Als Johannes Kröger im April 2019 Vater einer Tochter wird, nimmt er sich vor, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen und gründet im September 2019 travellair, ein Reiseportal, dass die reisebedingte CO2-Emission seiner Kunden ohne Mehrkosten kompensiert. Um das zu ermöglichen, spendet das Unternehmen mindestens 50% seiner Umsätze der weltweiten Aufforstung. So können pro Buchung im Schnitt 20-25 Bäume gepflanzt werden, die der Atmosphäre pro Jahr bis zu 325 Kilogramm CO2 entziehen. Über die Jahre wird die Reiseemission so überkompensiert. selbstständigkeit.de hat mit dem jungen Gründer über travellair und die Vision dahinter gesprochen.
Johannes, was ist Dein wichtigster Tipp für Jungunternehmer, die gerade selbst gegründet haben?
Es klingt banal, aber „Einfach machen“ trifft es vermutlich am besten. Wenn Du für Deine Idee brennst und 100%ig von ihr überzeugt bist, was hält Dich davon ab es zu versuchen? Viele Geschäftsmodelle sind heutzutage ohnehin digital. Die kann man mit ein wenig Disziplin und Leidenschaft auch neben dem eigentlichen Job umsetzen und am Markt testen. So kann man ohne großes Risiko ein Gespür dafür entwickeln, ob das, was man sich da ausgedacht hat, überhaupt nachgefragt wird. Das Feedback der ersten Kunden hilft, die Idee weiter zu verfeinern.
Was waren Deine Top 3 Learnings?
- Vergiss Perfektion, ein MVP reicht im ersten Schritt vollkommen aus.
- Rede mit so vielen Menschen über Deine Idee wie es geht. Ich habe immer gedacht, wenn ich zu viel darüber rede, klaut mir jemand meine Idee. Das kann natürlich passieren, ist aber extrem unwahrscheinlich. Dafür profitiert man von hochwertigem und ehrlichem Feedback.
- Mach Dir einen Plan! Immer, für alles! Vor allem im Marketing ist es immens wichtig sich Gedanken zu machen, was man überhaupt erreichen will. Einfach mal ein paar hundert Euro auf social media verknallen macht kein Unternehmen erfolgreich, sondern verbrennt nur Geld.
Wie funktioniert travellair?
Auf travellair.de können unsere Kunden Millionen Pauschalreisen, Linienflüge und Hotelübernachtungen durchsuchen und direkt buchen. Die Abwicklugn übernimmt dann unser Kooperationspartner, der zu einem der größten Reiseanbieter der Welt gehört und viele Jahre Erfahrung hat. Für jede Buchung erhalten wir im Gegenzug eine Provision von der wir mindestens 50% in die Aufforstung vor allem in Südamerika und Deutschland investieren. Alles, was nach Abzug aller Kosten noch übrig bleibt, fließt ebenfalls in die Aufforstung. travellair ist also ein social Start Up, das einzig und allein seiner sozialen und ökologischen Verantwortung verpflichtet ist – und seinen Kunden natürlich.
Wer ist Deine Zielgruppe und wie erreichst Du sie?
Das Verhältnis der Bevölkerung zum Thema Reisen hat sich im vergangenen Jahr grundlegend geändert. Fliegen und Kreuzfahrten sind bei vielen kein Statussymbol mehr – eher das Gegenteil ist der Fall. Trotzdem gibt es noch sehr viele Menschen, die trotz Klimawandel nicht auf das Reisen verzichten wollen und denen andere Kompensationsanbieter zu teuer sind. Denen bietet travellair nun eine Alternative, umweltfreundlich unterwegs zu sein.
Wie jedes Start Up stehen auch wir vor der Herausforderung, dass das Geld immer knapp ist. Deshalb setzen wir in erster Linie auf Kooperationen mit Medien und Meinungsmachern, die unsere Sache unterstützen wollen. Aktuell planen wir zusätzlich eine reichweitenstarke OOH-Kampagne.
Wie bist Du darauf gekommen travellair zu gründen?
