfändbaren Teil seines Einkommens sowie seine Vermögen an den Insolvenzverwalter abtreten.

  • Wann endet die Privatinsolvenz?
    Die Privatinsolvenz endet grundsätzlich nach drei Jahren. Anschließend erhält man, insofern ein Antrag gestellt wurde, die Restschuldbefreiung.

Der Abschluss der Privatinsolvenz – endlich schuldenfrei?

Nach finalem Ende des Insolvenzverfahrens müssen nur noch die Gläubiger und Treuhänder vor Gericht aussagen. Wurden während des Verfahrens keine Rahmenbedingungen des Insolvenzverfahrens verletzt und alle Pflichten erfüllt, beschließt das Gericht, dass die Restschuldbefreiung erfolgt. Nachdem die Schuldenfreiheit erreicht wurde, steht man erneut mit nahezu allen Vorteilen in der Finanzwelt:

  • Befreiung aller Verbindlichkeiten, die vor der Insolvenz bestanden
  • nach Abschluss der Insolvenz werden neue Schulden nicht mehr erfasst
  • alte Einträge über Gläubigerforderungen bei der SCHUFA werden mit einem Erledigungsvermerk versehen
  • negative SCHUFA-Einträge können nach ca. drei Jahren nach Ende des Insolvenzverfahrens gelöscht werden
  • Chance auf späteren Kredit

Bezüglich der SCHUFA gibt es nach Vollendung des Insolvenzverfahrens weiterhin gewisse Einschränkungen. Grundsätzlich ist es im Zusammenhang mit der Restschuldbefreiung möglich, einen Löschungsanspruch hinsichtlich der negativen Einträge zu fordern. Dieser Anspruch verkürzt den üblichen Zeitraum von drei Jahren zu sechs Monaten. Nimmt man diesen in Anspruch oder ist anderweitig wieder als „kreditwürdig“ klassifiziert, vergisst die Schufa die vorherigen Einträge bedingt.

Da es bei den meisten Schuldnern ein gewisses Rückfall-Risiko gibt, prüft die Schufa einkommende Anträge genau. Werden beispielsweise zu viele Kreditanträge auf einmal gestellt, wertet die Schufa dieses Verhalten als „negativ“, woraufhin sich der eigene Score erneut verschlechtert. Um dies zu umgehen, empfiehlt es sich, Ratenanträge zu vermeiden und den Schufa-Score zu verbessern.


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