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Einstiegsgeld: Die wichtigsten Fragen zur Förderung der Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit (ALG II/Hartz 4) einfach erklärt

Verfasst von Roul Radeke. Zuletzt aktualisiert am 16 September, 2024
Lesezeit Minuten.
Sie beziehen Arbeitslosengeld II und würden gern eine selbstständige Tätigkeit starten? Das Einstiegsgeld kann die finanzielle Grundlage dafür bilden. Erfahren Sie im folgenden Artikel, welche Voraussetzungen dafür gegeben sein müssen, wie Sie den Antrag stellen und worauf das Jobcenter bei der Prüfung achtet. An einem Beispiel können Sie nachvollziehen, wie die Leistung berechnet wird.  

Schnellcheck – die wichtigsten Fragen auf einen Blick

Sie möchten wissen, welche Förderung das Arbeitsamt bei Selbstständigkeit und Hartz 4 ermöglicht? Unter diesen Voraussetzungen kommt das Einstiegsgeld infrage. Hier sind die wichtigsten Fakten dazu:

  • Wer hat das Recht auf Einstiegsgeld?
    Einen Rechtsanspruch auf diese Leistung gibt es nicht. Grundvoraussetzungen sind die Aufnahme einer hauptberuflichen selbstständigen Tätigkeit oder sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und vorherige Arbeitslosigkeit mit ALG-II-Bezug.
  • Wie viel Einstiegsgeld bekommt man?
    Die genaue Höhe hängt von der Größe der Bedarfsgemeinschaft, der Dauer der Arbeitslosigkeit, vorhandenen Vermittlungshemmnissen und dem Ermessen des Jobcenters ab. Eine Mindestförderung ist nicht definiert, aber die Höchstgrenze liegt beim vollen Regelbedarf, der im Jahr 2021 monatlich 446 Euro beträgt.
  • Wie lange wird das Einstiegsgeld bezahlt?
    Die Dauer liegt im Ermessen der Jobcenter-Mitarbeiter. Die maximale Bezugsdauer liegt bei 2 Jahren, was aber in der Praxis oft nicht ausgeschöpft wird.

Erfahren Sie im nächsten Abschnitt Grundlegendes zu dieser Leistung und zu den Voraussetzungen, die für den Bezug erfüllt sein müssen.

Einstiegsgeld: Was ist das und wer kann es beantragen?

Einstiegsgeld ist eine Leistung des Jobcenters, die ALG-II-Empfänger beim Einstieg in das Erwerbsleben und der Überwindung der Hilfebedürftigkeit unterstützen soll. Es kann grundsätzlich in zwei Fällen gezahlt werden: bei Aufnahme einer hauptberuflichen selbstständigen Tätigkeit oder einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. In diesem Artikel geht es ausschließlich um die Selbstständigkeit. Das sind die wichtigsten Fakten zu dieser Leistung:

  • für eine hauptberufliche Selbstständigkeit
  • ergänzend zu ALG II
  • nicht rückzahlbarer Zuschuss
  • kein Rechtsanspruch (Ermessensleistung)
  • für Neugründungen, Betriebsübernahmen oder erneute Existenzgründungen
  • Höhe hängt von persönlichen Faktoren und der Größe der Bedarfsgemeinschaft ab
  • kann degressiv gestaltet werden (d.h. Betrag sinkt mit der Zeit)
  • maximale Bezugsdauer: 24 Monate (in der Praxis meist kürzer)
  • monatliche Zahlung

Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie die Förderung für Ihre Existenzgründung erhalten können.

Voraussetzungen Einstiegsgeld:

  • Arbeitslosigkeit mit ALG-II-Bezug vor der Gründung
  • hauptberuflicher Charakter der Selbstständigkeit (mind. 15 Stunden pro Woche, keine andere Erwerbstätigkeit in höherem Umfang)
  • Selbstständigkeit muss die Hilfebedürftigkeit durch ALG II zukünftig beenden können
  • keine andere Möglichkeit der erfolgreichen Eingliederung in das Erwerbsleben
  • tragfähiges Geschäftskonzept
  • persönliche Eignung
  • selbstständige Tätigkeit darf nicht gegen Gesetze oder die guten Sitten verstoßen

Hinweis:

Bedenken Sie, dass es keinen Rechtsanspruch auf diese Leistung gibt. Ob, in welcher Höhe und wie lange Sie den Zuschuss erhalten, liegt im Ermessen der Jobcenter-Mitarbeiter.

