Schnellcheck Führungsstile – die wichtigsten Fragen auf einen Blick
Sie möchten durch die Optimierung Ihrer Mitarbeiterführung mehr erreichen und sich deshalb über Führungsstile informieren? Folgende häufig gestellte Fragen bieten einen Einstieg in das Thema:
Lernen Sie im folgenden Abschnitt einige Führungsstile kennen. Der Fokus liegt dabei auf denen, die den Anforderungen der modernen Arbeitswelt gerecht werden.
Führungsstile und ihre Zukunftsfähigkeit im Überblick
Unternehmen stehen heute vor allem aufgrund der umfangreicheren technischen Möglichkeiten und der dadurch gewachsenen Ansprüche der Kunden vor anderen Herausforderungen als noch vor einigen Jahrzehnten. Traditionelle Führungsstile, die als autoritär, autokratisch oder patriarchalisch bekannt sind, und bei denen Aufgaben und Regeln hauptsächlich direktiv vorgegeben werden, eignen sich kaum noch für die digitalisierte und globalisierte Arbeitswelt. Remote Work, d. h. die Arbeit an einem anderen Ort als dem Arbeitsplatz, etwa im Homeoffice, bietet neue Chancen und erfordert eine besondere Führung. Auch die Ansprüche der Mitarbeiter haben sich geändert, z. B. im Hinblick auf selbstbestimmtes Arbeiten und die Work-Life-Balance.
Die Fachliteratur beschreibt mehrere Führungsstile. In der Praxis finden diese jedoch selten in ihrer Reinform Anwendung, sondern werden oft miteinander kombiniert. Lernen Sie die wichtigsten Modelle mit ihren Vor- und Nachteilen kennen.
FÜHRUNGSSTIL | BESCHREIBUNG | VORTEILE | NACHTEILE |
---|---|---|---|
Kooperativer Führungsstil nach Kurt Lewin | - Kooperation von Führungskraft und Mitarbeitern - offene Kommunikation und Diskussion - Delegieren von Verant- wortung - Mitarbeitermotivation | - Entlastung der Führungskraft durch selbstständigeres Personal - Kompetenz- entwicklung der Mitarbeiter - motivationsfördernd | - längere Einigungs- prozesse - Konkurrenzkämpfe unter den Mitarbei- tern möglich - Erfolg hängt stark von den Fähigkeiten und dem Engage- ment des Personals ab |
Laissez-faire Führungsstil nach Kurt Lewin | - „Laissez-faire“ bedeutet wörtlich „machen lassen“ - Ziele werden vorge- geben, aber große Freiheiten bei der Umsetzung - erfordert großes Vertrauen | - fördert Selbstständig- keit und Kreativität - ermöglicht agiles Arbeiten - Teams können sich den vorhandenen Kompetenzen ent- sprechend selbst organisieren | - Freiheiten können missbraucht werden - stellt hohe Anforder- ungen an das Personal hinsichtlich der Selbstorgani- sation und Abstim- mung untereinander (Gefahr der Über- forderung) - Ausbildung ungüns- tiger Hierarchien als Ersatz für fehlende Führung möglich |
Partizipativer Führungsstil nach Kurt Lewin | - Führungskraft sieht sich als Teil des Teams - Delegation von Verant- wortung - Führung hat vor allem eine Vermittlungs- funktion | - höhere Motivation der Geführten durch wert- schätzende Kooperation - Förderung der Selbst- ständigkeit durch Übertragung von Verantwortung | - eventuell längere Einigungsprozesse - mögliche Anpassungs- schwierigkeiten, wenn Mitarbeiter das Hierarchie- denken gewohnt sind und sich damit arrangiert haben |
Charismatischer Führungsstil nach Max Weber | - Führungskraft nutzt ihre persönliche Aus- strahlung, Eloquenz und Überzeugungskraft, um das Personal zu beein- flussen - Voraussetzung ist ein entsprechendes Charis- ma | - hohe Motivations- wirkung - Geführte lassen sich gut lenken | - Form der Mani- pulation, die auch missbraucht werden kann - Konzentration der Entscheidungs- kompetenz auf eine Person und dadurch höhere Wahr- scheinlichkeit für Fehlentscheidungen - kann zu Abhängig- keiten führen |
