Welche Voraussetzungen müssen Betriebe erfüllen, um auszubilden?

Verfasst von Roul Radeke. Zuletzt aktualisiert am 2 November, 2024
Lesezeit Minuten.
Viele Unternehmen stehen früher oder später vor der Entscheidung einen Auszubildenden zu beschäftigen. Wer ausbilden will, muss vorher prüfen, ob der eigene Betrieb überhaupt die gesetzlich vorgegebenen Voraussetzungen erfüllen und sich als Ausbildungsbetrieb anmelden kann. Die rechtlichen Grundlagen beruhen auf dem Berufsbildungsgesetz, dem Jugendarbeitsschutzgesetz und der Handwerksordnung (für handwerkliche Betriebe). Die Grundvoraussetzung, sich als Ausbildungsbetrieb anzumelden, ist die Prüfung, ob die Art und Einrichtung des Betriebes geeignet ist auszubilden und ausreichend persönlich und fachlich geeignete Fachkräfte für eine Ausbildung zur Verfügung stehen.  

Wer ist fachlich und persönlich als Ausbilder geeignet?

Als Grundvoraussetzung für künftige Ausbilder gilt die Frage nach der eigenen fachlichen und persönlichen Eignung.

Geeignet ist, wer:

  • eine abgeschlossene Berufsausbildung
  • ein Studium der jeweiligen Fachrichtung
  • eine angemessene Zeit in dem Ausbildungsberuf Erfahrungen gesammelt hat.

Zudem muss eine Ausbildereignungsprüfung erfolgreich bestanden worden sein. Als Vorbereitung für die Prüfung wird ein AdA Lehrgang empfohlen. AdA steht dabei für Ausbildung der Ausbilder. Persönlich geeignet ist pauschal erst einmal jeder, der auch über die fachliche Eignung verfügt und erfolgreich eine Ausbildereignungsprüfung abgelegt hat.

Nach § 29 BBiG persönlich nicht geeignet sind Personen, die:

  • Kinder und Jugendliche nicht beschäftigen dürfen oder
  • wiederholt und schwer gegen das BBiG oder aufgrund dessen erlassene Vorschriften und Bestimmungen verstoßen hat.

Ist die Organisation zur Durchführung einer Ausbildung geeignet?

Nicht nur die personelle Seite, sondern auch die sachliche Ausstattung ist für die Berufsausbildung relevant. Je nach Ausbildungsberuf gehören unter anderem entsprechend ausgestattete Büroräume, Werkstätten und die üblichen Sozialräume zur benötigten Ausstattung. Eine Grundausstattung an Maschinen oder Werkzeugen in handwerklichen Ausbildungsberufen ist zwingend notwendig.

Wenn vor allem Kleinunternehmen oder Kleingewerbe diese Voraussetzungen nicht erfüllen können, besteht die Möglichkeit, mit anderen Betrieben im Verbund auszubilden oder fehlende Inhalte durch externe Ausbildungsmaßnahmen zu vermitteln.

Sie möchten ein Kleingewerbe anmelden?

Hier finden Sie die wichtigsten Infos im Überblick:

  • Melden Sie sich bei Ihrem örtlichen Gewerbeamt
  • Die Anmeldung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) oder ggf. der Handwerkskammer (HWK) erfolgt automatisch
  • Ihr Kleingewerbe darf nur einen geringen geschäftlichen Umfang haben (weniger als 800.000 Euro Umsatz und weniger als 80.000 Euro Gewinn pro Jahr)
  • Keine Eintragung ins Handelsregister notwendig
  • Bilanzierungspflicht entfällt, Kleingewerbetreibende können eine einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellen

Wer bestimmt, ob ein Unternehmen ausbilden darf?

Ob ein Betrieb für die Ausbildung zugelassen wird, liegt in der Entscheidungsmacht der zuständigen Industrie- und Handelskammern oder bei den Handwerkskammern, sofern es sich um Handwerksbetriebe handelt.

Die zuständigen Stellen prüfen die Voraussetzungen und erfüllen folgende ausbildungsbezogene Funktionen und Aufgaben:

Kontrollierende Aufgaben

Zuständige Stellen sind verpflichtet, die Berufsausbildung zu kontrollieren. So werden Berichtshefte und Ausbildungsnachweise in regelmäßigen Abständen angefordert und die vermittelten Ausbildungsinhalte kontrolliert. In manchen Fällen sind Vertreter der Stelle vor Ort und prüfen den Arbeitsplatz von Auszubildenden.

Beratende Aufgaben

Die zuständigen Stellen stehen Ausbildungsbetrieben und Auszubildenden beratend zur Seite. Bei Problemen zwischen Betrieb und Auszubildendem, kann die IHK oder HWK eine schlichtende Position einnehmen.

IHK und HWK unterstützen auch kleinere Betriebe, die nicht alle Ausbildungsinhalte vermitteln können, auf der Suche nach einem Verbundpartner für die Ausbildung.

