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Gewerbesteuer einfach erklärt – inkl. Tipps für die Berechnung und Gewerbesteuererklärung

Verfasst von Roul Radeke. Zuletzt aktualisiert am 26 Mai, 2024
Lesezeit Minuten.
Sie planen eine Unternehmensgründung? Oder Sie sind bereits selbstständig und möchten sich mit steuerlichen Fragen beschäftigen? Dazu gehört für viele Unternehmen auch die Gewerbesteuer (GewSt). Lesen Sie in diesem Artikel, für wen sie relevant ist, wie Sie die Gewerbesteuer berechnen und was Sie bei der Gewerbesteuererklärung beachten müssen.  

Schnellcheck Gewerbesteuer – die wichtigsten Fragen auf einen Blick

Bei Ihrer Suche nach Informationen zur GewSt haben Sie sich vielleicht bereits eine der folgenden Fragen gestellt:

  • Wie hoch sind die Gewerbesteuern?
    Es gibt keinen festen Steuersatz, sondern die Höhe hängt unter anderem von möglichen Freibeträgen und dem individuellen Hebesatz Ihrer Gemeinde ab.
  • Wann muss ich Gewerbesteuer zahlen?
    Sie leisten vierteljährlich Vorauszahlungen, die später mit der tatsächlichen Steuerschuld verrechnet werden.
  • Wird die Gewerbesteuer vom Umsatz oder Gewinn berechnet?
    Die Gewerbesteuer berechnen Sie grundsätzlich vom Gewinn, der aber noch um verschiedene Positionen zu korrigieren ist.

Im nächsten Abschnitt lesen Sie, ob die Gewerbesteuer für Ihr Unternehmen relevant ist.

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Was ist die Gewerbesteuer überhaupt – und wer muss sie zahlen?

Gewerbesteuer erhebt jede Gemeinde von den dort ansässigen Gewerbebetrieben, quasi als Ausgleich für die bereitgestellte Infrastruktur. Trotzdem geht die Gewerbesteuererklärung an das Finanzamt, das zunächst die Besteuerungsgrundlage ermittelt. Den Gewerbesteuerbescheid erhalten Sie dann von der Gemeinde.

Für die meisten Gemeinden ist diese Steuer die wichtigste Einnahmequelle. Sie gehört zu den Real- beziehungsweise Objektsteuern und wird durch das Gewerbesteuergesetz (GewStG) in Verbindung mit der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung und den Gewerbesteuer-Richtlinien geregelt.

Bin ich gewerbesteuerpflichtig?

Nicht alle Unternehmen sind gewerbesteuerpflichtig, sondern nur Gewerbebetriebe. Dazu gehören generell Kapitalgesellschaften wie GmbH, UG (haftungsbeschränkt), AG und KGaA bereits aufgrund ihrer Rechtsform. Was Einzelunternehmen und Personengesellschaften angeht, so kann man von einem Gewerbebetrieb ausgehen, wenn die Merkmale des § 15 Abs. 2 EStG vorliegen. Diese erfordern bei der Gründung auch eine Gewerbeanmeldung:

  • Selbstständigkeit
    Unternehmer arbeiten eigenverantwortlich und auf eigene Rechnung.
  • Nachhaltigkeit
    Die Tätigkeit ist als dauerhafte Erwerbsquelle konzipiert.
  • Gewinnerzielungsabsicht
    Es wird eine Vermögensmehrung angestrebt.
  • Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr
    Das Unternehmen beteiligt sich am Leistungs- und Güteraustausch, erzielt seine Einnahmen zum Beispiel nicht ausschließlich durch Spenden.

Auch wenn diese Merkmale gegeben sind, besteht nicht automatisch eine Gewerbesteuerpflicht. Denn davon ausgenommen sind:

  • Freiberufler (Katalogberufe gemäß § 18 EStG und ähnliche Tätigkeiten, zum Beispiel Ärzte, Künstler, Anwälte)
  • Land- und Forstwirtschaft
  • sonstige selbstständige Tätigkeiten (zum Beispiel private Vermögensverwaltung)

Achtung!

Bedenken Sie, dass auch solche Tätigkeiten gewerbesteuerpflichtig sind, wenn das Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft geführt wird.