Adaptiver Führungsstil | - Förderung der Selbst- organisation statt Machtausübung - Unterstützung der Geführten bei der An- passung an sich schnell verändernde Bedingungen und Anforderungen - Anpassung an sich wandelnde Fähig- keiten der Mitarbeiter | - fördert die Anpassung der Mitarbeiter und des Unternehmens an komplexe Veränderungen - ermöglicht agile Ent- scheidungen - hilft beim Aufbrechen tradierter Hierarchien und Machtstrukturen | - anspruchsvoll, da das Verständnis der Dynamiken und Zusammenhänge im Unternehmen vorhanden sein muss |
Integrativer Führungsstil | - gemeinsame Entschei- dungsprozesse im Team - Führungsaufgabe ist die Koordination des Entscheidungsprozesses - schließt autoritäre Entscheidungen nicht aus, falls keine Einigung erzielt werden kann - Integration anderer Führungsstile, indem deren Nachteile eliminiert und Vorteile bewahrt werden | - hohe Motivation, da Entscheidungen mit- getragen werden - Förderung der Ent- scheidungskompetenz und Eigenverant- wortung der Mitarbeiter | - anspruchsvoll - erfordert Disziplin |
Vernetzter Führungsstil | - beschreibt besondere Führungsaufgabe bei Remote Work - Schwerpunkt liegt auf virtueller Kommuni- kation - Unterstützung der Mit- arbeiter in ihrer Selbst- organisation erfordert Vertrauen | - Ortsunabhängigkeit bietet mehr Möglich- keiten, z. B. Zusammenarbeit von Experten über großem Distanzen, interna- tionale Teams - Vorteile für Mitar- beiter, die sich für diese Arbeitsform eignen (u. a. Zeit- und Kostenersparnis im Vergleich zur Präsenzkultur) | - persönlicher Kontakt nicht immer gleich- wertig ersetzbar - Entwicklung des Teamspirits schwieriger |
Innovativer Führungsstil | - schafft Strukturen und Bedingungen, die das Entstehen von Innova- tionen fördern - Beispiele für Führungs- aufgaben: Bildung innovativer Teams, Übertragung von Eigen- verantwortung, An- regung durch Kreativ- techniken, Ideenmanagement | - schafft gute Voraus- setzungen für Innovationen - hohe Arbeitszu- friedenheit kreativer, eigenverantwortlich denkender und team- fähiger Mitarbeiter | - funktioniert nicht mit allen Mitarbeitern - Ergebnisse schlecht planbar |
Agiler Führungsstil | - Abgleich von Arbeits- ergebnissen und Anforderungen in kurzen Zeitabschnitten anstatt langen Planungsphasen - schnelle Anpassungs- fähigkeit an geänderte Bedingungen im Mittel- punkt | - schnelle Entschei- dungsfindung - hohe Reaktionsfähig- keit, z. B. auf veränderte Markt- bedingungen oder Kundenwünsche | - passende Organisa- tionsstruktur als Vor- aussetzung - hohe Anforderungen an Mitarbeiter hin- sichtlich Kommuni- kation und Feed- backkultur |
Situativer Führungsstil | - Anpassung des Führungsverhaltens sowohl an die individuellen Voraus- setzungen des Mit- arbeiters als auch an die jeweilige Situation - situationsbezogene Aktionen: dirigieren, überzeugen, teilhaben, delegieren | - fördert jeden Mit- arbeiter optimal - wirkt sich positiv auf die Mitarbeiter- zufriedenheit aus | - stellt hohe Anforder- ungen an Vorge- setzte - erfordert Erfahrung |