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Antrag auf Einstiegsgeld – Schritt für Schritt

Wenden Sie sich unbedingt noch vor der offiziellen Gründung an das Jobcenter und äußern Sie die Absicht, Einstiegsgeld zu beantragen. Bereits die Willensäußerung in einem persönlichen Gespräch bzw. per Brief, E-Mail, Telefon oder Fax gilt als Antragstellung. Es ist empfehlenswert, einen Termin für ein Beratungsgespräch zu vereinbaren, in dem auch Ihre Chancen auf den Bezug dieser Leistung geklärt werden.

Als Gründungszeitpunkt gilt im Normalfall das Datum auf der Gewerbeanmeldung bzw. bei Freiberuflern der Anmeldung beim Finanzamt. Aber auch wenn Sie z. B. vorher bereits Geschäftsräume gemietet oder andere geschäftliche Verträge abgeschlossen haben, kann das Jobcenter das als Gründung werten und die Förderung deshalb verweigern.

Nach Ihrem formlosen Antrag erhalten Sie ein Formular. Dieses geben Sie erst nach der offiziellen Gründung ausgefüllt zurück, und zwar mit den Anlagen, die das Jobcenter anfordert. Dazu können folgende Unterlagen gehören:

  • ausführliche und aussagekräftige Beschreibung der Geschäftsidee
  • Lebenslauf inklusive aller Zeugnisse und Nachweise beruflicher Qualifikationen
  • Kapitalbedarfs- und Finanzierungsplan
  • Umsatz- und Rentabilitätsvorschau
  • Nachweis der Gewerbeanmeldung bzw. bei Freiberuflern Anmeldung beim Finanzamt
  • bei Handwerkern: Nachweis über den Eintrag in die Handwerksrolle oder das Verzeichnis für zulassungsfreie Handwerksbetriebe
  • bei erlaubnispflichtigen Tätigkeiten: entsprechende Erlaubnis oder Konzession
  • Stellungnahme einer fachkundigen Stelle (welche das sein soll, wird vom jeweiligen Jobcenter vorgegeben)
  • bei Nebentätigkeiten: Arbeitsvertrag (damit der hauptberufliche Charakter der Selbstständigkeit geprüft werden kann)
  • falls bereits eine Selbstständigkeit aufgegeben wurde, die Begründung dafür
  • bei Betriebsübernahmen: Auswertung des vorangegangenen Betriebsergebnisses

Tipp:

Einige der geforderten Unterlagen sind Bestandteile des Businessplans. Unterstützung bei dessen Erstellung erhalten Sie z. B. auf Existenzgründerseminaren, die u. a. von der regionalen IHK durchgeführt werden, oft auch kostenlos. Auf selbststaendigkeit.de erhalten Sie ebenfalls Informationen zum Businessplan inklusive Muster. Sie haben auch die Möglichkeit den Businessplan erstellen zu lassen, indem Sie Dienstleistungen von spezialisierten Unternehmens-, Finanz- und Steuerberater in Anspruch nehmen.

So geht es nach der Antragstellung weiter

Wie lange die Bearbeitung des Antrags dauert, unterscheidet sich von Fall zu Fall. Wenn bereits die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorliegt, die nicht in jedem Fall bereits mit dem Antrag angefordert wird, kann das die Bearbeitungsdauer verkürzen. Geprüft werden hauptsächlich die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Konzepts und die persönliche Eignung des Gründers.