Von den grundsätzlich gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen sind einige gemäß § 3 GewStG von der Steuerpflicht befreit, meist unter bestimmten Voraussetzungen. Dazu gehören beispielsweise:

  • bestimmte Betriebe öffentlich-rechtlicher Träger
  • von der Körperschaftsteuer befreite Genossenschaften und Vereine
  • private Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen
  • private Schulen

Höhe der Gewerbesteuer – auf den Standort kommt es an

Die Berechnung der Steuer erfolgt in 2 Stufen, weshalb hierfür 2 Prozentsätze relevant sind: die Steuermesszahl und der Hebesatz. Während die Steuermesszahl einheitlich für ganz Deutschland und alle gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen bei 3,5 % liegt, unterscheidet sich der Hebesatz je nach Standort.

Der Grund dafür ist, dass die Gemeinden ihren Gewerbesteuerhebesatz selbst festlegen. Sie steuern damit sowohl ihre Einnahmen als auch Gewerbeansiedlungen, denn der Gewerbesteuerhebesatz ist für Unternehmen ein wichtiger Standortfaktor. Selbst zwischen benachbarten Gemeinden kann er sich stark unterscheiden. Tendenziell ist er im Westen höher als im Osten. Es gibt eine Mindestgrenze von 200 %, aber nach oben keine Beschränkung.

In den meisten Gemeinden liegt der Gewerbesteuerhebesatz zwischen 400 und 500 %. Am höchsten ist er im Jahr 2023 mit 900 % in Dierfeld (Rheinland-Pfalz), wobei es sich jedoch um die kleinste Gemeinde Deutschlands mit nur etwa 10 Einwohnern handelt. Hohe Hebesätze haben weiterhin Inden (NRW) mit 700 % und Wettlingen (Rheinland-Pfalz) mit 600 %. Den niedrigsten Hebesatz in Deutschland hat Langenwolschendorf (Thüringen) mit dem Mindestsatz von 200 %. Im unteren Bereich liegen auch Schönefeld (Brandenburg) mit 240 % und Süderholz (Mecklenburg-Vorpommern) mit 250 %.

Gewerbesteuer berechnen: So funktioniert’s

Nach folgendem Schema können Sie die Gewerbesteuer berechnen – grundsätzlich wird die Steuer auf den Gewinn bemessen:

+ / -
GEWINN
+
Hinzurechnungen (§ 8 GewStG)
-
Kürzungen (§ 9 GewStG)
=
Gewerbeertrag
-
Gewerbeverluste vergangener Erhebungszeiträume bis 1 Mio. €
-
60 % der Gewerbeverluste vergangener Erhebungszeiträume über 1 Mio. €
=
Gewerbeertrag – Abrunden auf die nächsten 100 €
-
Freibetrag (nicht für Kapitalgesellschaften)
Steuermessbetrag = 3,5 % des gekürzten Gewerbeertrags
GewSt = Anwendung des Hebesatzes auf den Steuermessbetrag

Den Gewinn ermitteln Einzelunternehmen und Personengesellschaften nach dem EStG und Kapitalgesellschaften sowie andere juristische Personen nach dem KStG.

Die Hinzurechnungen ergeben sich aus § 8 GewStG. Sie entsprechen 25 % der Summe aus folgenden Aufwendungen, die in die Gewinnermittlung eingeflossen sind:

  • Zinsen, Renten und dauernde Lasten
  • Gewinnanteile stiller Gesellschafter
  • 20 % der Miet-, Pacht- und Leasingzahlungen für bewegliche Wirtschaftsgüter (für Elektro- oder Hybridfahrzeuge nur 10 %)
  • 50 % der Miet-, Pacht- und Leasingzahlungen für unbewegliche Wirtschaftsgüter
  • 25 % der Ausgaben für zeitlich befristete Lizenzen und Konzessionen

Für besondere Fälle können noch weitere Aufwendungen gemäß § 8 GewStG relevant sein. Davon wird ein Freibetrag von 200.000 € abgezogen. Die Tabelle zeigt ein Beispiel für die Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags:

AUFWENDUNGEN
PROZENTSATZ
BETRAG
Darlehenszinsen
90.000 €
100 %
90.000 €
Fahrzeugleasing
50.000 €
20 %
10.000 €
Miete
200.000 €
50 %
100.000 €
Softwarelizenzen
6.000 €
25 %
1.500 €
Summe
201.500 €
Freibetrag
200.000 €
Differenz
1.500 €
Hinzurechnung (25 %)
375 €