Organisatorische Aufgaben

Handels- und Handwerkskammern führen sogenannte Berufsausbildungsverzeichnisse, in die bestehende Ausbildungsverhältnisse aufgenommen werden müssen. Die Organisation überbetrieblicher Ausbildungen gehört ebenfalls in den Zuständigkeitsbereich. Weiterhin sind die Stellen für die Organisation und Durchführung von Zwischen- und Abschlussprüfungen verantwortlich.

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Welche Voraussetzungen müssen Betriebe erfüllen, um auszubilden? Bildquelle: Selbststaendigkeit.de

Was muss ein Betrieb bereitstellen um ausbilden zu können?

Zunächst einmal sollten Betriebe prüfen, wie viele Fachkräfte zur Verfügung stehen, um notwendige Kenntnisse und Fertigkeiten an Auszubildende zu vermitteln. Die mögliche Zahl der Auszubildenden in einem Unternehmen richtet sich nach der Zahl der Fachkräfte, die für eine Berufsausbildung in dem jeweiligen Bereich zur Verfügung stehen. Als Richtwerte für die Anzahl der Fachkräfte im Verhältnis zur Zahl der Auszubildenden gelten:

  • ein bis zwei Fachkräfte für einen Auszubildenden
  • drei bis fünf Fachkräfte für zwei Auszubildende
  • sechs bis acht Fachkräfte für drei Auszubildende

Für jeden weiteren Auszubildenden sollte jeweils drei weitere Fachkräfte zur Verfügung stehen.

Weitere Dinge, die ein Ausbildungsbetrieb für Azubis bereitstellen sollte, sind:

  • ein eigener Arbeitsplatz für Auszubildende
  • Bereitstellung aller für die Ausbildung benötigter Geräte und Arbeitsmittel
  • Relevante Gesetze (Berufsbildungsgesetz und Jugendarbeitsschutzgesetz)
  • Ausbildungsordnung für den Ausbildungsberuf

Pflichten des Arbeitgebers in der Ausbildung

Neben den gesetzlich vorgegebenen Anforderungen an Ausbildungsbetriebe gelten bei der Berufsausbildung junger Menschen weitere Verpflichtungen für eine Organisation.

Zu Beginn einer Ausbildung sollte dem Azubi eine betriebliche Ausbildungsverordnung zur Verfügung gestellt werden, in der eine zeitliche und inhaltliche Gliederung der Ausbildungsinhalte dargestellt wird. Dem Lehrling müssen im Laufe der Ausbildung alle Inhalte vermittelt werden, die ihn befähigen sein Ausbildungsziel zu erreichen.

Auszubildende haben Anspruch auf Vergütung ihrer Arbeitsleistung. In vielen Tarifverträgen ist dieser Anspruch bereits beziffert. Organisationen, die keiner Tarifvereinbarung unterliegen, können die Vergütung ihrer Azubis selbst bestimmen. Für Vergütungsempfehlungen stehen die zuständige IHK oder HWK zur Verfügung.

Benötigte Arbeitsmittel und Werkzeuge müssen vom Ausbildungsbetrieb bereitgestellt werden. Je nach Ausbildungsberuf variieren die Kosten und der Umfang. Für kaufmännische Ausbildungsberufe ist der Umfang und die damit verbundenen Kosten deutlich geringer als in handwerklichen Berufen, in den zum Beispiel spezielles Werkzeug benötigt wird. Allgemeine Lernmittel, wie zum Beispiel ein Taschenrechner für die Berufsschule, müssen nicht vom Ausbildungsbetrieb übernommen werden.

Auszubildende sind für den Besuch der Berufsschule freizustellen. Der Ausbilder sollte den Azubi dazu noch verpflichten Berichtshefte und Ausbildungsnachweise ordentlich und innerhalb der Arbeitszeit zu führen. Dazu liegt es noch in der Verantwortung des Ausbilders, rechtzeitig die Anmeldung zur Zwischen- und Abschlussprüfung zu erledigen.

Fazit

Neben einem wichtigen gesellschaftlichen Beitrag bietet die Ausbildung junger Menschen einen langfristigen Nutzen verbunden mit jeder Menge Vorteile. Nach der Ausbildung stehen dem Ausbildungsbetrieb neue Fachkräfte direkt zur Verfügung. Es besteht keine Notwendigkeit für teure Neurekrutierungen. Die Einarbeitung und Eingewöhnung fällt ebenfalls weg, wenn Azubis in ein Angestelltenverhältnis übernommen werden.


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Roul Radeke ist Gründer und Geschäftsführer von Selbststaendigkeit.de. Das Onlineportal bietet Existenzgründern und Unternehmern News aus der Gründer- und Unternehmerszene, hilfreiches Wissen für die Gründung und Führung von Unternehmen, geförderte Existenzgründungsberatung (AVGS-Coaching) sowie digitale Produkte für die Selbstständigkeit.

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