Diese Faktoren analysiert das Jobcenter bei der Überprüfung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit:

  • Realisierbarkeit
  • voraussichtliche Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens in absehbarer Zeit
  • realistische Einschätzung der Umsätze, des Kapitalbedarfs und des Unternehmenserfolgs
  • ausreichendes Einkommen zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums (Richtwert: 2 Jahre)
  • Ausschluss einer Scheinselbstständigkeit (keine Abhängigkeit von einem Arbeitgeber oder Einbindung in dessen Organisation, eigenes unternehmerisches Risiko, eigener Marktauftritt)
  • kein zu hohes unternehmerisches Risiko (z. B. hohe Fixkosten, hohe Investitionen)

Zu den persönlichen Voraussetzungen, die im Zusammenhang mit der Beantragung von Einstiegsgeld bewertet werden, gehören folgende Punkte:

  • berufs- und branchenspezifische Kenntnisse und Fähigkeiten
  • kaufmännische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse
  • persönliche Motivation
  • gesundheitliche Eignung
  • persönliche Rahmenbedingungen (z. B. Finanzen, Familie)

Weiterhin wird geprüft, ob die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit auch ohne die Förderung möglich wäre. Denn nur wenn das nicht der Fall ist, wird die Unterstützung gewährt.

Einstiegsgeld berechnen: So funktioniert es

Das Einstiegsgeld kann entweder einzelfallbezogen oder pauschalisiert berechnet werden. Die einzelfallbezogene Ermittlung ist der Regelfall.

Einzelfallbezogene Berechnung mit Beispiel

Bei der einzelfallbezogenen Ermittlung setzt sich die Leistung aus einem Grundbetrag und gegebenenfalls Ergänzungsbeträgen zusammen. Der Grundbetrag darf höchstens 50 % des maßgeblichen Regelbedarfs betragen, kann also auch darunter liegen. Oft wird entschieden, dass er im Laufe der Zeit sinkt, was auch als Zuschussdegression bezeichnet wird. Für allein lebende Personen entspricht der maßgebliche dem vollen Regelbedarf, für Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft weichen diese Werte voneinander ab.

Dem Grundbetrag können folgende Ergänzungsbeträge hinzugerechnet werden:

  • 10 % auf den vollen Regelbedarf für jedes leistungsberechtigte Mitglied der Bedarfsgemeinschaft
  • 20 % auf den vollen Regelbedarf bei einer Arbeitslosigkeit von mindestens 2 Jahren oder, wenn besondere Hemmnisse (z. B. Krankheit) vorliegen, von 6 Monaten

Das Einstiegsgeld darf jedoch den vollen Regelbedarf nicht übersteigen, selbst wenn die Ergänzungsbeträge zu einem höheren Wert führen.

Beispiel: Eine Bedarfsgemeinschaft besteht aus 2 Erwachsenen und 2 Kindern. Einer der Erwachsenen möchte sich im Jahr 2021 nach 3 Jahren Arbeitslosigkeit selbstständig machen und stellt einen Antrag auf Einstiegsgeld. Der volle Regelbedarf für das Jahr 2021 beträgt 446 Euro und der maßgebliche Regelbedarf für Partner in Bedarfsgemeinschaften liegt bei 401 Euro. Die Bemessung geht von den höchstmöglichen Prozentsätzen aus, was in der Praxis aber nicht immer der Fall ist.

LEISTUNGSMERKMALBERECHNUNGTEILBETRÄGE UND GESAMTSUMME
Grundbetrag50 % von 401 €200,50 €
Ergänzungsbetrag (individuelle Situation)20 % von 446 €89,20 €
Ergänzungsbetrag für zusätzliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaftfür 3 Personen (2 Kinder + 1 Erwachsener)3 x 10% vom vollen Regelbedarf = 3 x 44,60 €133,80 €
Summe:423,50 €

Der Gründer erhält pro Monat 423,50 Euro durch die Förderung. Wenn 3 Kinder zur Bedarfsgemeinschaft gehören würden, d. h. inklusive dem Erwachsenen 4 zusätzliche Familienmitglieder, ergäbe die Rechnung 468,10 Euro. Die Unterstützung läge in diesem Fall aber nur bei 446 Euro, weil der volle Regelbetrag die Höchstgrenze bildet.