Zu den Kürzungen gemäß § 8 GewStG gehören:

  • 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes
  • erhaltene Gewinnanteile aus einer Mitunternehmerschaft an einer Personengesellschaft
  • erhaltene Dividenden von Kapitalgesellschaften (Mindestbeteiligung 15 %)
  • Gewerbeertrag einer ausländischen Betriebsstätte
  • geleistete Spenden und Mitgliedsbeiträge zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke bis zu einem Höchstbetrag

Falls sich nach den Hinzurechnungen und Kürzungen ein Gewerbeverlust ergibt, fällt keine Gewerbesteuer an. Der Verlust kann auch die Steuerbelastung folgender Perioden mindern. Denn von einem Gewerbeertrag dürfen Sie an dieser Stelle der Berechnung Verluste vorangegangener Erhebungszeiträume abziehen. Bis zu 1 Mio. € ist das vollständig möglich, darüber hinaus zu 60 %.

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§ 11 GewStG regelt die Ermittlung des Steuermessbetrags. Sie runden den um eventuelle Verluste korrigierten Gewerbeertrag auf die nächsten 100 € ab. Von diesem Ergebnis sind rechtsformabhängig folgende Freibeträge abziehbar:

  • 24.500 € für Einzelunternehmen und Personengesellschaften
  • 0 € für Kapitalgesellschaften
  • 5.000 € für andere gewerbesteuerpflichtige juristische Personen, zum Beispiel Vereine mit ihrem Wirtschaftsbetrieb

Ergebnis ist der gekürzte Gewerbeertrag. Diesen geteilt durch 100 und multipliziert mit 3,5 (Steuermesszahl) ergibt den Steuermessbetrag. Darauf wenden Sie den individuellen Hebesatz des jeweiligen Standorts an, um die Gewerbesteuer zu erhalten.

Folgende Tabelle zeigt für 3 Beispiele mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Werten, wie Sie die Gewerbesteuer berechnen können. Der Hebesatz beträgt in allen 3 Fällen 450 %. Was den Verein betrifft, so sind nur die Gegebenheiten seines Wirtschaftsbetriebs relevant, nicht die des Zweckbetriebs.

BERECHNUNGSSCHEMA
EINZEL-UNTERNEHMEN
KAPITAL-GESELLSCHAFT
VEREIN
Gewinn
457.236 €
2.589.327 €
8.295 €
+
Hinzurechnungen (§ 8 GewStG)
2.639 €
25.621 €
0 €
-
Kürzungen (§ 9 GewStG)
1.589 €
45.936 €
0 €
=
Gewerbeertrag
458.286 €
2.569.012 €
8.295 €
-
Gewerbeverluste vergangener Erhebungszeiträume bis 1 Mio. €
0 €
1.000.000 €
0 €
-
60 % der Gewerbeverluste vergangener Erhebungszeiträume > 1 Mio. €
0 €
26.987 €
0 €
=
Gewerbeertrag
458.286 €
1.542.025 €
8.295 €
-
Freibetrag
24.500 €
0 €
5.000 €
=
Gekürzter Gewerbeertrag
433.700 €
1.542.000 €
3.200 €
Steuermessbetrag (3,5 % vom gekürzten Gewerbeertrag)
15.180 €
53.970 €
112 €
GewSt (450 % vom Steuermessbetrag)
68.308 €
242.865 €
504 €

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7 Tipps für die Gewerbesteuererklärung

Wenn Sie eine Firma gründen und vor der Standortfrage stehen, beziehen Sie die unterschiedlichen Gewerbesteuerhebesätze in Ihre Überlegungen mit ein. Einheitlich ist dagegen das Verfahren der Gewerbesteuererklärung und -festsetzung. Beachten Sie dafür Folgendes:

  1. 1
    Pflicht zur Gewerbesteuererklärung
    Sie müssen eine Gewerbesteuererklärung abgeben, wenn Ihr Gewerbeertrag den Freibetrag übersteigt. Für eine Kapitalgesellschaft besteht diese Pflicht grundsätzlich, außer wenn sie von der GewSt befreit ist.
  2. 2
    Abgabe über ELSTER
    Sie geben die Gewerbesteuererklärung über das ELSTER-Portal beim Finanzamt ab, das daraufhin den Gewerbesteuermessbescheid erteilt. Auf dieser Grundlage berechnet die Gemeinde mit ihrem Hebesatz die Gewerbesteuer und sendet Ihnen den Gewerbesteuerbescheid.
  3. 3
    Termin
    Letzter Abgabetermin für die Gewerbesteuererklärung ist der 31. Juli des Folgejahres. Erstellt sie ein Steuerberater, kann er eine Verlängerung bis Ende Februar des Zweitfolgejahres beantragen. Zum Beispiel muss die Erklärung für 2022 dann spätestens am 29.2.2024 abgegeben werden.
  4. 4
    Zerlegung
    Wenn Ihr Unternehmen Betriebsstätten in mehreren Gemeinden hat, wird der Steuermessbetrag im Verhältnis der Arbeitslöhne zerlegt. Sie zahlen dann an jedem betroffenen Standort anteilig Gewerbesteuer.
  5. 5
    Vorauszahlung
    Mit dem Gewerbesteuerbescheid legt die Gemeinde auch vierteljährliche Vorauszahlungen fest. Beziehen Sie diese in Ihre Liquiditätsplanung ein.
  6. 6
    Rechtsbehelf
    Falls Sie gegen den Gewerbesteuermessbescheid Einspruch einlegen müssen, können Sie dies beim zuständigen Finanzamt machen.
  7. 7
    Stundung oder Erlass
    Unter bestimmten Voraussetzungen können Sie bei der Gemeinde die Stundung oder den Erlass bereits festgesetzter Gewerbesteuern beantragen, etwa wenn die Zahlung eine erhebliche oder unbillige Härte für Sie darstellen würde.

Es ist empfehlenswert, die Gewerbesteuererklärung von einem Steuerberater erstellen zu lassen. So vermeiden Sie im Zweifel hohe Nachzahlungen.

FAQ: Häufige Fragen zur Gewerbesteuer einfach erklärt

Sie suchen konkrete Informationen zur Gewerbesteuer? Folgenden FAQ-Antworten klären Details dazu:

1. Wie wird die Gewerbesteuer bezahlt?

2. Wann muss ich die Gewerbesteuer zahlen?

3. Wo ist man gewerbesteuerpflichtig?

4. Warum darf jede Gemeinde einen eigenen Hebesatz bestimmen?

5. Wann beginnt und endet die Gewerbesteuerpflicht?

6. Müssen Freiberufler Gewerbesteuer abführen?

7. Wer muss keine Gewerbesteuer zahlen?

8. Müssen Kleinunternehmer Gewerbesteuer zahlen?

9. Welche Rolle spielt die Rechtsform bei der Gewerbesteuer?

10. Wie unterscheiden sich Gewinn und Gewerbeertrag?

11. Wie kann ich die Gewerbesteuer berechnen?

12. Ist die Gewerbesteuer als Betriebsausgabe abzugsfähig?

13. Was ist Gewerbesteueranrechnung?

Fazit: Hebesatz für die Gewerbesteuer als Standortfaktor

Wenn Sie ein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft gründen, werden Sie in den ersten Jahren möglicherweise noch keine Gewerbesteuern zahlen müssen, weil der Gewerbeertrag den Freibetrag von 24.500 € nicht erreicht. Informieren Sie sich trotzdem im Rahmen der Firmengründung über den Hebesatz am geplanten Standort, damit Sie spätere Steuerbelastungen besser einschätzen können.

Für Kapitalgesellschaften ist der Gewerbesteuerhebesatz besonders wichtig, da sie nicht von einem Freibetrag bei der Ermittlung der Gewerbesteuer profitieren. Bedenken Sie in diesem Zusammenhang auch, dass Kapitalgesellschaften immer als Gewerbebetriebe gelten, unabhängig von der Art der Tätigkeit.

Disclaimer

Dieser redaktionelle Text ersetzt keine Steuerberatung. Wir haben alle Informationen sorgfältig recherchiert, übernehmen aber keine Haftung für ihre Richtigkeit.

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Roul Radeke ist Gründer und Geschäftsführer von Selbststaendigkeit.de. Das Onlineportal bietet Existenzgründern und Unternehmern News aus der Gründer- und Unternehmerszene, hilfreiches Wissen für die Gründung und Führung von Unternehmen, geförderte Existenzgründungsberatung (AVGS-Coaching) sowie digitale Produkte für die Selbstständigkeit.

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