Transformationaler Führungsstil | - setzt stark auf die Vor- bildwirkung der Führungskraft - Motivation und Vermitt- lung von Visionen im Mittelpunkt - gekennzeichnet durch Vertrauensbildung und Unterstützung | - stärkt die intrinsische Motivation - Basis für langfristig erfolgreiche Führung | - für kurzfristige Ziele nur bedingt anwend- bar |
Transaktionaler Führungsstil | - bezieht sich auf den sachlichen Austausch zwischen Führungskraft und Mitarbeitern - gekennzeichnet durch Zielvereinbarung, Auf- gabendelegation, Feed- back, kontrollieren und sanktionieren | - unterstützt Erreichung kurzfristiger Ziele - gut geeignet bei Routinetätigkeiten | - Konzentration auf extrinsische Motiva- tion, daher oft nicht nachhaltig - Eigeninitiative der Mitarbeiter wird nicht gefördert |
Ethischer Führungsstil | - hohe persönliche Integri- tät der Führungskräfte als Voraussetzung - ethikbewusstes Ver- halten aller Mitarbeiter wird gefördert - neben dem Erfolg ist auch die Art seiner Erreichung relevant | - Vorbildwirkung für Mitarbeiter - schafft Vertrauen - stärkt die Mitarbeiter- zufriedenheit | - formaler Erfolg kann beeinträchtigt werden - schwierig, wenn nicht auch weitere Vorgesetzte (falls vorhanden), Anteils- eigner, Kunden und andere Stakeholder diesen Führungsstil unterstützen |
An den Beschreibungen der Führungsstile erkennen Sie bereits, dass diese von unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen. Lernen Sie im nächsten Abschnitt die wichtigsten Kriterien kennen, an denen sich die Wahl der Führungsmethoden orientiert.
Welche Führungsstile eignen sich für mein Unternehmen?
Sie sind Gründer oder haben Führungsverantwortung und machen sich Gedanken über passende Führungsstile? Bedenken Sie dabei folgende Faktoren, denn nicht jeder Stil passt zu jedem Unternehmen:
Tipp:
Wenn Sie den Führungsstil für ihr Unternehmen planen, bedenken Sie auch dessen voraussichtliche Entwicklung. Wenn z. B. Start-ups schnell wachsen, ändern sich meist auch die Anforderungen an die Führung.
Beispiele: Führungsstile im Einsatz
Wie unterschiedlich die in der Praxis angewendeten Führungsstile sind, und wie diese auch von gegebenen Voraussetzungen abhängen, lässt sich an Beispielen aus der Praxis erkennen. Hier geht es zum einen um Spotify, das als Start-up begann und den Führungsstil auch im Laufe seines Wachstums weitestgehend bewahrt hat. Zum anderen wird die Software AG vorgestellt, eines der wichtigsten Softwareunternehmen Deutschlands, dessen Geschichte in das Jahr 1969 zurückreicht.
Spotify
Dass bei Spotify dezentrale Entscheidungskompetenz und Eigenverantwortung im Mittelpunkt stehen, kommt in einer Aussage des Co-Gründers und Vorstandsvorsitzenden Daniel Ek zum Ausdruck. Dieser ist der Meinung, dass Mitarbeiter bei anstehenden Entscheidungen zu 70 % mit der Führungskraft übereinstimmen, zu 20 % eine bessere und nur zu 10 % eine schlechtere Entscheidung treffen würden. Begründet wird das damit, dass die Personen bessere Kenntnisse über ein Thema haben, die sich am intensivsten damit beschäftigen.
Möglich ist dieser Führungsstil auch durch die besondere Unternehmensstruktur, die im Lauf der Zeit weitestgehend bewahrt wurde und mit dem Unternehmen gewachsen ist. Das ist keine traditionelle, pyramidenartige Hierarchie, sondern eine netzartige Organisation. Die kleinsten Einheiten sind dabei die sogenannten Squads, die aus bis zu 8 Personen bestehen und selbstorganisiert, ohne formelle Führungskraft, an ihren Aufgaben arbeiten.