Ich habe nebenberuflich BWL studiert und meine Abschlussarbeit über das grüne Paradoxon von Hans Werner Sinn geschrieben. So bin ich zum Thema Umweltpolitik gekommen und habe mich zum ersten Mal ernsthaft mit dem Klimawandel auseinandergesetzt. Mir war bis dahin nicht klar, wie ernst die Lage und wie knapp die Zeit ist, die uns bleibt. Also wollte ich mich irgendwie engagieren. Aus dem Vorhaben wurde dann erstmal nichts, bis meine Tochter im April 2019 geboren wurde. Ich war nun auch für Ihre Zukunft verantwortlich. So kam der Gedanke, mich zu engagieren wieder auf.
Da Fliegen einen besonders negativen Einfluss auf das Kima hat und bei Reisebuchungen die Provisionen hoch genug sind, um wirklich etwas zu bewirken, fiel die Wahl dann auf den Tourismus, der immerhin für circa 8% der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich ist.
Was ist das Besondere an dem Startup travellair?
CO2-Kompensation ist ja nun keine grundlegend neue Idee. Es gibt einige Anbieter auf dem Markt, bei denen man seine Reisemission berechnen und kompensieren kann. Diese sind leider relativ teuer und werden deshalb kaum genutzt. travellair inkludiert die Kompensation in den Reisepreis. Für den Kunden ist sie damit vollkommen kostenlos, da er bei uns den gleichen Preis für seine Reise bezahlt, wie er bei vergleichbaren Portalen zahlen würde. Das funktioniert nur, weil wir auf große Teile unseres Umsatzes verzichten. Das ist vermutlich auch das, was uns von vielen anderen Anbietern unterscheidet. Es geht uns nicht darum, möglichst schnell einen großen Exit hinzulegen, sondern darum, die Welt zum Positiven zu verändern.
Fliegen ist ein sensibles Thema. Gibt es auch Kritik an Deiner Idee?
Natürlich gibt es die. Häufig kommt der Vorwurf, dass man sich auf travellair von seinem schlechten Gewissen freikaufen kann und es doch besser wäre, gar nicht zu fliegen. Das ist sicherlich richtig, aber dennoch gibt es nach wie vor viele Menschen, die auf Ihren Urlaub in der Fernen nicht verzichten wollen und denen herkömmliche Kompensationsmodele zu teuer sind. travellair schließt diese Lücke, indem es die Kompensation in den Reisepreis inkludiert, ohne dass die Reise dadurch teurer wird.
Wie liefen Deine ersten Monate in der Startphase an?
Ich bin mit travellair seit drei Monaten am Markt und dafür eigentlich ganz zufrieden. Vor allem das extrem positive Feedback zeigt mir, das ich mit der Idee einen Nerv getroffen habe.
Das Geschäftsmodell schreit allerdings nicht unbedingt nach Investoren, so dass ich komplett aus Eigenkapital gründe. Das macht einen großen Markteintritt natürlich unmöglich. Auf der anderen Seite funktioniert travellair nur über Masse und Vertrauen. Dieser Spagat lässt als einzige Möglichkeit nur langsames und organisches Wachstum zu.
CO2 – neutral verreisen, travellair.de
Professionelles Webdesign kostet viel Geld, welches viele Start Ups nicht haben. Wie bist Du da vorgegangen?
Die Seite habe ich komplett selber erstellt. Das macht die ganze Sache recht günstig. Für wordpress gibt es viele sehr gute Themes, die man auch ohne Programmierkenntnisse easy in einer Art Baukastensystem an seine Bedürfnisse anpassen kann. Auch Bildmaterial ist im Internet lizenzfrei und kostenlos zu finden. Um erstmal live zu gehen, reicht das vollkommen aus. HTML-Kenntnisse sind zwar hilfreich aber nicht zwingend notwendig.
Hast Du sofort Vollzeit gegründet?
Nein. Mit Mitte dreißig, als Vater einer kleinen Tochter und gewissen finanziellen Verpflichtungen habe ich das Risiko anfangs gescheut und neben meinem Hauptberuf gegründet.
Wo siehst Du Dich und travellair in 5 Jahren?
Mein Ziel für 2020 ist es, das Team mit Experten aus den Bereichen Marketing, Vertrieb und Tourismus zu verstärken um in allen Bereichen qualitativ und quantitativ zu wachsen. Bis 2025 will ich mit travellair 50 Millionen Bäume gepflanzt haben und ein etablierter Anbieter im deutschen Reisemarkt sein.
Herzlichen Dank für das Interview! Wir wünschen Dir weiterhin viel Erfolg und freuen uns jetzt schon darauf Neues von Dir und travellair zu hören!