Pauschalisierte Berechnung

Die pauschalisierte Ermittlung wird nur für bestimmte, besonders zu fördernde Personengruppen angewendet. Das können z. B. Gründer mit gesundheitlichen Einschränkungen, Alleinerziehende und Ältere sein.

Für wen die pauschalisierte Förderung infrage kommt, ist jedoch ebenso eine Ermessensfrage wie ihre Höhe. Sie darf höchstens 75 % des vollen Regelbedarfs betragen. Im Jahr 2021 würde der Höchstbetrag demzufolge bei 334,50 Euro liegen.

Dauer der Förderung

Die Förderungsdauer ist ebenfalls eine Ermessensfrage. Ihre Höchstgrenze liegt bei 2 Jahren, was aber in der Praxis selten ausgereizt wird. Häufig bewilligt das Jobcenter die Leistung für 6 Monate und prüft danach, ob noch Bedarf besteht und eine Verlängerung infrage kommt. Die Zuschussdegression, d. h. das kontinuierliche Absenken des Grundbetrags, greift vor allem dann, wenn der Bezug des Einstiegsgelds länger als 1 Jahr dauert.

FAQ: 10 häufige Fragen zum Einstiegsgeld

Sie haben noch Fragen zum Einstiegsgeld? Folgende FAQ-Antworten klären weitere wichtige Punkte:

1. Wird das Einstiegsgeld auf Hartz 4 angerechnet?

2. Gilt man mit Einstiegsgeld noch als arbeitslos?

3. Wie wird das Einstiegsgeld steuerlich behandelt?

4. Wie steht es um den Sozialversicherungsschutz bei Bezug von Einstiegsgeld?

5. Können bei Gründungen im Team mehrere der Gründer Einstiegsgeld beziehen?

6. Ist die Förderung mit Einstiegsgeld möglich, wenn zusätzlich noch eine Erwerbstätigkeit in geringem Umfang ausgeübt wird?

7. Gibt es für Gründer, die Einstiegsgeld beziehen, noch weitere Fördermöglichkeiten?

8. Kann man auch Einstiegsgeld beziehen, wenn bereits eine auf diese Weise geförderte Existenzgründung gescheitert ist?

9. Was passiert, wenn die Gründung am Ende nicht erfolgreich ist? Muss das Geld zurückgezahlt werden?

10. Welche Förderungen des Arbeitsamts für die Selbstständigkeit gibt es als Alternativen?

Hinweis: Wenn Sie planen, diese Förderung zu beantragen, können Sie eventuell vorher eine AVGS-geförderte Beratung für Ihre Selbstständigkeit in Anspruch nehmen. Ob Sie einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein erhalten, liegt jedoch im Ermessen des Jobcenters.

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Fazit: Einstiegsgeld als Chance für Ihre Selbstständigkeit

Das Einstiegsgeld ist die Förderung des Arbeitsamts für eine Existenzgründung von Hartz 4-Empfängern. Nutzen Sie diese Möglichkeit, wenn Sie eine gute Geschäftsidee, ein fundiertes Unternehmenskonzept und dem festen Willen zum Gründen haben.

Achten Sie auf vollständige und überzeugende Unterlagen, wenn Sie das Pendant zum Gründungszuschuss bei Arbeitslosengeld II beantragen. In diesem Zusammenhang ist es empfehlenswert, eine professionelle Beratung bei der Erstellung des Businessplans oder generell für Fragen rund um die Existenzgründung in Anspruch zu nehmen.


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Roul Radeke ist Gründer und Geschäftsführer von Selbststaendigkeit.de. Das Onlineportal bietet Existenzgründern und Unternehmern News aus der Gründer- und Unternehmerszene, hilfreiches Wissen für die Gründung und Führung von Unternehmen, geförderte Existenzgründungsberatung (AVGS-Coaching) sowie digitale Produkte für die Selbstständigkeit.

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