Selbstständig als Pflegefachkraft – so geht’s

Verfasst von Roul Radeke. Zuletzt aktualisiert am 13 März, 2024
Lesezeit Minuten.
Der Pflegenotstand bringt Bewegung in den Arbeitsmarkt. Kliniken, Pflegeheime und auch private Pflegedienste erkennen den Wert ihres Personals und gestalten ihre Personalpolitik Mitarbeiterfreundlicher. Trotzdem gibt es mehr offene Stellen als Bewerber. Nicht zuletzt weil immer mehr Fachkräfte auf eigene Rechnung arbeiten wollen. Was gibt es zu beachten? Wie kann es gelingen?  

Solide Ausbildung nötig

Die Selbstständigkeit im Pflegebereich lohnt sich vor allem für qualifiziertes Personal. Mit der soliden Ausbildung zur Pflegefachfrau bzw. zum Pflegefachmann, wird Auszubildenden die fachliche Kompetenz vermittelt, alle anfallenden Pflegeaufgaben ausführen zu können. Die erfolgreich bestandene Prüfung ist der erste Schritt auf der Karriereleiter, denn Pflegefachkräfte werden überall gesucht.

Zusatzqualifikationen verbessern die Chancen für spätere Einsätze auf Honorarbasis. Denn je spezifischer die Aufgaben sind, desto mehr Honorar zahlen Pflegeeinrichtungen und -dienste für selbstständig arbeitende Pflegefachkräfte.

Empfohlene Spezialisierungen

Mit der Zusatzqualifikation im Wundmanagement werden Honorarpflegekräfte vor allem für mobile Pflegedienste interessant. Diabetes ist eine weit verbreitete Alterskrankheit, die mit Wundheilungsstörungen einhergeht. Mobile Pflegedienste haben eine hohe Quote an Diabetikern und suchen noch händeringender nach gutem Personal wie Kliniken oder Pflegeheime.

Auch die Intensivpflege hat in die häusliche Pflege Einzug gehalten. Die Zusatzqualifikation in diesem Bereich wird als besonders wertvoll angesehen, weil Intensivpfleger auch verantwortungsvollste Aufgaben übernehmen können und vor allem auch Krisensituationen beherzt meistern können. Daher weichen inzwischen selbst Unikliniken auf selbstständige Pflegefachkräfte aus, um Stationen mit ITS Bereichen personell zu verstärken.

Auf dem letzten Weg möchte niemand allein sein. Vielen ist es ein Herzenswunsch in den eigenen vier Wänden sterben zu dürfen. Palliativpflegende haben daher ebenfalls sehr viele Einsatzangebote.

Oft tragen sich selbstständige Pflegefachkräfte auch mit dem Gedanken, eine eigene Pflegeeinrichtung oder einen mobilen Pflegedienst zu gründen. Dann sind Fortbildungen zu Pflegedienstleitung oder sogar ein Pflegestudium anzuraten.

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Selbstständig als Pflegefachkraft – so geht’s, Bildquelle: Depositphotos.com

Die Vor- und Nachteile der Selbstständigkeit

Honorarkräfte bestimmen selbst, wann sie wo arbeiten. Damit können sie sehr abwechslungsreich tätig werden. Im fachlichen Bereich wird das Wissen viel breiter aktiv genutzt, als wenn Festangestellte mehrere Jahre beispielsweise auf einer Station mitarbeiten. Hier verblassen die Kenntnisse aus anderen Fachbereichen.

Routine mag Vorteile haben, macht jedoch auch betriebsblind. Dies passiert Honorarkräften in der Regel nicht, weil sie nicht über längere Zeit am selben Ort im Einsatz sind. Viele schätzen auch ständig wechselnde Teams als einen Vorteil, weil zwischenmenschliche Probleme oder Mobbing vermieden werden können.

Natürlich hat eine Selbstständigkeit auch Nachteile. Das unternehmerische Risiko liegt allein bei der Pflegekraft. Fehlen Einsätze, kommt kein Geld rein. Spätestens wenn die eigene Krankenversicherung ihr Geld verlangt, wird Selbstständigen der Nachteil bewusst, dass die Sozialversicherung nicht mehr automatisch geregelt ist. Ganz drastisch zeigt sich dies, wenn Pflegekräfte selbst krank werden.

Die Konkurrenz der selbstständigen Pflegefachkräfte sind vor allem Zeitarbeitsfirmen. Die Tendenz der Unternehmen geht immer noch eher dahin, mit diesen ihre kurzfristigen Personalengpässe auszugleichen.

Was kommt an Verwaltung auf selbstständige Pflegekräfte zu?

Die selbstständige Pflegefachkraft muss natürlich alle Arbeiten dokumentieren. Das müssen Festangestellte auch, doch für Honorarkräfte ist dies noch wichtiger, weil sie selbst haften, wenn es zu Pflegefehlern oder Sachschäden kommt.