Software AG
Die Software AG mit Sitz in Darmstadt ist ein Unternehmen mit etwa 5.000 Mitarbeitern, das in 70 Ländern vertreten ist. In einem Interview mit dem Personalmagazin aus dem Jahr 2020 äußerte sich die Personalvorständin Dr. Elke Frank zu Fragen der Mitarbeiterführung. Danach steht das Unternehmen vor der Herausforderung, klassische Führungsmethoden, in denen z. B. Silodenken und Genehmigungen eine wichtige Rolle spielen, nach und nach abzulösen. Sowohl die in der IT-Branche notwendige Agilität als auch die Zusammenarbeit in internationalen Teams erfordern andere Methoden.
Der Wandel braucht jedoch Zeit und muss Schritt für Schritt erfolgen. Der Vorstand trifft z. B. mittlerweile weniger Entscheidungen selbst, sondern überlässt diese häufiger den Personen, die direkt mit dem jeweiligen Thema zu tun haben. Zusätzlich investiert das Management in Programme, die zukunftsfähige Arbeitsmethoden fördern. Beispielsweise begleiten die 30 Top-Führungskräfte regelmäßig Mitarbeiter einen Tag lang an ihrem Arbeitsplatz. Und im Change Network tauschen sich Angestellte unterschiedlicher Position und Nationalitäten direkt mit dem Vorstand aus.
10 Tipps für den perfekten Führungsstil
Unabhängig von den theoretischen Modellen für Führungsstile gibt es einige Grundsätze, die Sie in jedem Fall beachten sollten. Folgende Tipps tragen zu Ihrem Erfolg als Führungskraft bei:
- Ehrliche und transparente Kommunikation als Chef ist das A und O.
- Bleiben Sie in jeder Situation respektvoll, fair und wertschätzend gegenüber Ihrem Team.
- Suchen Sie regelmäßig Kontakt und geben Sie Feedback, damit die Mitarbeiter sich wahrgenommen fühlen.
- Leben Sie vor, was Sie von Ihrem Personal erwarten.
- Ermutigen Sie Ihre Mitarbeiter, offen mit Fehlern umzugehen, und beherzigen Sie das auch selbst.
- Stellen Sie in Gesprächen Fragen und ermuntern Sie Ihre Mitarbeiter dazu, auch abweichende Meinungen zu äußern.
- Unterstützen Sie die Potenzialentfaltung Ihrer Mitarbeiter. Mit Hilfe von Personalbeurteilungen finden Sie heraus, welche Stärken Ihr Mitarbeiter hat.
- Entwickeln Sie eine gemeinsame Identität, um die emotionale Mitarbeiterbindung zu stärken.
- Reflektieren Sie regelmäßig Ihr Führungsverhalten und bitten Sie auch um Feedback.
- Feiern Sie es gemeinsam mit Ihrem Team, wenn Sie ein wichtiges Ziel erreicht haben oder zeigen Sie anderweitig Wertschätzung.
Empfehlung:
Kommunizieren Sie Ihren Führungsstil auch beim Recruiting. So finden Sie am besten Personal, das zu Ihrem Unternehmen passt.
Fazit: Führungsstile im Wandel
Motivation, Kreativität und Eigenverantwortung der Mitarbeiter sind Dimensionen, die durch die Art der Führung beeinflusst werden. Der richtige Führungsstil unterstützt deshalb nicht nur das Personalmanagement, sondern wirkt sich direkt auf den Unternehmenserfolg aus.
Durch technischen Fortschritt, Globalisierung und gestiegene Ansprüche an Kundenorientierung und Agilität haben sich Arbeitsformen entwickelt, für die sich einige der klassischen Führungsstile nicht mehr eignen. Der Trend geht weg von Führungsmethoden, die laut Definition als direktiv oder autoritär zu bezeichnen sind, hin zu mehr Entscheidungsfreiheit und Eigenverantwortung des Personals.