Das Schreiben der Rechnungen muss regelmäßig erfolgen, die Steuer gemacht werden. Dies kann natürlich ausgelagert werden. Zudem sollte die selbstständige Pflegefachkraft sich um Versicherungen kümmern, die sie in Krisensituationen absichert. Hierzu gehören neben der eigenen Krankenversicherung, eine Unfallversicherung, eine Berufshaftpflicht und ggf. noch eine Betriebsausfallversicherung (auch Betriebsunterbrechungsversicherung). Diese würde beispielsweise eintreten, wenn die Pflegekraft selbst in Quarantäne muss.

Laufende Kosten, Steuern usw. muss die Pflegekraft natürlich ebenfalls selbst überwachen und begleichen und ggf. hierüber Buch führen. Auch mit dem Marketing müssen selbstständige Pflegefachkräfte sich auseinandersetzen. Allerdings profitieren sie oft von einem Empfehlungsmarketing oder gewinnen Pflegeeinrichtungen als Stammkunden, wenn sie gute Arbeit leisten, zuverlässig sind und beweisen, dass Preis und Leistung verhältnismäßig sind.

Warum Versicherungen nicht zu unterschätzen sind

Es muss gar nicht der allerschlimmste Fall eintreten und ein Patient zu Tode kommen, um selbstständige Pflegefachkräfte beruflich zu ruinieren. Zerbrochene Zahnprothesen oder defekte Medizintechnik, die aufgrund eines Missgeschicks immer mal vorkommen können, kosten sehr viel Geld. Abgesehen von dem Ärger, der mit Pflegeempfängern, Angehörigen oder Leistungsträgern entsteht, geht auch der finanzielle Schadenersatz ganz schön an die Substanz. Wer sich mit dem Gedanken spielt, als selbstständige Pflegefachkraft tätig zu werden, sollte einen Versicherungsberater haben, der sich sehr gut auskennt und über verschiedene Versicherungen informiert.

In Schadensfällen welcher Art auch immer, ist es ratsam eine Rechtsschutzversicherung zu haben. Selbst wenn sie nie gebraucht wird, ist es gut sie abzuschließen. Wird sie gebraucht und es gibt keine, wird dies bitter bereut.

Selbstständig als Pflegefachkraft – so geht’s

Je nach Spezialisierung können Pflegefachkräfte auch als externe Berater fungieren. Bildquelle: Stock Images by Depositphotos

Karrieremöglichkeiten

Der Einsatz als Einzelkämpfer:in ist vielen selbstständigen Pflegekräften nicht genug. Sie streben an, Agenturen zu gründen und haben hier ganz unterschiedliche Optionen. Ein Zusammenschluss mehrerer selbstständiger Pflegefachkräfte und Kräfte, die haushaltsnahe Dienstleistungen auf eigene Rechnung anbieten, funktioniert ebenso, wie die Anstellung von Arbeitnehmern. Die erstgenannte Option ist auf großes Vertrauen zwischen den einzelnen Netzwerkern angewiesen. Bei der Agentur mit Angestellten haben die Gründenden die volle Kontrolle und das Sagen, aber eben auch die ganze Verantwortung.

Je nachdem wie das eigene Lebensmodell aussieht, kann die Arbeit auch mit Reisen verbunden werden. Nicht jeder Pflegeempfänger ist alt und gebrechlich. Junge Menschen mit Handicaps wollen die Welt erkunden, dabei aber mit fachlich kompetenter Reisebegleitung auf Nummer sicher gehen. Vor allem familiär unabhängige Pflegefachkräfte wissen solche Einsätze sehr zu schätzen.

Je nach Spezialisierung können Pflegefachkräfte auch als externe Berater fungieren, wenn es um Hygienestandards oder Qualitätsmanagement geht oder an Pflegeschulen unterrichten und den Nachwuchs ausbilden.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann mit einer selbstständigen Tätigkeit besser sein. Allerdings bedeutet Familie auch immer, dass es finanzielle Verpflichtungen und eine große Verantwortung anderen Menschen gegenüber gibt, so dass Risiko und Chance hier sorgfältig geprüft werden sollten.

Fazit

Es gibt sie – die selbstständigen Pflegefachkräfte. Und sie werden gebraucht. Doch alltäglich geworden ist es noch nicht, denn auch die Pflegebranche muss betriebswirtschaftlich sein. Zudem ist diese Art der Selbstbeständigkeit mit besonderen Risiken verbunden, die eine spezielle und ggf. auch teure Absicherung erfordert. Die Vorteile, eigene Arbeitszeit und die Einsätze selbst bestimmen zu können, stehen den Nachteilen der fehlenden sozialen Absicherung bei Krankheit und dem fehlenden Einkommen bei Urlaub gegenüber. Zudem sind Selbstständige für ihre fachliche Weiterbildung selbst verantwortlich, was zeitlich und finanziell zu Buche schlägt.


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Roul Radeke ist Gründer und Geschäftsführer von Selbststaendigkeit.de. Das Onlineportal bietet Existenzgründern und Unternehmern News aus der Gründer- und Unternehmerszene, hilfreiches Wissen für die Gründung und Führung von Unternehmen, geförderte Existenzgründungsberatung (AVGS-Coaching) sowie digitale Produkte für die Selbstständigkeit.

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